Millionen ÖV-Kunden betroffenBund will Billettpreise erhöhen und Angebot verkleinern
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7.10.2024
Der Bund plant ab 2025 Kürzungen im öffentlichen Verkehr. Das betrifft vor allem den regionalen Personenverkehr. Nun befürchten Kantone höhere Billettpreise und weniger gute Angebote.
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07.10.2024, 10:40
07.10.2024, 10:55
Lea Oetiker
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der Bundesrat will im öffentlichen Verkehr sparen.
Dabei drohen höhere Billettpreise und weniger Angebote.
Die Kantone wehren sich gegen den Plan des Bundesrats.
Der Bundesrat plant Einsparungen im öffentlichen Verkehr. Zuvor hatte bereits die Streichung von Subventionen in der Höhe von maximal 30 Millionen Franken für neue Nachtzüge bereits für Aufsehen gesorgt.
Doch während diese Sparmassnahmen pro Jahr einige Zehntausend Passagiere betrifft, könnte eine andere Massnahme für Millionen von Pendlern teurere Billette und schlechtere Verbindungen bedeuten.
Der Bundesrat will seine Beiträge zum regionalen Personenverkehr (RPV) um jährlich etwa 60 Millionen Franken reduzieren. Dies betrifft S-Bahnen, Regionalzüge und Busse, nicht jedoch den Fernverkehr oder städtischen ÖV. Bisher übernahm der Bund die Hälfte des Defizits im RPV, den Rest tragen die Kantone, wobei ihr Anteil je nach ihren «strukturellen Voraussetzungen» variiert. So musste Graubünden etwa 20 Prozent des Defizits übernehmen, Basel-Stadt 73 Prozent.
Höhere Preise, mehr Effizienz oder schlechtere der Leistungen
Die Expertengruppe des Bundesrates will, dass Bund und Kantone ihre Beiträge um je 5 Prozent reduzieren. Da der RPV im Durchschnitt etwa die Hälfte seiner Kosten deckt, würde das eine Erhöhung des Kostendeckungsgrades im nationalen Schnitt um 2,5 Prozent bedeuten.
Laut der Expertengruppe ist der Weg dahin folgender: höhere Billettpreise, mehr Effizienz oder ein Abbau der Leistungen. Was sie verschweigt: Wenn die Kantone nicht wollen, dass ihr ÖV-Angebot schlechter und teurer wird, könnten sie sich genötigt sehen, auszuhelfen. Dann würde ihre finanzielle Belastung höher sein, weil sie den fehlenden Bundesbeitrag übernehmen müssten.
Mehrere Kantone wehren sich
Die Kantone sind von dem Vorschlag der Expertengruppe jedoch ganz und gar nicht begeistert. Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) betont gegenüber der «Aargauer Zeitung», dass der Kostendeckungsgrad in der Region bereits heute teuer sei. Es sei sinnvoller, das Potenzial zur Effizienzsteigerung in jenen Kantonen zu suchen, wo es am grössten sei. Eine schnelle Rentabilitätssteigerung sei nicht realistisch, da der öffentliche Verkehr langfristig geplant werden müsse und Fixkosten auch bei reduziertem Angebot bestehen blieben.
Ähnlich sehen es auch die Verantwortlichen aus den Kantonen Luzern und St. Gallen. Preiserhöhungen könnten Fahrgäste vergraulen, was das Gegenteil des Ziels bewirken würde: weniger Passagiere im ÖV. Zudem weisen die Verantwortlichen vom Verkehrsverbund Luzern darauf hin, dass ein attraktives und bezahlbares Angebot entscheidend sei, um möglichst viele Menschen vom ÖV zu überzeugen.
Kostenverlagerung befürchtet
Auch in der Ostschweiz befürchtet man, dass die Sparmassnahmen zu einer Kostenverlagerung hin zu den Kantonen führen. In St. Gallen plant man zwar, eine mögliche Tariferhöhung zu diskutieren. Gleichzeitig warnen sie, dass die Fahrt mit dem Auto in den vergangenen Jahren günstiger geworden sei, was zu einem Abwandern der Fahrgäste führen könnte.
Auch im Kanton Graubünden ist man vom Vorschlag nicht begeistert. Dort betont man, dass das Preiserhöhungspotenzial im Vergleich zu anderen EU-Ländern, die günstige Tickets anbieten, gering sei. Der Kanton setze auf ein effizientes Kostenmanagement, lehne jedoch pauschale Sparvorgaben ab.
Der Konflikt zwischen Bund und Kantonen scheint also vorprogrammiert zu sein. Die Kantone wollen die Lasten der Einsparungen nicht tragen, doch die Sparvorgaben des Bundes steht. Bis Ende Januar 2025 soll die eidgenössische Finanzverwaltung auf ihren Rückmeldungen basierend dem Bundesrat eine Vernehmlassungsvorlage präsentieren.