Konzerne, Klima, KVG Was der Bundesrat heute beschlossen hat

SDA

14.4.2021 - 14:45

Die Schweizer Bevölkerung erhält vom Bund Jodtabletten für den Fall, dass in einem Atomkraftwerk Radioaktivität austritt – nun hat der Bund festgelegt, wer wie viel an die Verteilung zahlen muss.
Die Schweizer Bevölkerung erhält vom Bund Jodtabletten für den Fall, dass in einem Atomkraftwerk Radioaktivität austritt – nun hat der Bund festgelegt, wer wie viel an die Verteilung zahlen muss.
Bild: Keystone/Christian Beutler

Jodtabletten, Hochwasserschutz, Krankenkasse: Der Bundesrat tagt heute nicht zur zum Thema Corona. Die Entscheide der Landesregierung in der Übersicht. 

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Vom Hochwasserschutz über die Konzernverantwortung und Krankenkassen bis zu den Corona-Lockerungen stehen für den Bundesrat heute einige Entscheide an. Was genau beschlossen wurde im Überblick.

Armasuisse verkauft Immobilien

Das Verteidigungsdepartement hat von 2006 bis 2019 rund 4600 Hoch- und Verteidigungsbauten stillgelegt sowie über 1300 Objekte zurückgebaut. Mit Verkäufen von über 2700 Immobilien erzielte Armasuisse Verkaufserlöse von gegen 360 Millionen Franken, wie aus einem vom Bundesrat gutgeheissenen Bericht hervorgeht.



Betroffen waren Zeughäuser, Magazine, Flugplätze und grössere unterirdische Anlagen. Diese wurden teils für öffentliche Zwecke umgenutzt. Bis Ende 2023 sollen weitere knapp 1000 Objekte abgetreten werden, darunter die Flugplätze Dübendorf ZH und Buochs NW sowie das Kasernenareal in Chur GR.

Nach dem Brexit: Privilegien für Firmen am Zoll

Zwischen der Schweiz und Grossbritannien sollen speziell zertifizierte und vertrauenswürdige Firmen Privilegien bei sicherheitsrelevanten Zollkontrollen erhalten und die Abfertigung einfacher abwickeln können. Der Bundesrat hat ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich genehmigt.

Beide Länder sollen demnach nach dem Austritt Grossbritanniens aus der EU gegenseitig den Status der «Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten» (Authorized Economic Operator, kurz AEO) anerkennen. Drittländer sind aus Sicherheitsgründen seit 2001 zur summarischen Voranmeldung aller Waren beim Im- und Export verpflichtet. Die Ratifizierung des Abkommens durch das Vereinigte Königreich stand zunächst noch aus.

Jodtablettenverteilung bei Unfall im Kernkraftwerk 

Die Kosten zur Verteilung von Jodtabletten im Falle eines schweren Unfalls in einem Kernkraftwerk (KKW) sind geregelt. Der Bundesrat hat eine Vereinbarung mit den KKW-Betreibern genehmigt. Demnach zahlen Bund und Betreiber je zur Hälfte die Kosten von 4,8 Millionen Franken für die Verteilung der Tabletten ausserhalb des Radius' von 50 Kilometern rund um ein KKW im Jahr 2020.

2024 werden jene Tabletten ausgetauscht, die innerhalb des 50-Kilometer-Radius direkt an die Bevölkerung und die Betriebe verteilt werden. Die Kosten dafür betragen rund 15 Millionen Franken, 11 davon übernehmen die KKW-Betreiber. Nach dem Aus des KKW Mühleberg will der Bund die Verteilung der Jodtabletten neu regeln und die Liste der betroffenen Gemeinden revidieren.

Revidiertes CO2-Gesetz

Zwei Monate vor der Referendumsabstimmung über das revidierte CO2-Gesetz schafft der Bundesrat Klarheit zu den Umsetzungsfragen. Er hat die Vernehmlassung zur CO2-Verordnung eröffnet. Diese legt Reduktionsziele für die verschiedenen Sektoren fest und konkretisiert die gesetzlichen Bestimmungen.



So möchte die Regierung etwa die Flugticketabgabe abstufen. Für Flüge in der Economy-Klasse würde eine Abgabe von 30 Franken für Kurz-, 60 Franken für Mittel- und 90 Franken für Langstrecken fällig. Höhere Reiseklassen sollen mit einer je 30 Franken höheren Abgabe belastet werden. Die Vernehmlassung dauert bis am 15. Juli 2021.

Krankenkassen: Hürden für Abbau von Reserven gesenkt

Die Grenze, ab der für die Krankenversicherer ein freiwilliger Abbau der Reserven zugunsten der Versicherten möglich ist, wird von 150 auf 100 Prozent gesenkt. Der Bundesrat hat die Revision der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung (KVAV) verabschiedet. Sie präzisiert die Voraussetzung für den Abbau von Reserven und die Rückerstattung von zu hohen Prämieneinnahmen.

Die Änderungen treten auf den 1. Juni 2021 in Kraft. Erstmals umgesetzt werden sie im Rahmen der Prämienbewilligung 2022. Derzeit liegen die Reserven der Krankenversicherer mit 11,3 Milliarden Franken deutlich höher als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum. Dies entspricht 203 Prozent des Minimums.

