Strompreise Guy Parmelin will Haushalte für Firmen mitzahlen lassen

smi

25.10.2022

Die explodierenden Strompreise stellen Grossverbraucher im freien Markt vor Probleme.
Die explodierenden Strompreise stellen Grossverbraucher im freien Markt vor Probleme.
Armin Weigel/dpa

Bundesrat Parmelin will Unternehmen ermöglichen, ihren Strom wieder vom lokalen Versorger zu Fixpreisen zu beziehen. Dies könnte die Tarife für die Haushalte in die Höhe treiben.

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«Einmal frei, immer frei», dieser Grundsatz gilt in der Schweiz seit 2008. Er bedeutet, dass Unternehmen, die mindestens 100'000 Kilowattstunden Strom pro Jahr verbrauchen, ihren Versorger auf dem freien Markt aussuchen können. Wenn sie das getan haben, können sie nicht mehr in die sogenannte Grundversorgung durch das lokale Elektrizitätswerk und zu dessen Fixpreisen zurückkehren.

Während vieler Jahren haben die Grossverbraucher pro Kilowattstunde weniger bezahlt als die kleineren Verbraucher und die Haushalte.

Doch nun sind die Strompreise im freien Markt durch die Decke gegangen und einige Unternehmen sehen sich durch sie in ihrer Existenz bedroht. Deshalb wollen sie jetzt in die Grundversorgung zurückkehren.

Gewerbeverband gewinnt Guy Parmelin für das Anliegen

Der Gewerbeverband hat das Anliegen im September in das Parlament getragen. Sein Präsident Fabio Regazzi (Mitte/TI) hat es in der Herbstsession als Motion eingereicht. Er habe Bundesrat Guy Parmelin auch persönlich darauf angesprochen, schreibt der «Tages-Anzeiger». Dieser habe wohlwollend reagiert, so Regazzi zu der Zeitung.

Inzwischen lässt der Wirtschaftsminister Mitarbeitende seines Departements eine Lösung ausarbeiten, wie Unternehmen aus dem freien Strommarkt in die Grundversorgung zurückkehren können. Er wolle das Geschäft demnächst im Bundesrat diskutieren.

Dabei stellt sich nicht nur die Frage der Fairness. Denn diese Unternehmen haben jahrelang vom internationalen Strommarkt profitiert und wollen jetzt, wo sich die Preise zu ihren Ungunsten entwickeln, in die Arme des Staats zurückkehren.

Stromversorger könnten in Finanznot geraten

Noch schwerer wiegt, dass die Umstellung die Grundversorger vor ein Problem stellt: Plötzlich müssen sie Grossverbrauchern Strom liefern, den sie nicht haben und auf dem freien Markt einkaufen müssen – zu den Preisen, vor denen diese Unternehmen geflohen sind.

Das würde bedeuten, dass die elektrische Energie für alle in der Grundversorgung – KMU und Haushalte – noch teurer wird. Die Stromrechnungen werden im Schweizer Durchschnitt 2023 bereits um über 25 Prozent ansteigen.

Der Plan ist denn auch an verschiedenen Orten umstritten, wie der «Tages-Anzeiger» in Erfahrung gebracht hat. Das Bundesamt für Energie habe moniert, dass so das Problem der hohen Strompreise lediglich auf die Grundversorger und die Haushalte verlagert werde. Die Grundversorger könnten dabei in Liquiditätsnot geraten.

Selbst Wirtschaftsverbände kritisieren das Vorhaben

Und selbst in Wirtschaftsverbänden wird Kritik laut. Der «Tages-Anzeiger» zitiert Alexander Keberle von Economiesuisse, wonach es nicht erklärbar sei, wieso Kleinunternehmen und Haushalte die hohen Stromrechnungen von Grossverbrauchern mitfinanzieren sollen, die zufälligerweise in ihrem Netzgebiet tätig sind.

Ivo Zimmermann von Swissmem, dem Verband der Metall- und Maschinenindustrie befürchtet, dass es Private und KMU gegen die Grossverbraucher aufbringen würde.

Der Schritt würde eine Änderung der Stromversorgungsverordnung nötig machen. Dies stünde der von Parlament und Regierung immer wieder vorangetriebenen vollständigen Liberalisierung des Strommarkts entgegen. Dass der Schweizer Strommarkt nicht vollständig liberalisiert ist, steht auch einem Stromabkommen mit der EU im Weg.