AltersvorsorgeBundesrat gibt der AHV bei der Rentenreform den Vorrang
SDA
20.12.2017 - 16:00
Die Reform der Altersvorsorge ist an der Urne gescheitert. Die AHV braucht aber dringend neue Einnahmen. Der Bundesrat hat daher beschlossen, zunächst nur bei der ersten Säule anzusetzen.
Er wolle die Reform der Altersvorsorge in zwei separaten Vorlagen vorantreiben, sagte Sozialminister Alain Berset am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. "Die Priorität liegt bei der AHV." Die Eile hat finanzielle Gründe.
Nach Berechnungen des Bundes liegt 2019 weniger als eine Jahresausgabe im AHV-Fonds. 2029 ist die AHV teilweise zahlungsunfähig. Die Lücken in der obligatorischen beruflichen Vorsorge können hingegen noch lange auf Kosten der überobligatorisch Versicherten gestopft werden. "Der Handlungsdruck ist unterschiedlich", stellte Berset fest.
Vor diesem Hintergrund hat er vom Bundesrat den Auftrag erhalten, bis Ende Februar 2018 die Eckwerte einer AHV-Reform auszuarbeiten. Ein Vorentwurf soll im Sommer 2018 in die Vernehmlassung gehen. Ende 2018 will der Bundesrat eine Botschaft verabschieden. Eine Volksabstimmung ist frühestens 2020 möglich. Damit droht die AHV-Reform zum Spielball im Wahlkampf 2019 zu werden.
Schwierige Aufgabe
Ohnehin steht Berset vor einer schwierigen Aufgabe. Die abgelehnte Reform der Altersvorsorge setzte bei AHV und obligatorischer beruflicher Vorsorge gleichzeitig an. Grund waren die zahlreichen gescheiterten Versuche, die beiden Säulen getrennt zu reformieren. Nach dem Nein heisse es nun wieder, es brauche separate Vorlagen, sagte Berset. "Das ist keine einfache Herausforderung."
Das gilt umso mehr, als der Bundesrat am Frauenrentenalter 65 festhalten will - eines der umstrittensten Elemente der gescheiterten Vorlage. Inhaltlich hat er ausserdem entschieden, dass Ausgleichsmassnahmen für die Erhöhung des Frauenrentenalters geprüft werden sollen. Zudem soll der Altersrücktritt flexibel zwischen 62 und 70 Jahren möglich sein.
Festhalten will der Bundesrat auch am Grundsatz, dass die Altersvorsorge solide finanziert, gleichzeitig aber das Rentenniveau erhalten bleiben soll. Über eine Zusatzfinanzierung für die AHV, zum Beispiel in Form einer Mehrwertsteuer-Erhöhung, wird die Regierung aber erst im nächsten Schritt diskutieren, wie Berset sagte.
Ball bei den Sozialpartnern
Für die Reform der obligatorischen beruflichen Vorsorge gibt es keinen Zeitplan. Diese ist unter Druck, weil sich die Renten bei einem Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent wegen der hohen Lebenserwartung und den tiefen Renditen kaum mehr finanzieren lassen. Um die Lücken zu stopfen, sinkt der Umwandlungssatz im überobligatorischen Bereich umso stärker.
Nach Ansicht des Bundesrats ist es an den Sozialpartnern, dieses Problem zu lösen. "Eine Reform der zweiten Säule muss von den Sozialpartnern getragen werden, damit sie eine Volksabstimmung übersteht", sagte Berset. Vorerst zeichnet sich jedoch kein Konsens ab. Eine erste Aussprache zu einer neuen Reform der Altersvorsorge hat laut Berset 20 verschiedene Meinungen hervorgebracht.
Drohende "Rentenklau"-Debatte
Die Linke hatte die Senkung des Mindestumwandlungssatzes schon einmal mit dem Slogan "Rentenklau" zum Scheitern gebracht. Anders als bei der gescheiterten Vorlage bietet die Linke nun auch nicht mehr Hand zur Erhöhung des Frauenrentenalters. Das Parlament hatte die Unterstützung unter anderem durch einen Zuschlag von 70 Franken auf neue AHV-Renten erkauft. Ein solcher steht nicht mehr zur Diskussion.
Der Zuschlag sollte die Senkung des Umwandlungssatz ausgleichen. Zudem sollte der Koordinationsabzug leicht gesenkt, die Beiträge hingegen leicht erhöht werden. Neben dem Frauenrentenalter 65 und dem flexiblen Altersrücktritt war für die AHV eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,6 Prozent vorgesehen. Zusätzliche Lohnprozente sollten den AHV-Zuschlag sowie höhere Ehepaar-Renten finanzieren.
Am 24. September 2017 haben 52,7 Prozent der Stimmbevölkerung und die Mehrheit der Stände Nein gesagt zur Reform der Altersvorsorge. Diese war von SVP und FDP bekämpft worden. Nach Einschätzung des Bundesrats ist die Vorlage in der Volksabstimmung wegen einer Kumulation verschiedener Einzelfaktoren abgelehnt worden, wobei keiner dieser Faktoren schwergewichtig entscheidend war.
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