Letzte Etappe der Heilmittelrechts-Revision

Der Bundesrat hat zudem die letzte Etappe bei der schrittweisen Revision des Heilmittelrechts in Angriff genommen und den Entwurf zur neuen In-vitro-Diagnostika-Verordnung (IVDV) und die Anpassungen der Verordnung über klinische Versuche für Medizinprodukte in die Vernehmlassung geschickt. Mit der IVDV sollen die Bestimmungen zu den In-vitro-Diagnostika an die Rechtsentwicklungen in der EU angepasst werden.

Die Revision ist Teil des Masterplans des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie. Das Ziel ist eine geregelte Versorgung der Schweiz mit sicheren und leistungsfähigen Medizinprodukte für einen besseren Schutz der Schweizer Patientinnen und Patienten. Zu diesen Produkten gehören Implantate, einfache Produkte wie Heftpflaster und Brillen, aber auch Labortests für die medizinische Diagnose.

Rechnung für 2020 genehmigt

Des Weiteren genehmigte der Bundesrat die konsolidierte Rechnung für das Jahr 2020. Diese schliesst mit einem Defizit von 14,2 Milliarden Franken ab. Das ist rund 25 Milliarden Franken schlechter als im Jahr davor. Der grosse Verlust sei in erster Linie auf die Massnahmen des Bundes zur Bewältigung der Corona-Pandemie zurückzuführen, teilte der Bundesrat mit. Gleichzeitig führte der Konjunktureinbruch zu tieferen Einnahmen.

Bei den Bundesunternehmen wie Post und SBB sank der Gewinn auf 227 Millionen Franken nach 2,5 Milliarden im Jahr davor. Besser lief es bei den Sozialversicherungen. Dort ging der Gewinn von 3,4 lediglich auf 2 Milliarden Franken zurück. Beim Bund schmolz das Eigenkapital von 77,5 auf 66,3 Milliarden Franken. Die Zahl der Mitarbeitenden stieg innert Jahresfrist um 1202 Vollzeitstellen auf 161’265.

Menschenrechte: Vorschlag zu Revisionen gutgeheissen

Auch gütliche Einigungen wegen Verletzung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sollen zur Revision eines Bundesgerichtsurteils führen können. Der Bundesrat hat den entsprechenden Vorschlag der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats (RK-N) gutgeheissen. Demnach soll Artikel 122 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) entsprechend umformuliert werden.

Nach geltendem Recht ist eine Revision vor Bundesgericht nicht möglich, weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bei gütlichen Einigungen nur eine «Entscheidung» und kein endgültiges Urteil erlässt. Mit einer solchen Entscheidung des Gerichtshofs kann aber gemäss dem gültigen Wortlaut des BGG nicht um die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts ersucht werden.

«Wasserbaugesetz» wird «Hochwasserschutzgesetz»

Angesichts steigender Hochwasserrisiken will der Bundesrat aus dem «Wasserbaugesetz» ein modernes «Hochwasserschutzgesetz» machen und hat seinen Vorschlag dazu in die Vernehmlassung geschickt. Die Teilrevision des Gesetzes soll den Klimawandel und die wachsende Besiedlung besser berücksichtigen.

Bund, Kantone und Gemeinden sollen die Hochwasserrisiken mit planerischen, organisatorischen, biologischen und technischen Massnahmen begrenzen. Dazu zählen neue Risikoübersichten, Schutzbauten, die Schutzwaldpflege und Notfallplanungen. Der Bund will sich neben dem Instandstellen von Schutzbauten neu auch an regelmässigen Unterhaltsarbeiten beteiligen und die Kantone entlasten. Diese müssen gleichzeitig Risikoübersichten erstellen und mit Mehraufwand rechnen.

Konzernverantwortung: Gegenvorschlag in Vernehmlassung 

Nach der Ablehnung verschiedener Beschwerden im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative macht der Bundesrat vorwärts. Er hat die Details des vom Parlament erarbeiteten indirekten Gegenvorschlags in die Vernehmlassung geschickt.



Der Entwurf der neuen Verordnung regelt, welche Unternehmen neue Sorgfaltspflichten bezüglich Mineralien und Metallen aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit erfüllen müssen und welche davon befreit sind. Ferner enthält sie die Ausnahmen von den Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten für KMU sowie für Unternehmen mit geringen Risiken im Bereich der Kinderarbeit. Die Vernehmlassung dauert bis am 14. Juli 2021.

Rechtshilfe für internationale Strafinstitutionen

Die Schweiz kann ab dem 1. Juni allen internationalen Strafinstitutionen Rechtshilfe leisten, sofern sie von den Vereinten Nationen geschaffen wurden oder bestimmte Bedingungen erfüllen. Der Bundesrat hat die Inkraftsetzung der entsprechenden Änderung des Bundesgesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) beschlossen. Das Parlament hatte die Änderung in der Wintersession beschlossen.

Möglich ist die Zusammenarbeit mit internationalen Strafinstitutionen bei schwerwiegenden Verletzungen des Völkerrechts. Mit Strafinstitutionen, die andere Delikte des Strafrechts verfolgen, ist die Zusammenarbeit gestützt auf eine verbindliche oder von der Schweiz unterstützten Uno-Resolution ebenfalls möglich.