Zürich Der Streit ums Fussballstadion geht weiter – das müssen Sie wissen

Von Julia Käser

17.9.2020

2018 hat das Zürcher Stimmvolk Ja gesagt zum Projekt «Ensemble». Nun wird erneut abgestimmt. 
2018 hat das Zürcher Stimmvolk Ja gesagt zum Projekt «Ensemble». Nun wird erneut abgestimmt. 
Bild: Keystone

Seit knapp 20 Jahren streitet man sich in der Stadt Zürich um ein geplantes Fussballstadion auf dem Hardturm-Areal. Trotz einem Ja vor zwei Jahren kommt das geplante Stadion-Projekt nochmals an die Urne.

Am 4. Dezember 2008 begann der Abriss des Zürcher Hardturm-Stadions. Zwölf Jahre, ein jahrelanger Rechtsstreit und drei Volksabstimmungen später wartet der Grasshopper Club Zürich noch immer auf eine neue Heimspielstätte. Nun nimmt die Stadt einen weiteren Anlauf für ein neues Fussballstadion auf dem Hardturm-Areal. 

Das Stadion wurde vom Volk bereits angenommen – wieso wird nochmals abgestimmt? 

53,8 Prozent der Zürcher Stimmbevölkerung sagten im November 2018 Ja zu einem neuen Stadion. Weil aber die IG Freiraum Zürich West das Referendum gegen den Gestaltungsplan ergriffen hat, kommt das Projekt am 27. September erneut vor das Stimmvolk. Es ist der insgesamt vierte Urnengang in der Causa Hardturm-Stadion seit 2003. 

Wie sieht das aktuelle Stadionprojekt aus? 

Sowohl der Zürcher Stadtrat als auch der Gemeinderat haben den privaten Gestaltungsplan für das Projekt «Ensemble» gutgeheissen. Nebst einem neuen Stadtion für 18'000 Zuschauer umfasst das Projekt eine gemeinnützige Wohnüberbauung mit rund 170 Wohnungen sowie zwei Wohn- und Bürotürme mit knapp 600 Wohnungen. Durch die beiden Hochhäuser soll das Projekt querfinanziert werden.

Hinter «Ensemble» stehen die Investoren Credit Suisse, HRS sowie die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ).

Wie viel kostet das Stadion die Stadt Zürich?

Die Kosten des Stadionprojekts belaufen sich auf rund 570 Millionen Franken. Finanziert und gebaut werden soll das Ganze von den privaten Investoren. Die Stadt müsste sich damit nicht direkt an den Kosten beteiligen. 

Dennoch unterstützt sie das Projekt – mit einem reduzierten Baurechtszins auf dem Land, auf dem die Hochhäuser stehen werden. Aus diesem Rabatt entsteht ein wiederkehrender Einnahmenverzicht von jährlich bis zu 1,7 Millionen Franken.

Das langersehnte Stadion, gemeinnütziger Wohnraum – was spricht gegen das Projekt?

Die Nein-Parole habe die Grünen, die Alternative Liste (AL) sowie die SP ergriffen. An vorderster Front im Abstimmungskampf steht jedoch die IG Freiraum Zürich West. Sie argumentiert, dass sich das Hardturm-Areal in den letzten Jahren zu einem der lebendigsten Pärke der Stadt entwickelt hat, der von über 50'000 Menschen rege genutzt werde. Diese öffentliche Grünfläche dürfe man der Bevölkerung nicht mehr wegnehmen.

Was Zürich laut der IG Freiraum Zürich West braucht, ist kein zweites Fussballstadion, «sondern mehr öffentliche Grünräume für Naherholung, Zusammensein, Kultur und Sport». Am geplanten Projekt wird weiter bemängelt, dass die geplanten Hochhäuser weder nachhaltig noch zeitgemäss seien. Fazit: Das Projekt liesse sich mit einer klimafreundlichen Stadtentwicklung nicht vereinen. 

Die Gegnerinnen und Gegner des Hardturm-Stadions stellen unter anderem den Klimaschutz ins Zentrum ihrer Argumentation. 
Die Gegnerinnen und Gegner des Hardturm-Stadions stellen unter anderem den Klimaschutz ins Zentrum ihrer Argumentation. 
Bild: Keystone

Welche Argumente führen die Stadion-Befürworter ins Feld?

Für ein neues Stadion sprechen sich SVP, BDP, FDP, GLP, CVP und EVP aus – diese Parteien haben die Ja-Parole beschlossen. Ihr Hauptargument: Zürich braucht endlich ein echtes Fussballstadion. Die Profi-Mannschaften der Clubs FCZ und GC spielen nach wie vor in einem Leichtathletik-Stadion. Laut den Stadtion-Befürwortern schadet das dem Zürcher Profifussball: Den beiden Clubs entgingen überlebenswichtige Einnahmen und auch das Fussballerlebnis werde negativ beeinflusst. 

Auch die private Finanzierung wird als Argument für das Projekt aufgeführt. So würden für die Steuerzahlenden keinerlei Kosten entstehen und die Stadt müsse das unternehmerische sowie sportliche Risiko der Fussballclubs nicht tragen. Auch die knapp 800 Wohnungen, die geschaffen würden, heben die Befürworterinnen und Befürworter hervor. 

Bei einem erneuten Ja: Wann rollt der Ball im neuen Stadion?

Bei einer Ablehnung des Projekts müsste noch einmal neu geplant werden, aber auch bei einer Annahme wird der Ball nicht sofort rollen. Bei einem erneuten Ja an der Urne stehen den Gegnerinnen und Gegnern zwar keine demokratischen Mittel mehr zur Verfügung, um das neue Fussballstadion zu verhindern.

Wie schnell die ersten Spiele von GC und FCZ ausgetragen werden können, hängt jedoch massgeblich davon ab, wie lange die Baubewilligungsphase dauern wird. Es ist sehr wahrscheinlich, dass gegen das Bauprojekt Rekurse ergriffen werden – wie es schon bei zuvor geplanten Hardturm-Projekten der Fall war. Laut dem offiziellen Zeitplan soll der erste Ball in der Saison 2023/24 rollen. Die Wohnungen sollen ab 2024 in Etappen fertiggestellt werden.

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