Lücke im Schutzschirm Die Schweiz sucht eine Luftabwehr, die sie kürzlich noch ablehnte 

Uz Rieger

12.11.2022

Das Luftverteidigungssystems Iris-T bei einer Messe im Juni 2022 in Schönefeld bei Berlin.
Das Luftverteidigungssystems Iris-T bei einer Messe im Juni 2022 in Schönefeld bei Berlin.
Archivbild: Keystone

Das Luftabwehr-Systems Iris-T leistet der Ukraine gute Dienste. Die Anschaffung für die Schweiz wurde vor wenigen Jahren plötzlich gestoppt – und nun tut sich eine Lücke im Schutzschirm auf.

Uz Rieger

12.11.2022

Vor einigen Jahren stand die Schweiz vor der Frage, ob sie Iris-T beschaffen soll. Das System schützt nun ukrainisches Gebiet vor russischen Luftangriffen – hierzulande kam Iris-T nicht. Seither klaffe in der Schweizer Luftabwehr eine Lücke, berichten die «Tamedia»-Titel.

Während der ukrainische Premier Denys Schmyhal das vom deutschen Unternehmen Diehl Defence produzierte Iris-T-System als «extrem effizient» feiert, hatte der damalige Verteidigungsminister Guy Parmelin das Auswahlverfahren im Jahr 2016 von einem Tag auf den anderen gestoppt.

Vorausgegangen waren Medienberichte über ein «Raketen-Debakel»: Iris-T würde den Ansprüchen der Schweiz nicht genügen, unter anderem, weil es nicht allwettertauglich sei, hiess es.

Abbruch nicht nachvollziehbar

Parmelin habe sich von den Projektverantwortlichen seinerzeit nicht korrekt informiert gefühlt und habe laut einem Untersuchungsbericht des Parlaments ohne Rücksprache mit seinen zuständigen Mitarbeitenden entsprechend durchgegriffen. Der Übungsabbruch sei indes «weder sachlich noch politisch nachvollziehbar» gewesen, hatten die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte bilanziert.

Nun würden die derzeitigen Ereignisse den Kommissionen recht gegeben, so die Tamedia-Titel. Das Parlament habe zwar den Kauf des Abwehrsystems Patriot für zwei Milliarden Franken beschlossen. Dieses eigne sich jedoch nicht für den Schutz ziviler Einrichtungen vor tieffliegenden Angriffswaffen wie Drohnen, Raketen oder Marschflugkörpern. Deshalb plane die Armee die Beschaffung eines zusätzlichen Systems – einem wie Iris-T.

«Die Arbeiten für die Beschaffung wurden gestartet», teilte ein Sprecher den Tamedia-Titeln dazu mit. Und auch, dass aufgrund der Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine die Planung für die kommenden Jahre angepasst worden sei.

Es ist nicht genug Geld für alle Beschaffungen da

Eine entsprechende Luftabwehr solle neu in die Armeebotschaft 2026/2027 einfliessen, erklärte Ex-Luftwaffenchef Aldo C. Schellenberg gegenüber den Tamedia-Medien. Einsatzbereit sei sie dann «frühestens Mitte des nächsten Jahrzehnts».

Nach Schellenbergs Aussagen würden die Kosten für ein System, das die zivile kritische Infrastruktur und militärischen Schlüsseleinrichtungen auf einer Fläche der Grösse des Mittellands schützen könnte, bei bis zu zwei Milliarden Franken liegen.

Laut SP-Nationalrätiin Priska Seiler Graf sind für die Armeebotschaft 26/27 bislang Investitionen von insgesamt 2,9 Milliarden Franken vorgesehen. Neben der Luftabwehr solle dabei auch ein neues Artilleriesystem und Material für die Bodentruppen beschafft werden. Das Budget reiche aber nicht für alle diese Posten, erklärte sie gegenüber den Tamedia-Titeln.