Von CO2-Ausstoss bis zu Gewässerschutz Das hat der Bundesrat heute alles entschieden

gg, sda

18.5.2022 - 16:12

Auch beim CO2-Ausstoss von Kehrichtverbrennungsanlagen will der Bundesrat ansetzen. Im Bild: der Kamin der ältesten solchen Anlage der Schweiz in Zürich. 
Auch beim CO2-Ausstoss von Kehrichtverbrennungsanlagen will der Bundesrat ansetzen. Im Bild: der Kamin der ältesten solchen Anlage der Schweiz in Zürich. 
Bild: Keystone

Die Kantone sollen Trockenheit in Gewässern melden und ein neues Bundesamt für Cybersicherheit soll geschaffen werden. Was der Bundesrat heute alles entschieden hat.

18.5.2022 - 16:12

Datenaustausch bereits 2024

Der Bundesrat möchte mit zwölf weiteren Staaten und Territorien den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) einführen. Dazu hat er am Mittwoch die Botschaft verabschiedet. Inkrafttreten sollen die Abkommen auf Anfang 2023. Ein erster Datenaustausch soll 2024 erfolgen. Bei den vorgeschlagenen neuen Staaten und Territorien handelt es sich um Ecuador, Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, die Republik Moldau, Montenegro, Neukaledonien, Thailand, Uganda und die Ukraine. Die entsprechenden Bundesbeschlüsse sollen dem Parlament in der Herbst- und Wintersession zur Genehmigung unterbreitet werden. Der AIA dient gemäss Bundesrat der Stärkung der Integrität und Transparenz des Finanzplatzes Schweiz und will illegale Finanzflüsse bekämpfen.

Fokus auf digitaler Landwirtschaft

Die Schweiz soll ein Kompetenzzentrum für die digitale Transformation im Agrar- und Ernährungssektor erhalten. Der Bundesrat hat die entsprechenden Grundlagen verabschiedet. Die verschiedenen Akteure im Agrar- und Ernährungssektor seien alle gegenseitig auf Daten und Informationen angewiesen. Der Datenaustausch im fraglichen Sektor funktioniere heute aber grösstenteils noch manuell und wenig automatisiert. Künftig sollen Daten stets nur noch einmal eingegeben werden müssen. In der Aufbau- und Pilotphase (2023–2025) soll das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Grundlagen für das Kompetenzzentrum erarbeiten und erste Pilotprojekte zur Datenstandardisierung durchführen. Anschliessend ist eine sechsjährige Umsetzungsphase geplant.

Bundesrat einverstanden mit Armee-Budget-Erhöhung

Rasche Beschaffung der F-35-Kampfjets, zusätzliche Mörser und Cyberabwehrsysteme sowie eine generelle, schrittweise Erhöhung der Armeeausgaben: Der Bundesrat ist mit diesen Forderungen aus dem Parlament einverstanden, wie er bekanntgab. 2023 soll der Plafond der Armeeausgaben um 300 Millionen Franken erhöht werden. Ab 2024 sollen die Armeeausgaben jährlich schrittweise so steigen, dass sie 2030 ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. Weiter soll in der Armeebotschaft 2022 verankert werden, dass der Bundesrat die Beschaffungsverträge der 36 neuen F-35-Kampfjets bis Ende März 2023 unterschreiben soll. Festhalten will der Bundesrat an der Ausserdienststellung der F-5-Tiger-Flotte.

Schweiz soll Gasreserve anlegen

Die Schweiz will für den kommenden Winter eine Gasreserve anlegen, weil die Lieferungen aus Russland wegen des Ukraine-Kriegs möglicherweise ausfallen könnten. Der Bundesrat hat dazu am Mittwoch eine dringliche Verordnung verabschiedet, welche die Gasbranche dazu verpflichtet, Speicherkapazitäten in den Nachbarländern und Optionen für zusätzliche Gaslieferungen zu sichern. Das entsprechende Konzept ausgearbeitet hat eine Taskforce der Gasbranche unter Mitwirkung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) und des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF). Der Bundesrat hat zudem das Uvek beauftragt, das Gasversorgungsgesetz gemäss Erkenntnissen aus der Ukraine-Krise zu überarbeiten und ihm die neuen Eckwerte bis Ende April 2023 vorzulegen.

