Superreiche drohen mit WegzugDas hätte die Erbschaftssteuer der Juso für mögliche Folgen
Dominik Müller
5.8.2024
Die Juso nimmt mit ihrer Initiative reiche Erb*innen ins Visier. Superreiche drohen deshalb mit Auswandern. Aber was für finanzielle Konsequenzen hätte eine Erbschaftssteuer? Eine Studie zeichnet vier Szenarien.
Dominik Müller
05.08.2024, 06:53
Dominik Müller
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Die Jungsozialist*innen (Juso) fordern in einer Initiative, dass Erbschaften über 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuert werden.
Die zusätzlichen Einnahmen sollen zur Bekämpfung des Klimawandels verwendet werden.
Ökonom*innen der UBS haben in einer Studie die möglichen finanziellen Auswirkungen einer solchen Erbschaftssteuer berechnet.
«Die Juso zwingen mich, auszuwandern», sagte der bekannte Unternehmer und Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler kürzlich in einem Interview. «Gigantischen Schaden» würden die Jungsozialist*innen im Land anrichten.
Gemeint ist die Erbschaftsinitiative der Juso. Diese verlangt, dass Erbschaften ab 50 Millionen Franken künftig zu 50 Prozent besteuert werden. Neben Spuhler haben weitere prominente Unternehmer bereits angekündigt, die Schweiz zu verlassen, sollte die Initiative angenommen werden.
Was aber hätte die Initiative tatsächlich für konkrete finanzielle Folgen? Ökonom*innen der UBS haben in einer Studie abgeschätzt, was eine Annahme der Initiative bedeuten könnte. Dabei zeichnen sie vier Szenarien.
Alle Superreichen bleiben
Im wohl erwünschtesten Szenario der Juso machen Spuhler und Co. ihre Drohung nicht wahr und bleiben trotz neuer Erbschaftssteuer in der Schweiz.
Der UBS Global Wealth Report 2023 schätzt, dass in der Schweiz rund 3400 Personen ein Vermögen über 50 Millionen Franken besitzen. Das kumulierte Gesamtvermögen beträgt rund 550 Milliarden Franken. Die Studienautor*innen gehen davon aus, dass rund ein Fünftel der Betroffenen innerhalb der nächsten zehn Jahre verstirbt.
Verbleiben nun tatsächlich alle Superreiche im Land, würde der Bund jährlich rund vier Milliarden Franken zusätzliche Steuern einnehmen. Das Geld müsste gemäss Initiativtext zur «sozial gerechten Bekämpfung der Klimakrise» verwendet werden. Eine Steuerentlastung für den Mittelstand hätten die Einnahmen entsprechend nicht zur Folge.
Die Hälfte zieht weg
Im zweiten Szenario rechnen die UBS-Ökonom*innen mit dem Wegzug von 50 Prozent der Superreichen. Die Einnahmen des Bundes aus der Erbschaftssteuer würde sich entsprechend ebenfalls um die Hälfte auf zwei Milliarden Franken reduzieren.
Allerdings wäre danach auch die Hälfte der besten Steuerzahler weg. Die Autoren rechnen mit rund 1,1 Milliarden Franken, die an Einkommens- und Vermögenssteuereinnahmen pro Jahr entfallen. Unter dem Strich bleibt allerdings ein positiver Nettoeffekt für die Staatskasse.
Steuerlöcher dürften indes auf kantonaler und kommunaler Ebene entstehen, da die Erträge aus der Erbschaftssteuer zweckgebunden sind und für das Klima eingesetzt werden müssen. Mindereinnahmen aus der Einkommens- und Vermögenssteuer würde so nicht kompensiert werden können.
Gemäss Studie ist es durchaus wahrscheinlich, dass einige der in Zukunft von der Steuer betroffenen Personen wegziehen. Damit sei zu rechnen, weil die sehr Vermögenden mobiler sind als der Durchschnitt. Dieser Effekt liess sich etwa in Norwegen feststellen, als 2022 die Vermögenssteuer erhöht wurde.
Vor allem die Reichsten der Reichen gehen
Auch im obersten Segment bezahlen die Vermögendsten den grössten Beitrag an die Steuereinnahmen. Die UBS-Ökonom*innen gehen deshalb auch von einem Szenario aus, bei dem die Reichsten der Reichen verstärkt wegziehen im Vergleich zu den restlichen Personen, die von der Erbschaftssteuer betroffen wären.
Dazu treffen sie die Annahme, dass 75 Prozent der Personen mit einem Vermögen von über einer Milliarde Franken auswandern, während nur 25 Prozent jener mit einem Vermögen von unter 100 Millionen Franken wegziehen.
In diesem Fall wäre die Einnahmen durch die Erbschaftssteuer und die Verluste aus Vermögens- und Einkommenssteuer etwa gleich gross – der Nettoeffekt entsprechend null.
Konkret würde jährlich rund 1,5 Milliarden Franken für die Bekämpfung der Klimakrise zur Verfügung stehen. Gleichzeitig müssten Bund, Kantone und Gemeinden jährlich mit Steuermindereinnahmen von 1,5 Milliarden rechnen.
Alle Superreichen wandern aus
Im vierten Szenario gibt es keine Gewinner: Wenn alle Personen mit einem Vermögen über 50 Millionen Franken die Schweiz verlassen, entgehen dem Fiskus gemäss Studie jährlich Steuereinnahmen von rund 2,7 Milliarden Franken.
Und weil auch keine Vermögende mehr im Land sind, die von der Erbschaftssteuer betroffen wären, fliesst auch kein Geld in den Klimatopf.
Viel mehr würden die verbliebenen Steuerzahler*innen in der Schweiz zur Kasse gebeten: «Anstatt die Reichsten zur Bekämpfung der Klimakrise zur Kasse zu bitten, müssten in diesem Fall stattdessen womöglich alle Steuerzahler in der Schweiz höhere Steuern zahlen, als indirekte Folge der neuen Erbschaftssteuer», schreiben die UBS-Ökonom*innen.
Bis das Schweizer Stimmvolk an der Urne über die Juso-Vorlage entscheidet, dauert es allerdings noch lange. Die Initiative wurde noch nicht einmal im Parlament behandelt.
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