Durchgerechnet Der neue Kampfjet macht mehr Lärm – dafür seltener

Von Gil Bieler

2.2.2022

Ein F-35-Kampfjet bei einem Start in Florida.
Ein F-35-Kampfjet bei einem Start in Florida.
Bild: Keystone/EPA

Der F-35 ist lauter als die FA/18, soll dafür aber weniger häufig starten und landen – damit bleibe die Lärmbelastung gleich, rechnet die Armee in einem Bericht vor. Ein Experte macht für blue News den Check. 

Von Gil Bieler

Mit dem Ersatz der Schweizer Kampfjet-Flotte ändert sich nicht nur für die Armeeangehörigen etwas, sondern auch für die Bevölkerung. Denn der neue Tarnkappenjet F-35  ist lauter als die F/A-18, die heute im Einsatz steht. Was bedeutet das für die Anwohner*innen der Militärflugplätze Payerne, Meringen und Emmen? Das liess die Armee durch die Forschungsanstalt Empa berechnen.

Der Abschlussbericht ist als vertraulich klassifiziert, über die wesentlichen Erkenntnisse hat die Armee in diesen Tagen die lokalen Behörden sowie die Medien informiert.

Die wichtigsten Erkenntnisse des Berichts:

  • Beim Start ist der FA-35 im Durchschnitt 3 Dezibel lauter als die heutigen Jets. Bei der Landung beträgt die zusätzliche Lärmbelastung 0 bis 1 Dezibel, bei Rollbewegungen am Boden sind es 5 Dezibel mehr.
  • Beim FA-35 ist der Anteil tieferer Frequenzen grösser.
  • Aber: Die Gesamtlärmbelastung über das ganze Jahr soll in etwa gleich bleiben. Dies erklärt die Armee damit, dass die Zahl der Landungen und Starts in etwa halbiert werden könne.

Die deutliche Reduktion der Starts und Landungen erklärt die Armee wie folgt: Die Trainingsmissionen würden mit dem F-35A dank des grösseren Treibstofftanks länger dauern. Ausserdem habe sich bei der Evaluation der unterschiedlichen Flugzeugtypen, die für einen Kauf infrage kamen, gezeigt, dass mit dem F-35 rund 20 Prozent weniger Flugstunden erforderlich seien als mit der heutigen Flotte. Konkret rechnet die Armee mit der neuen Jet-Flotte mit 8160 Flugbewegungen pro Jahr.

Basis dieser Berechnungen bilden Messungen bei Testflügen, die zwischen dem 10. April und 12. Juni 2019 in Payerne durchgeführt wurden.

blue News bat Martin Röösli, Lärmexperte am Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut Swiss TPH in Basel, um eine Einschätzung zu den Kernaussagen des Berichts.

Ein hörbarer Unterschied

3 bis 5 Dezibel zusätzliche Lautstärke, das klingt nach wenig. Was kann man sich darunter vorstellen? «3 Dezibel sind vergleichbar mit dem zusätzlichen Lärm, wenn auf einer Strasse Tempo 50 statt Tempo 30 gilt», sagt Röösli. «Man nimmt das also durchaus wahr.»

Dass die Jahreslärmbelastung gleich bleiben soll, sieht indes auch Röösli als entscheidend an: «Die Häufigkeit, mit der ein Jet startet oder landet, spielt sicherlich die grössere Rolle als die maximale Lautstärke.»



Untersuchungen in Anwohnergebieten von Flughäfen – auch jenem in Zürich – hätten gezeigt, dass die Lärmbelästigung zugenommen habe, obwohl die modernen Maschinen leiser seien. «Eine Hypothese ist, dass eben die Zahl der Landungen und Starts entscheidend ist, nicht die Dauerschallbelastung.»

Die Armee will wenn nötig bei den Fenstern nachbessern

Bleibt der letzte Punkt: der höhere Anteil an tiefen Frequenzen. «Diese tiefen Frequenzen sind unangenehmer für die meisten Menschen», sagt Röösli. Das seien typische Basstöne, wie man sie an einem Konzert spüre. «Diese Tieffrequenz-Töne dringen auch einfacher in Gebäude ein. Für Anwohnerinnen und Anwohner dürfte das daher eine Verschlechterung der Lärmsituation bedeuten.»

Dessen ist man sich offenbar auch bei der Armee bewusst. So erklärt sich das Verteidigungsdepartement VBS bereit, bei Bedarf im Umfeld der Militärflugplätze Emmen, Meiringen und Payerne weitere Schallschutzfenster einbauen zu lassen. Gemeinsam mit dem Jet-Hersteller Lockheed Martin und der Empa würden ausserdem weitere Möglichkeiten für eine Lärmreduktion geprüft.

Der Bund hat 36 F-35-Kampfjets des US-Herstellers Lockheed Martin für rund 6 Milliarden Franken bestellt. Diverse Organisationen aus dem links-grünen Lager sammeln derzeit Unterschriften, um den Jet-Kauf an die Urne zu bringen. Ein Vertreter der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) sagte vor Kurzem zu blue News, man sei mit der Sammelaktion «perfekt auf Kurs».

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