LandwirtschaftBundesrat gegen Fair-Food-Initiative
SDA
2.7.2018 - 11:48
Die Fair-Food-Initiative ist aus Sicht des Bundesrates unnötig. Ausserdem wäre die Umsetzung schwierig, argumentiert die Regierung. Es bräuchte Kontrollen im Ausland. Das Stimmvolk entscheidet am 23. September.
Der Bundesrat wolle nachhaltig und fair produzierte Lebensmittel im In- und Ausland fördern, sagte Innenminister Alain Berset am Montag vor den Medien in Bern. Dazu reichten die geltenden Bestimmungen aber aus.
Die Initiative "Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel" (Fair-Food-Initiative) ist ein Begehren der Grünen. Sie wollen den Bund zur Förderung von Lebensmitteln verpflichten, die umweltschonend, tierfreundlich und fair hergestellt werden.
Diese Standards sollen grundsätzlich auch für importierte Lebensmittel gelten. Der Bund müsste die Anforderungen festlegen und sicherstellen, dass Importprodukte diesen genügen. Dazu könnte er Einfuhrzölle anheben.
Teurere Lebensmittel
Aus Sicht des Bundesrates wäre es äusserst schwierig, dies umzusetzen. Der Bund müsste im Herkunftsland überprüfen, unter welchen Bedingungen Lebensmittel hergestellt würden, gab Berset zu bedenken. Die Kosten für diese Kontrollen könnten die Lebensmittel verteuern. Eine Schätzung dazu nimmt der Bund nicht vor: Wie stark die Preise steigen würden, hängt laut Berset von der Umsetzung ab.
Die strengeren Vorgaben für Importe könnten indes auch die Auswahl an Lebensmitteln in der Schweiz einschränken. Weiter warnt der Bundesrat, dass sie Handelsbestimmungen verletzen könnten - namentlich die Verpflichtungen, welche die Schweiz im Rahmen von Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) eingegangen ist. Konflikte drohen auch bei bilateralen Abkommen mit der EU und Freihandelsabkommen.
Drohende Handelsstreitigkeiten
Das WTO-Recht verlangt, dass ausländische Waren gegenüber gleichartigen inländischen nicht diskriminiert werden. Produktionsmethoden oder -bedingungen werden nicht als Rechtfertigung dafür akzeptiert, den Import von Waren zu behindern - auch nicht durch eine Abstufung der Einfuhrzölle. Es bestehe deshalb die Gefahr von Handelsstreitigkeiten, sagte Berset.
Was die Konsequenzen wären, hängt wiederum von der Umsetzung ab. Zu den bilateralen Abkommen würde in den gemischten Ausschüssen eine Lösung gesucht, sagte Hans Wyss, der Direktor des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Die Verletzung von WTO-Bestimmungen könnte dazu führen, dass die Schweiz Strafen zahlen oder mehr von anderen Produkten importieren müsste.
Schon heute hohe Standards
Der Bundesrat betont, dass die Schweiz rund die Hälfte ihres Bedarfs an Lebensmitteln selber produziere. Diese müssten strenge Anforderungen erfüllen. So verlange die Bundesverfassung eine sozialverträgliche und ökologische Landwirtschaft.
Die Verfassung - der neue Artikel, den das Stimmvolk letzten Herbst guthiess - verpflichtet den Bund auch, in den internationalen Handelsbeziehungen die Nachhaltigkeit zu beachten. Vor gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln schützt das Lebensmittelrecht.
Für internationale Standards
Auch international setze sich der Bund für sichere Lebensmittel von hoher Qualität ein, sagte Berset. So engagiere sich die Schweiz beispielsweise im Rahmen der Agenda 2030 der Uno für eine respektvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen. Sie unterstütze zudem alle Bestrebungen für internationale Standards zur nachhaltigen und umweltfreundlichen Produktion von Lebensmitteln.
Berset wies auch auf die geltenden Deklarationsvorschriften hin. Das WTO-Recht erlaubt es beispielsweise nicht, den Import von Eiern aus Käfighaltung zu verbieten, die in der Schweiz nicht zugelassen ist. In der Schweiz müssen solche Eier aber gekennzeichnet sein. Die Konsumentinnen und Konsumenten hätten damit die Wahl, stellte Berset fest.
Aus all diesen Gründen empfehlen der Bundesrat und das Parlament den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, die Initiative abzulehnen. Der Bundesrat erachte eine neue Verfassungsbestimmung als unnötig, auch wenn er die Anliegen der Fair-Food-Initiative grundsätzlich teile, sagte Berset.
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