Beleidigt, bedroht und angegriffen ÖV-Personal fordert vom Bundesrat mehr Schutz

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16.10.2024

Mitarbeitende von Transsicura, fotografiert am Hauptbahnhof Zürich am Dienstag und Mittwoch, 8. Februar 2023. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Mitarbeitende von Transsicura, fotografiert am Hauptbahnhof Zürich am Dienstag und Mittwoch, 8. Februar 2023. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Zugbegleiter und Lokführer werden immer wieder beleidigt, bedroht und angegriffen. Aber der Bundesrat sieht keine Notwendigkeit für mehr Transportpolizei. Transfair sieht das ganz anders.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Hierzulande werden Zugbegleiter und Lokführer immer wieder beleidigt, bedroht und sogar angegriffen.
  • Laut dem Schweizer Personalverband für den Service public, Transfair, kommt es jährlich zu Tausenden vor.
  • Die Politik und der Verein fordert vom Bundesrat eine Verbesserung der Sicherheitslage im öffentlichen Verkehr.

Simon B. ist seit neun Jahren Lokführer. An einem Samstagmorgen im Spätwinter 2022 wurde er am Zürcher Hauptbahnhof von einem jungen Mann angerempelt.

Später bekommt er starke Schmerzen in der Schulter und geht daraufhin ins Kantonsspital Olten. Dort stellen sie fest: gequetschte Nerven in der Schulter und eine leicht gequetschte Lunge.

Zugbegleiter und Lokführer werden hierzulande oftmals beleidigt, bedroht und sogar angegriffen. Dies bei Billettkontrollen, auf dem Perron oder auf dem Weg dahin. 

Transfair gibt Bundesrat mitschuld

Laut dem Schweizer Personalverband für den Service public, Transfair, kommt es jährlich zu Tausenden vor, wie der «Blick» schreibt. Transfair gibt dem Bundesrat eine Mitschuld für die hohen Fallzahlen: Er schiebe die Verantwortung ab und lasse so das ÖV-Personal im Stich.

Seine Argumentation stützt der Verband auf die Reaktion des Bundesrates auf eine Interpellation. Greta Gysin, Grüne-Nationalrätin und Vorsitzende von Transfair, reichte im Sommer eine solche ein. Darin erkundigte sie sich nach den Plänen des Bundesrates zur Verbesserung der Sicherheitslage im öffentlichen Verkehr. Die 41-Jährige plädiert für eine verstärkte Präsenz der Transportpolizei, vor allem auf Strecken, wo Vorfälle häufig vorkommen.

Die nötigen Ressourcen fehlen

Doch Transfair findet, dass den SBB dazu die nötigen Ressourcen fehlen. Aber neues Personal sei angesichts des Fachkräftemangels schwieriger zu finden: «Die SBB müssen also auch in Massnahmen investieren, um den Beruf als Transportpolizistin oder Transportpolizist attraktiver zu machen», sagt Bruno Zeller, Branchenleiter öffentlicher Verkehr bei Transfair. Dazu gehöre, die Löhne, Arbeits- sowie Erholungszeiten verbessern.

Der Bundesrat – und SBB-Eigentümer – sehen das aber anders. Für die ÖV-Sicherheit seien die Transportunternehmen selbst zuständig. Für Transfair unverständlich: «Der Bundesrat hat es nicht einmal für nötig gehalten, sich ein genaues Bild über die Lage zu verschaffen», kritisiert Zeller. «Geschweige denn hat er konkrete Vorschläge unterbreitet, wie die SBB den Ausbau der Transportpolizei finanzieren könnten.»

Verfahren wird eingestellt

Nach dem Schulterrempler beansprucht Simon B. die Dienste der Transportpolizei und zeigt den jungen Mann an, wie «Blick» berichtet. Doch die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren ein. Der Täter kommt ungestraft davon. Das trotz Zeugenaussage des Berufskollegen von Simon B.

Aber auch dort sieht sich der Bundesrat nicht zuständig: Für die Verfolgung von Straftaten gegen ÖV-Personal seien die Kantone zuständig. Zudem habe er keine Informationen über allfällige rechtliche Lücken.

Simon B. ist sich nicht sicher, ob mehr Polizei das Problem tatsächlich lösen würde. Die vermehrten Aggressionen seien ein gesellschaftlicher Trend, der sich aktuell entwickle «Man spürt es am Umgangston», sagt er. Aber schlussendlich fordert auch er, dass der Bund beim Schutz des ÖV-Personals endlich das Heft in die Hand nehmen soll.