LausanneFamilie zieht Freisprüche für sechs Polizisten im Fall «Mike» weiter
gsi, sda
27.6.2023 - 04:54
Die Familie des nach einer Festnahme 2018 verstorbenen mutmasslichen Drogendealers Mike Ben Peter zieht die Freisprüche für sechs Lausanner Stadtpolizisten ans Kantonsgericht weiter. Das kündigte der Anwalt der Familie am Montag an.
gsi, sda
27.06.2023, 04:54
SDA
Der Anwalt Simon Ntah bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen Bericht der Tageszeitung «Le Temps». Seine Mandanten gingen davon aus, dass die Untersuchungen mangelhaft waren.
Schon während des Prozesses hatte Ntah angekündigt, den Instanzenweg wenn nötig bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu gehen. Nach der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils am 7. Juni hatte die Witwe erklärt, sie werde sich nicht mit den Freisprüchen abfinden.
Das Lausanner Strafgericht hatte die Polizisten vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Es folgte der Staatsanwaltschaft, welche die Anklage während des viertägigen Prozesses in einer spektakulären Kehrtwende hatte fallenlassen.
Das Gericht stützte sein Urteil auf die medizinischen Gutachten. Demnach liess sich nicht mit Sicherheit sagen, dass Mike Ben Peter aufgrund des Polizeieinsatzes gestorben war. Das Urteil führte zu heftigen Reaktionen. «Schande» oder «Komplizenschaft der Justiz» riefen einige Personen im Gerichtssaal.
Mike Ben Peter hatte sich 2018 in Lausanne den Polizisten bei einer Drogenkontrolle widersetzt. Um den 39-Jährigen in Schach zu halten, schlugen ihn die Polizisten und setzten Pfefferspray ein, bevor sie ihn überwältigten und auf den Bauch legten. Der Mann starb am nächsten Tag an einem Herz-Kreislauf-Stillstand, nachdem er ins Universitätsspital Chuv in Lausanne gebracht worden war.
Der Fall sorgte über die Westschweiz hinaus für Schlagzeilen. Es wurden Vergleiche gezogen zwischen dem Nigerianer Ben Peter und dem Afroamerikaner George Floyd, der 2020 in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota von einem weissen Polizisten getötet worden war.