Hochschulen Kann die Schweiz nicht mehr bei Erasmus Plus teilnehmen?

SDA/tafu

7.9.2020 - 09:34

Die Zeit dürfte kaum mehr für eine zeitgerechte Assoziierung der Schweiz am EU-Mobilitätsprogramm Erasmus Plus für Studierende und junge Berufsleute reichen. (Archiv)
Die Zeit dürfte kaum mehr für eine zeitgerechte Assoziierung der Schweiz am EU-Mobilitätsprogramm Erasmus Plus für Studierende und junge Berufsleute reichen. (Archiv)
Source: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Die Zeit drängt: Bereits im Januar 2021 startet das EU-Programm Erasmus Plus. Ob die Schweiz teilnehmen kann, ist bisher unklar. Studierende und Politiker schlagen Alarm.

Während der Bundesrat alles daran setzt, dass die Schweiz zeitgerecht an das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe assoziiert werden kann, strebt er dies im Bildungsbereich beim EU-Mobilitätsprogramm Erasmus Plus nicht an. Parlamentarier und Studierende sind alarmiert.

«Anstatt endlich eine Lösung zu präsentieren, lässt der Bundesrat auf sich warten», sagte die Präsidentin der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK), Tiana Angelina Moser (GLP/ZH), auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Dabei laufe die Schweiz derzeit Gefahr, «im europäischen Bildungsraum isoliert zu werden».



Ziel sollte ein europäischer Bildungsraum sein

APK-Mitglied Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL) sagte, der Bundesrat müsse mit den Beitrittsverhandlungen zu Erasmus Plus «vorwärts machen». Bildung sei «längst nicht mehr nur eine nationale Frage», so Schneider-Schneiter, Ziel müsse ein europäischer leistungsfähiger Bildungsraum sein.

Und auf Twitter forderte Nationalrat Eric Nussbaumer (SP/BL) kürzlich «Respekt vor den Parlamentsentscheiden» zur Vollassoziierung bei Erasmus Plus. Damit spielte er auf eine 2017 abgenommene Motion zu Erasmus Plus an. Der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) lancierte gar zusammen mit anderen Jugendverbänden eine Petition zu Erasmus Plus, die am 23. September dem Bundesrat überreicht werden soll.

Denn während der Bundesrat bei der Assoziierung der Schweiz am EU-Forschungsprogramm Horizon Europe (2021–2027) vorwärts machte und im Mai die dafür wichtige Finanzierungsbotschaft vorgelegt hat, fehlt bei Erasmus Plus (2021–2027) diese Botschaft, obwohl beide Programme im Januar 2021 starten.

Bund hat keine Eile

Doch der Bund hat keine Eile. Man gehe davon aus, dass es für eine Schweizer Assoziierung an Erasmus ab Programmstart «nicht mehr ausreicht», teilte das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) auf Anfrage Keystone-SDA mit.

Im Übrigen sei auch die EU beim Mobilitätsprogramm noch nicht so weit, «weder das definitive Budget für den Programmumfang» noch die «Bedingungen für die Teilnahme von Drittstaaten sind geklärt», schrieb das SBFI. Eine EU-Diplomatin bestätigte dies auf Anfrage. Laut der Diplomatin sind Budget und Bedingungen aber für beide Programme noch nicht definitiv – weder für Erasmus noch für Horizon.

Darum drängen Studierende und Politiker auf eine Erasmus-Plus-Teilnahme 
Bild: Keystone

Die Initiative «Europäische Hochschulen» der EU soll Studierenden eine Kombination von Studien in mehreren EU-Ländern anbieten. 

Studierende können so hochwertige Universitätsabschlüsse machen und im internationalen Wettbewerb bestehen. 

Zurzeit läuft noch ein Pilotprojekt, ab 2021 ist die Hochschulinitiative Teil des EU-Mobilitätsprogramms Erasmus Plus. 

Wer nicht bei Erasmus dabei ist, kann laut SBFI nicht «als vollwertige Partnerinstitutionen» teilnehmen. 

Schwindendes Interesse befürchtet

Unklar ist, warum der Bund bei Erasmus nicht das gleiche Tempo anschlägt wie bei Horizon. Bekannt ist, dass Ex-Bildungsminister Johann Schneider-Ammann 2017 im Parlament sagte, dass eine Vollassoziierung ab 2021 höhere Kosten für die Schweiz zur Folge habe – wegen Systemänderungen der EU.

VSS-Co-Präsident Francesco Bee erklärte, das grösste Problem sei, «dass eine Nichtassoziierung zu einer Marginalisierung der Schweizer Hochschulen führt» und sich «negativ auf die Vernetzungsmöglichkeiten der Hochschulen» auswirken wird.

Elischa Link, Vizepräsident der studentischen Körperschaft der Universität Basel, kritisierte, dass der Bundesrat bereit sei, «Beiträge an Horizon zu zahlen», das auf der Vernetzung von Studierenden aufbaue,  diese Vernetzung via Erasmus Plus aber nicht fördern wolle. Die Schweizer Hochschulen verlieren so «eine wertvolle Möglichkeit, am akademischen und interkulturellen Austausch teilzuhaben».



Nationalrat Nussbaumer plädiert dafür, dass die finanziellen Mittel «für Erasmus Plus zusammen mit Horizon Europe» zur Verfügung gestellt werden. «Gelingt uns das nicht, dann befürchte ich, dass der Bundesrat einmal mehr Erasmus Plus fallen lässt.»


Zurück zur Startseite