Corona-Pandemie: Kantone sollen durchgreifen

Falls die Corona-Zahlen im Herbst wieder rasch zunehmen sollten, ist nicht mehr der Bund, sondern sind die Kantone zuständig dafür, allfällige Massnahmen wie Isolation, Maskenpflicht oder Zugangsbeschränkungen anzuordnen und untereinander zu koordinieren. Der Bundesrat hält trotz Kritik in der Vernehmlassung an diesem Grundsatzentscheid fest.

Der Bund unterstützt zwar die Kantone bei Bedarf, etwa mit Empfehlungen. Eingreifen würde er nur, «wenn die Bemühungen der Kantone nicht ausreichen, die Verbreitung des Virus zu verhindern, und eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit droht», heisst es im am Mittwoch verabschiedeten Grundlagenpapier.

Impulsprogramm für Kinderbetreuung verlängert

Der Bundesrat will das Impulsprogramm des Bundes zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung verlängern. Er hat am Mittwoch einen entsprechenden Antrag der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats genehmigt. Dabei will die Kommission das laufende Programm eigentlich in eine stetige Unterstützung umwandeln.

Weil die Erarbeitung der Nachfolgelösung jedoch länger dauert als die aktuellen Fördermassnahmen in Kraft sind, hat die Kommission eine entsprechende Verlängerung bis höchstens 2024 beantragt. Laut Bundesrat ist das Impulsprogramm ein Erfolg und entspricht einem Bedarf. Eine Verlängerung sei deshalb gerechtfertigt. Das Programm fördert Betreuungsplätze für Kinder, um den Eltern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Arbeit oder Ausbildung zu ermöglichen.

Neues Bundesamt für Cybersicherheit

Angesichts der wachsenden Bedeutung der Cybersicherheit will der Bundesrat für diesen Bereich ein eigenes Bundesamt schaffen. Bis Ende Jahr muss das Finanzdepartement vorschlagen, wie es ausgestaltet werden soll, wie die Regierung am Mittwoch mitteilte. Rund 40 Mitarbeitende nehmen heute im Nationalen Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) Kernaufgaben zum Schutz der Schweiz vor Cyberbedrohungen wahr.

Nach Prüfung verschiedener Möglichkeiten kam der Bundesrat zum Schluss, dass die Cybersicherheit staatspolitisch so wichtig ist, dass weiterhin ein Mitglied der Landesregierung für die Aufgabe zuständig sein soll. Bis Ende Jahr muss das Finanzdepartement nun Umsetzungsvorschläge machen.

Schutz für die Schweizer Wirtschaft

Der Bundesrat hat ein Gesetz zum Schutz der Schweizer Wirtschaft vor schädlichen internationalen Übernahmen in die Vernehmlassung geschickt. Er erfüllt damit eine Forderung des Parlamentes. Konkret soll die inländische Wirtschaft insbesondere vor schädlichen Übernahmen durch staatliche oder staatsnahe Akteure geschützt werden. Für die Durchführung der Investitionsprüfung soll das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) zuständig sein. Bei Uneinigkeit unter den beteiligten Verwaltungseinheiten soll der Bundesrat über eine Genehmigung befinden. Die Landesregierung selber bleibt skeptisch und spricht sich vor allem aus Kosten-Nutzen-Gründen gegen die Einführung einer Investitionsprüfung aus.

300 Millionen für Bundesbauten

Der Bundesrat will fast 300 Millionen Franken ausgeben für Sanierungen und Umbauarbeiten an Bundesbauten. Der grösste Brocken in der am Mittwoch verabschiedeten Immobilienbotschaft 2022 ist die Sanierung und der Umbau des Verwaltungsgebäudes in Ittigen im Kanton Bern. Das soll 55,4 Millionen Franken kosten. Für den Neubau der Schweizer Botschaft in Addis Abeba (Äthiopien) sind 23,7 Millionen Franken veranschlagt.

