SVP versus FDP «Die Parteien wollen in der Pandemie ihr Profil schärfen»

Von Lukas Meyer

13.4.2021

SVP-Präsident Marco Chiesa und FDP-Präsidentin Petra Gössi im SRF-Studio.
SVP-Präsident Marco Chiesa und FDP-Präsidentin Petra Gössi im SRF-Studio.
Keystone/Peter Klaunzer

Knatsch zwischen SVP und FDP: Beide Parteien missgönnen sich ihre Bundesräte. Wie ist der aktuelle Schlagabtausch zu verstehen? Ein Experte ordnet ein.

Von Lukas Meyer

13.4.2021

Das ist starker Tobak: SVP-Präsident Marco Chiesa fordert von den «orientierungslosen FDP-Bundesräten» eine andere Politik, FDP-Chefin Petra Gössi findet das «populistisch und respektlos».

Hintergrund: Wenn die FDP weiter Wähleranteile verliere, sei ihr zweiter Sitz im Bundesrat arithmetisch gefährdet, schrieb SVP-Präsident Marco Chiesa am Wochenende auf Twitter.

Momentan seien beide FDP-Vertreter in der Landesregierung orientierungslos, findet Chiesa. Ausserdem vertrete die Partei bei einigen Fragen keine bürgerlichen Positionen und paktiere ständig mit der Linken, so der Tessiner Ständerat weiter.

FDP-Präsidentin Petra Gössi antwortete am Montag an der ausserordentlichen Delegiertenversammlung der FDP: «Wenn die SVP reine Oppositionspolitik betreiben will, sollte sie konsequent sein und aus dem Bundesrat austreten.» Es sei bekannt, dass Provokation das Handwerkszeug der SVP sei.

Der Konflikt zwischen FDP und SVP geht zurück in die 90er-Jahre, als mit dem Aufstieg des Zürcher Flügels die vormals behäbige SVP zur führenden Kraft wurde und der FDP zahlreiche bürgerliche Wähler abjagte. Wie ist der aktuelle Schlagabtausch zu verstehen?

Umfrage
Wie sollen die Sitze im Bundesrat verteilt werden?

Politologe Lukas Golder sieht ein Bemühen um Sichtbarkeit im permanenten Wahlkampf: «Der Aufstieg der grünen Parteien macht die Frage dringlich, wer an der Regierung beteiligt wird. Alle Parteien bringen sich schon für die nächsten Wahlen in Position und wollen in der Pandemie ihr Profil schärfen.»

In den letzten Wochen habe sich die Polarisierung nochmals verstärkt, sagt der Co-Leiter des Forschungsinstituts gfs.bern. «Die Gräben sind gross, nicht nur weltanschaulich, sondern auch im Zusammenspiel der Kräfte. Das ist nicht nur bei FDP und SVP der Fall, aber schon dort ist der Graben ideologisch und in zentralen Fragen riesig.» So werde es schwierig, eine gemeinsame Strategie zu finden.

Konkordanz am Limit

Eine grundsätzliche Frage sei, wie die Konkordanz in der Schweiz gestaltet werde. «Momentan herrscht ein pragmatisches Durchwursteln», so Golder. «Es gibt keine ernsthafte Diskussion, wie die Konkordanz revitalisiert werden könnte.» Vorschläge wie ein Konkordanzvertrag zwischen den beteiligten Parteien lägen auf dem Tisch.

Die SVP werde ihre Sitze im Bundesrat nicht aufgeben: «Der Weg in die Regierung ist sehr komplex und in der Geschichte der SVP ein zentrales Thema.» Die Partei habe in den letzten 20 Jahren teilweise verzweifelt versucht, in die Regierung zu kommen. «Opposition ist ein schwieriger Weg für eine starke Kraft wie die SVP.»

Eine Abwahl aus dem Bundesrat sei ein Stigma. Das zeige sich auch bei der CVP, die mit dem Zusammengehen mit der BDP und der Umbenennung in Die Mitte ihre Regierungsbeteiligung absichern wolle.