Steigende Zinsen Fast die Hälfte der Mieter*innen muss wohl bald mehr bezahlen

mmi

2.12.2022

Der Referenzzinssatz für bestehende Mietwohnungen dürfte im nächsten Jahr steigen.
Der Referenzzinssatz für bestehende Mietwohnungen dürfte im nächsten Jahr steigen.
Keystone

Mieter*innen in der Schweiz müssen sich auf Mieterhöhungen gefasst machen. Der hypothekarische Referenzzinssatz liegt zwar noch auf rekordtiefem Niveau, doch das dürfte sich im nächsten Jahr ändern.

mmi

2.12.2022

2020 lebten in der Schweiz rund 2,3 Millionen Haushalte (61 %) in Miet- oder Genossenschaftswohnungen bei einer durchschnittlichen Monatsmiete von 1'327 Franken. Das zeigen aktuelle Zahlen des Bundesamts für Statistik (BfS).

Nun dürften sich die Mieten im kommenden Jahr für die Mietwohnungen erhöhen. Zwar hat am Donnerstag das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den hypothekarischen Referenzzinssatz für Wohnungsmieten per Anfang Dezember auf 1,25 Prozent belassen.

Aber bereits im neuen Jahr rechnet das BWO damit, den Referenzzins erstmals in seiner Geschichte zu erhöhen, wie Direktor Martin Tschirren vor den Medien erklärte.

Doch was ist der Referenzzinssatz genau und wie beeinflusst dessen Veränderung die Mieten? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Was ist der hypothekarische Referenzzinsatz?

Der hypothekarische Referenzzinssatz ist ein Richtwert, an dem sich Wohnungsmieten in der Schweiz orientieren. Er ist direkt an den durchschnittlichen Zinssatz aller hierzulande vergebenen Hypotheken gekoppelt. 

Das heisst: Der Referenzzinssatz ist massgebend, ob Mieten in bestehenden unbefristeten Mietverhältnissen angepasst werden (siehe Art. 13 Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen VMWG).

Warum gibt es diesen Zinssatz?

Der Referenzzinssatz soll die Kosten der Eigentümer*innen abbilden, die sie für die Finanzierung einer Liegenschaft tragen müssen.

Wer legt den Zinssatz fest und für wie lange?

Alle drei Monate beauftragt das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) die Schweizerische Nationalbank (SNB), den aktuellen Referenzzinssatz zu berechnen.

Hierfür stellen die Schweizer Banken alle nötigen Daten zur Verfügung, um den hypothekarischen Durchschnittszinssatz zu ermitteln. Oder anders ausgedrückt: Die Nationalbank ermittelt den durchschnittlichen Zins aller in der Schweiz vergebenen Hypotheken, die für die Finanzierung einer Immobilie vergeben wurden. Dieser wird mathematisch auf- oder abgerundet – immer in Viertelprozenten bzw. 0,25 Prozentpunkten – und bildet damit den Referenzzinssatz.

Ein Beispiel: Der hypothekarische Durchschnittszinssatz beträgt 1,93 Prozent. Durch das Aufrunden ergibt sich ein Referenzzinssatz von 2 Prozent. Sinkt der Durchschnittszinssatz in der nächsten Berechnung um 0,25 auf 1,68 Prozent, wird der Referenzzinssatz neu auf 1,75 Prozent aufgerundet.

Seit seiner Einführung im Jahr 2008 ist der Referenzzinssatz laufend von 3,5 Prozent bis im März 2020 auf 1,25 Prozent gesunken. Seiher verharrt der Zinssatz auf diesem rekordtiefen Niveau (Stand 1. Dezember 2022). 

Entwicklung 2010 bis 2021.
Entwicklung 2010 bis 2021.
Grafik: Keystone, Quelle: Bundesamt für Wohnungswesen (BWO)

Warum wird sich der Referenzzinssatz 2023 erhöhen?

Treiber für die zu erwartende Erhöhung sind die im Sommer von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) eingeleitete Zinswende und die damit verbundenen Zinstrends am Hypothekarmarkt.

Damit würde das BWO den Referenzzins aller Voraussicht nach erstmals in seiner Geschichte erhöhen müssen, wie Direktor Martin Tschirren am Donnerstag vor den Medien erklärte. Zudem könnte ein weiterer Schritt im Jahr 2024 folgen. «Prognosen dazu abzugeben, ist aber äusserst schwierig», schränkte der BWO-Direktor sogleich ein.

Was bedeutet eine Anhebung für mich als Mieter*in?

Vermieter können einen gesteigerten Referenzzinssatz zum Anlass nehmen, die Miete zu erhöhen.

Dazu muss die Vermieterschaft dies auf einem amtlichen Formular schriftlich begründen und mitteilen. 

Das ist aber nur möglich, wenn der Mietvertrag auf dem heute geltenden Referenzzins von 1,25 Prozent basiert. Schätzungen zufolge ist das bei rund der Hälfte der Mietverhältnisse in der Schweiz der Fall. Entweder hatten Vermieter frühere Senkungen des Referenzzinses nicht weitergegeben beziehungsweise Mieter hatten nicht auf günstigere Mieten gepocht.

Falls man dir eine Mietzinerhöhung aufgrund des Referenzzinssatzes ankündigt, dann lohnt es sich, diese beim Mieterinnen- und Mieterverband oder einer Schlichtungsbehörde prüfen zu lassen. Bei Unstimmigkeiten hast du 30 Tage Zeit, die Mietzinserhöhung anzufechten.

Was bedeutet es für mich als Mieter*in, wenn der Referenzsatz sinkt?

Sinkt der Referenzzinssatz, haben Mieter*innen grundsätzlich einen Anspruch auf eine Mietreduktion. Weil der Vermieter oder die Vermieterin nicht verpflichtet ist, die Miete automatisch zu senken, ist der jeweilige Mieter dafür verantwortlich. Laut dem Mieterinnen- und Mieterverband sind die folgenden vier Schritte nötig:

1) Überprüfe deinen Mietzins
2) Stelle ein Herabsetzungsbegehren an die Vermieter
3) Warte die Antwort ab
4) Falls nötig: Reiche das Herabsetzungsbegehren an die Schlichtungsbehörde ein (Frist 30 Tage).

Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

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