1,5 MilliardenGrosse Krankenkassen leisten sich teure Verwaltungsapparate
tafi/SDA
30.9.2020
Für Personal, Marketing und Provisionen geben die Schweizer Krankenkassen fast 1,5 Milliarden Franken pro Jahr aus. Fast fünf Prozent der Prämieneinnahmen werden in Bürokratie und Verwaltung gesteckt.
Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass die Kosten pro Kunde mit der Grösse der Krankenkasse sinken sollten, sagt Moneyland-Geschäftsführer Benjamin Manz. Doch eine Untersuchung des Vergleichsdienstes kam zu einem anderen Ergebnis: Demnach würden die grossen Schweizer Krankenkassen teilweise deutlich mehr Geld für Personal, Werbung oder Provisionen ausgeben als die kleinere Konkurrenz.
«Offensichtlich leisten sich einige grössere Kassen eine stolze Verwaltung», kommentiert Manz im «Tages-Anzeiger» die Ergebnisse der Untersuchung. Für die Verwaltung der Grundversicherungen haben Schweizer Krankenkassen demnach im vergangenen Jahr fast 1,5 Milliarden Franken ausgegeben. Das entspricht fast fünf Prozent der Prämieneinnahmen, die in Bürokratie und Verwaltung gesteckt werden.
«Riesige» Unterschiede bei Verwaltungskosten
Der grösste Teil der Verwaltungsaufwendungen entfiel auf die Personalkosten von rund 1,1 Milliarden Franken. Das sind mehr als zwei Drittel der Kosten. Für Provisionen in der Grundversicherung gaben die Krankenkassen insgesamt rund 49 Millionen Franken aus, für Werbung waren es 60 Millionen. Provisionen im Rahmen von Zusatzversicherungen von Krankenkassen betragen nach Schätzungen von Moneyland rund eine halbe Milliarde Franken pro Jahr.
Allerdings fördert ein Vergleich der Kosten zwischen den einzelnen Kassen gemäss Moneyland «riesige» Unterschiede zutage. Denn je nach Kasse würden pro versicherte Person zwischen 96 und 573 Franken an Verwaltungskosten ausgegeben. Besonders effizient würden dabei überraschenderweise die kleineren Kassen arbeiten. Die Krankenkasse Luzerner Hinterland etwa kommt mit nur 2,7 Prozent der Prämien für die Verwaltung aus.
Bei grossen Anbietern wie Progrès und der Billigkasse Assura sind es hingegen um die sechs Prozent. Am meisten gibt die Glarner Krankenkasse aus: 9,6 Prozent der Prämien werden hier für die Verwaltungskosten benötigt und damit mehr als doppelt so viel wie im Branchenschnitt von 4,6 Prozent.
Kaum Anreize zu sparen
«Viele kleine Kassen sind nur regional tätig und nicht mehrsprachig und haben daher keinen grossen Verwaltungsapparat», nennt Experte Felix Schneuwly vom Vergleichsportal Comparis im «Tages-Anzeiger» einen Grund für die Unterschiede in der Verwaltungseffizienz. Ein weiterer Grund sei, dass die Krankenkasse wenig Anreize haben, sich über geringe Verwaltungskosten zu profilieren. Sie seien zwar immer wieder Gegenstand politischer Diskussion, spielten bei den Kunden aber kaum eine Rolle: «Die Leute entscheiden anhand der Prämien und der Kundenzufriedenheit.»
«Die Kosten in der Verwaltung und Marketing-Ausgaben sind stattlich», wird Moneyland-Geschäftsführer Benjamin Manz in einer Medienmitteilung zitiert. Allerdings seien sie nicht die Ursache für den Anstieg der Prämien in den letzten Jahren gewesen. Dafür seien die steigenden Gesundheitskosten verantwortlich.