Experte über Starkregen in Frankreich «Das sind gigantische Mengen»

Lea Oetiker

18.10.2024

In manchen Regionen fiel rekordverdächtig viel Regen – wie hier in Bayonne im Südwesten Frankreich.
In manchen Regionen fiel rekordverdächtig viel Regen – wie hier in Bayonne im Südwesten Frankreich.
Gaizka Iroz/AFP/dpa

In Frankreich fielen in einigen Regionen rekordverdächtige Niederschläge. Hunderte Menschen mussten evakuiert werden, eine Person kam ums Leben. Klimatologe Erich Fischer schätzt die Situation für blue News ein.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mehrere Regionen in Frankreich stehen aktuell unter Wasser. In manchen Orten fielen Niederschläge in Rekordhöhe. 
  • Hunderte Menschen wurden evakuiert, eine Person ist bisher tot.
  • Klimatologe Erich Fischer schätzt die Situation in Frankreich für blue News ein.

Starkregen, Murgänge und Hochwasser: Für sechs französische Départements im Zentrum und im Süden Frankreichs hat der staatliche Wetterdienst Météo-France die Alarmstufe Rot ausgerufen.

Betroffen sind Rhône, Loire, Haute-Loire, Lozère, Ardèche und Alpes-Maritimes. Zahlreiche weitere Departements stehen bereits auf Orange, insgesamt stieg die Zahl auf 34. Auch die Hauptstadt Paris zählt dazu. 

650 Millimeter in 48 Stunden

Eine Person kam bisher ums Leben. Landesweit mussten mehrere hundert Menschen in Sicherheit gebracht werden, zwei Drittel davon im Département Ardèche. Dort steht in der Stadt Annonay das Stadtzentrum unter Wasser, Kinder mussten aus Schulen und Kitas gerettet werden, berichtet «Le Monde». Nach Angaben von Météo-France wurden dort aussergewöhnliche Regenmengen von 650 Millimeter in 48 Stunden gemessen.

Zudem hat Météo-France entlang mehrerer Flussabschnitte Hochwasserwarnungen ausgesprochen. Das gilt für Teile des Lignon du Velay, der Region Haute-Allier, der Loire-Vellave und des Gier. An diesen Flussufern besteht demnach akute Überschwemmungsgefahr. Vor allem im Süden des Landes soll die Situation angespannt bleiben.

«Wir haben es mit einer Situation zu tun, die in ihrem Ausmass noch nicht dagewesen ist», sagte die Ministerin für ökologischen Wandel, Agnès Pannier-Runacher.

«Das Ausmass war sehr überraschend»

Erich Fischer vom Institut für Atmosphäre und Klima an der ETH Zürich erklärt blue News, dass sich das Ereignis zwar schnell entwickelt habe, jedoch nicht völlig unerwartet eingetreten sei. Aber: «Das Ausmass war doch sehr überraschend», so der Klimatologe.

Die betroffenen Regionen sind zwar für starke Herbstniederschläge bekannt, doch das aktuelle Ausmass übertraf bisherige Erfahrungswerte deutlich. Fischer: «Das sind schon gigantischen Mengen an Niederschlag.»

Schwere Unwetter kommen häufiger vor

Laut Fischer sind solche Unwetter nicht als «normal» zu betrachten, kommen aber häufiger vor. Er erklärt, dass ähnliche Ereignisse nicht jährlich an einem Ort zu erwarten sind, sondern abwechselnd verschiedene Länder wie Frankreich, Österreich oder Polen betreffen können.

Der Experte ordnet das Unwetter primär als Wetterereignis ein, betont jedoch den verstärkenden Einfluss des Klimawandels. «Solche Ereignisse gab es auch früher, allerdings nicht so stark», erklärt der Klimatologe. Er führt dies auf die Erwärmung der Ozeane und der Luft zurück, die mehr Feuchtigkeit aufnehmen und freisetzen können.

Blockierendes Hochdruckgebiet verschärft die Situation

Eine spezielle Wetterkonstellation mit einem sich langsam bewegenden Tiefdruckgebiet verschärft die Situation. Ein blockierendes Hochdruckgebiet über Osteuropa verhindert ein schnelles Weiterziehen des Tiefdruckgebiets. Das sei auch in Österreich und Polen so gewesen. Ob solche Wetterlagen häufiger auftreten werden, wird laut Fischer noch erforscht. Klar ist jedoch: Wenn sie auftreten, werden sie intensiver. 

Fischer warnt, dass das Ereignis noch nicht vorüber sei. Besonders für Süditalien werden in den nächsten 48 Stunden erneut sehr hohe Niederschläge erwartet.