Die Botschaft enthält weiter einen Verpflichtungskredit von 17 Millionen Franken für das neue Bundesasylzentrum in Rümlang ZH. 150 Millionen fliessen in nicht einzeln spezifizierte Vorhaben unter einem Betrag von zehn Millionen Franken. 50 Millionen sind reserviert für Projekte im Rahmen des Klimapaketes der Bundesverwaltung.

Ausreisezentren

Der Bund soll Kantone mit Ausreisezentren an der Grenze künftig finanziell unterstützen können. Mit den dafür nötigen Änderungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) will der Bundesrat zudem die rechtliche Grundlage schaffen, damit ausreisepflichtige Personen ohne Aufenthaltsbewilligung während maximal drei Tagen in einem entsprechenden Ausreisezentrum festgehalten werden können. Die Botschaft zur Änderung des AIG hat der Bundesrat ans Parlament verabschiedet. Sie entspricht inhaltlich der Vernehmlassungsvorlage.

Bildung

Der Bundesrat will die gesetzlichen Bestimmungen zur gymnasialen Matur aus dem Jahr 1995 aktualisieren, um den Zugang zu Hochschulen langfristig zu gewährleisten. Dazu hat er am Mittwoch die Vernehmlassung zur Totalrevision der Maturitätsanerkennungsverordnung (MAV) und der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Kantonen über die Ankerkennung von Maturitätszeugnissen eröffnet.

Neu sollen die Unterrichtssprache und das Fach Mathematik gestärkt werden, Wirtschaft und Recht sowie Informatik zusätzlich als Grundlagenfächer angeboten und die Auswahl der Schwerpunktfächer erweitert werden. Zudem soll eine verbindliche Mindestdauer von vier Jahren festgelegt und Austausch und Mobilität gefördert werden. Die Vernehmlassung dauert bis am 30. September.

Gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Der Bundesrat will Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt beseitigen. Dazu hat er eine entsprechende Botschaft zur Ratifizierung eines entsprechenden Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation von 2019 verabschiedet.

Das Übereinkommen umfasst ein gesetzliches Verbot von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt sowie Massnahmen zur Prävention und Unterstützung für Opfer. Zudem werden darin die Begriffe erstmals international definiert. Damit schafft es Rahmenbedingungen, um sich weltweit solidarischer für menschenwürdige Arbeit zu engagieren.

CO2-Ausstoss

Schwer vermeidbare Treibhausgasemissionen, etwa aus Kehrichtverwertungsanlagen oder Zementwerken, sollen mittels CO2-Abscheidungs- und Speichertechnologien behandelt und beseitigt werden. Der Bundesrat hat einen Bericht verabschiedet, der aufzeigt, wie die nötigen Technologien bis 2050 ausgebaut werden können.

Für den Transport von CO2 und dessen Speicherung im Inland braucht es demnach neue Infrastruktur wie Pipelines und Lagerstätten im Untergrund oder in Baumaterialien. Der Ausbau von Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) und Negativemissionstechnologien (NET) sei nicht nur klimapolitisch notwendig, schreibt der Bundesrat. Er biete dem Forschungs- und Werkplatz Schweiz auch die Gelegenheit, seine Vorreiterrolle in diesem Bereich zu festigen.

Gewässerschutz

Der Bundesrat will die Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweizer Gewässer genauer im Auge behalten. Neu will der Bund die Kantone verpflichten, bei Trockenheit zu berichten. Auch sollen die Kantone dem Bund künftig mitteilen, wie viele Ausnahmebewilligungen sie der Landwirtschaft erteilt haben, wenn Mindestrestwassermengen in Gewässern im Notfall unterschritten werden. Diese Neuerungen erfolgen mittels Anpassung der Gewässerschutzverordnung. Weiter empfiehlt die Regierung den Kantonen, den aktuellen Wasserverbrauch umfassender zu messen.

Geistiges Eigentum

Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) soll zu einem volkswirtschaftlich sinnvollen Schutz von Innovationen und Kreationen in der Schweiz beitragen. Das hat der Bundesrat in den strategischen Zielen des IGE für die nächsten vier Jahre festgelegt.

Dabei sollen jeweils die Interessen von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ausgewogen berücksichtigt werden. Für das Erwerben von gewerblichen Schutzrechten sollen zudem einfache, transparente, rasche und günstige Verfahren angeboten werden.

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