Bürgerliche loben, Linke protestieren Bundesrat will Witwenrente nicht mehr lebenslang auszahlen

smi

29.3.2024

Der Bundesrat will Männer und Frauen in der Witwen- und Witwer-Rente gleichstellen und beiden weniger zahlen als bisher. 
Der Bundesrat will Männer und Frauen in der Witwen- und Witwer-Rente gleichstellen und beiden weniger zahlen als bisher. 
Bild: KEYSTONE

Ursprünglich sollte die Reform der Witwenrente die Diskriminierung der Männer aufheben. Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente will der Bundesrat so auch sparen. Bürgerliche applaudieren, die Linke protestiert.

smi

29.3.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am 29. März endet die Vernehmlassung zur Reform der Witwen- und Witwer-Rente. 
  • Der Bundesrat schlägt vor, die Witwen- und Witwerrente nur noch bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes oder bei Unterhaltspflicht für behinderte Nachkommen auszuzahlen.
  • FDP und SVP begrüssen den Vorschlag.
  • Die Mitte heisst die Reform gut, sofern faire Übergangslösungen gefunden werden.
  • Die Linke lehnt die Rentenkürzung als unsoziale Sparübung ab.

Am Anfang war eine Rüge des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: Dieser kritisierte, dass nur Frauen auch dann eine Witwenrente erhalten, wenn sie keine Kinder haben, nicht aber kinderlose Männer, die Witwer werden.

Als erste Massnahme gestand das Parlament den Männern wie den Frauen eine lebenslange Witwerrente zu. Diese lebenslange Unterstützung soll nun für beide Geschlechter enden.

Die Gleichstellung ist auch im bundesrätlichen Vorschlag zentral. Jedoch gelte es nun auch, dem Finanzierungsbedarf der AHV und dem Auftrag zur Sanierung der Bundesfinanzen Rechnung zu tragen, wie der Bundesrat in seiner Begründung schreibt. 

Reform spart gegen eine Milliarde Franken

Dies sehen vor allem bürgerliche Politiker*innen als umso dringlicher an, seit die Schweiz Ja zur 13. AHV-Rente gesagt hat. Wird die Witwen- und Witwer-Rente wie vorgeschlagen umgestaltet, folgen gemäss Berechnungen des Bundesrats Einsparungen von 880 Millionen jährlich ab 2035. Von fast einer Milliarde ab 2040 schreibt der «Blick».

Die Ausgaben will der Bundesrat senken, indem die Witwen- und Witwer-Rente nicht mehr bis ans Lebensende der Hinterbliebenen fliesst. Neu soll Schluss sein, wenn das jüngste Kind 25 Jahre alt ist. Einzig wenn die Witwe oder der Witwer für behinderte Nachkommen sorgt, soll diese Rente weiter ausgezahlt werden.

Der einzige Ausbau: Auch Hinterbliebene unverheirateter Paare mit gemeinsamen Kindern erhalten Anspruch auf Witwen- oder Witwer-Rente. Eine Übergangs-Rente sieht der Bundesrat für Witwer und Witwen vor, die beim Inkrafttreten der neuen Regeln 55 Jahre oder älter sind. 

All das begründet der Bundesrat damit, dass die bisherige Witwen- und Witwer-Rente nicht mehr der heutigen gesellschaftlichen Realität entspreche. Damit ist gemeint, dass viele Hinterbliebene auch allein finanziell zurechtkommen oder zumindest nicht bis ans Lebensende Unterstützung brauchen.

Bürgerliche dafür

Zustimmung für den Vorschlag gibt es von den Bürgerlichen, die das Argument der gesellschaftlichen Realität aufnehmen. Zudem sehe die Reform ausreichend Übergangs- und Härtefall-Lösungen vor, zitiert der «Blick» die Freisinnigen. Nicht einverstanden sind sie mit der Ausdehnung der Rente auf Unverheiratete.

Die SVP bezeichnet den Vorschlag des Bundesrats als «längst fälligen Schritt». Angesichts der steigenden Erwerbsbeteiligung der Frauen sei die geschlechtsspezifische lebenslange Unterhaltszahlung nicht mehr zeitgemäss. Das schreibt die Partei, die in anderen Fällen gern traditionelle Familienmodelle verteidigt.

Die Mitte sagt zum Vorschlag des Bundesrates ja, aber. Die Übergangslösungen müssten fair und altersgerecht sein, älteren Witwen sei der Besitzstand zu garantieren.

SP dagegen

Gegen die Umgestaltung in dieser Form ist die SP, und das gegen ihre Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, die das Parlament von der Reform überzeugen muss.

Die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Frage begrüsst die SP, jedoch sei die Reform zum Sparprogramm geworden – «auf dem Buckel von jenen Menschen, die so oder so bereits durch einen Schicksalsschlag in einer prekären Situation sind», wie der «Blick» zitiert. Ganz besonders würden die Frauen leiden, prophezeit die SP.

Die Vernehmlassung endet heute, am 29. März 2024. Nun ist es am Parlament, eine mehrheitsfähige Lösung zu finden.