SVP denkt an ReferendumNationalrat gibt grünes Licht für Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative
su, sda
20.9.2022 - 09:30
Mit einem eigens geschriebenen Gesetz zum Klimaziel «Netto Null» bis 2050: Der Nationalrat hat letzte Differenzen im indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative bereinigt.
Die SVP startete letzte Angriffe auf die Vorlage. Schon am Montag hatte sie mit einem Ordnungsantrag vergeblich verlangt, das Gesetz über die Ziele im Klimaschutz samt den Fördermassnahmen von der Traktandenliste zu streichen. Der Nationalrat wies den Antrag von Michael Graber (SVP/VS) ab.
Ein «Stromfressergesetz»
Es drohe ein Strommangel, begründete Graber den Streichungsantrag. Der Bundesrat rufe die Bürger zum Stromsparen auf. Gleichzeitig wolle der Nationalrat ein «Stromfressergesetz» behandeln, das auf die Dekarbonisierung abziele. Man wolle genauso ohne Plan aus den fossilen Energieträgern aussteigen wie damals bei der Kernenergie.
Am Dienstag hakte die SVP bei der letzten im indirekten Gegenvorschlag noch verbliebenen Differenz ein. Sie wollte auf das im Grundsatz von beiden Räten genehmigte und mit zwei Milliarden Franken dotierte Zehn-Jahres-Programm zum Ersatz fossiler Heizungen und Sanierungen nicht eintreten.
Der Nationalrat hatte noch einmal zu entscheiden, weil der Ständerat die Gelder nicht nur für den Heizungsersatz, sondern auch für energetische Massnahmen an Gebäude einsetzen wollte und das Konzept anpasste. Mike Egger (SVP/SG) sprach von einem unüberlegten Programm, das den Verbrauch von Strom erhöhe, der in der Schweiz fehle. Der Rat lehnte den Streichungsantrag mit 117 zu 67 Stimmen ab.
Über die anderen Punkte hatten sich die Räte bereits vorher geeinigt. Während die Gletscher-Initiative auf Verbote und einen Absenkpfad in der Verfassung setzt, will das Parlament mit im Gesetz verankerten konkreten Verminderungs- und Etappenzielen die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen auf «Netto Null» im Jahr 2050 erreichen.
Verminderungsziele sind gesteckt
Gesteckt sind die Verminderungsziele. Bis 2040 müssen die Emissionen gegenüber 1990 um 75 Prozent zurückgehen – soweit als möglich durch die Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses im Inland. Verbleibende Emissionen sollen in Form von negativen Emissionen der Atmosphäre entzogen werden.
Bund und Kantone müssen spätestens bis 2050 Speicher für Kohlestoff im In- und Ausland bereitstellen, damit das Netto-Null-Ziel erreicht werden kann. Der Bundesrat kann Richtwerte festlegen für den Einsatz von Negativemissionstechnologien.
Zwischenziele sollen auch für die Hausbesitzer, den Verkehr und die Industrie gelten. Der Sektor Gebäude muss seine Emissionen bis 2040 gegenüber 1990 um 82 Prozent senken.
Die Industrie muss bis 2040 eine Senkung um 50 Prozent hinbekommen und der Verkehr eine solche um 57 Prozent. 2050 dürfen Gebäude und Verkehr dann gar kein Treibhausgas mehr ausscheiden. Die Industrie muss die Emissionen gegenüber 1990 um 90 Prozent senken.
Ergreift die SVP das Referendum?
Das Parlament bewilligte mit der Vorlage insgesamt 3,2 Milliarden Franken an Finanzhilfen für den Ersatz fossiler Heizungen und Sanierungen sowie für die Förderung zugunsten neuer Technologien. Das eine Programm soll über zehn Jahre 2 Milliarden Franken erhalten, das andere über sechs Jahre 1,2 Milliarden Franken.
Die SVP kann sich mit der Vorlage nicht anfreunden und denkt bereits an ein Referendum, nachdem sie so bereits das CO2-Gesetz zu Fall gebracht hat. Auf einer Medienkonferenz um 17 Uhr informiert die Partei über die nächsten Schritte, berichtet der «Blick».
Noch kein Entscheid zu Solar-Offensive
Noch nicht entschieden hat der Nationalrat am Dienstag über die vom Ständerat vergangene Woche gestartete Solar-Offensive. Die Kommission habe diese ans Gesetz über die Klimaziele angehängte Teilvorlage noch nicht fertig beraten, hiess es zur Begründung.
Der Ständerat schlug vor, die Teilvorlage in der laufenden Session zu Ende zu beraten und danach für dringlich zu erklären, damit die Bestimmungen sofort angewendet werden können. Die Vorlage, die bis Ende 2025 gelten soll, enthält eine Solarpflicht für Neubauten und erleichterte Bewilligungen für Gross-Solaranlagen in den Bergen.
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