Lob und Kritik für Bundesrat Gastrosuisse-Chef: «Geniessen wir für einmal den Tag»

SDA

12.5.2021

Parteien, Gewerbeverband, Gastrosuisse und die kantonalen Gesundheitsdirektoren: Alle begrüssen die geplanten weiteren Lockerungen des Bundesrats. Aber manche fordern mehr Tempo.

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Die SVP äussert von allen Parteien am deutlichsten ihr Unverständnis für die Bundesratspläne: «Es ist unbegreiflich, dass der Bundesrat nicht vorwärtsmacht», lässt sich Parteipräsident Marco Chiesa in einer Mitteilung zitieren. Die «Horror-Szenarien» des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und der Taskforce seien nicht eingetreten. «Im Gegenteil: Die Pandemie ist auf dem Rückzug, die Zahlen kollabieren regelrecht und immer mehr Menschen sind geimpft.»

Die SVP fordert deshalb, «dass die Einschränkungen nun endlich aufgehoben werden und die Menschen wieder mit Schutzkonzepten (Hygiene, Masken, Abstand, Contact Tracing) möglichst frei arbeiten und leben können», so Chiesa weiter. Dass der Bundesrat mit den Öffnungen noch einmal fast drei Wochen zuwarte, sei «reine Schikane».

FDP: Warum so lange warten?

Die FDP begrüsste ausdrücklich die Entscheide des Bundesrates zugunsten weiterer Lockerungsschritte und der langfristigen Planung für die Sommermonate. «Doch warum so lange warten, wenn sich die epidemiologische Lage so positiv entwickelt?», schreibt die Partei in einer Mitteilung. Denn jeder Tag, der länger gewartet werde, schade insbesondere der Gastronomie. «Sobald die Risikogruppen die Möglichkeit zur Impfung hatten, können weitere Lockerungen ins Auge gefasst werden.»

Zudem habe der Bund angekündigt, ein international anerkanntes Covid-Zertifikat bis Ende Juni umzusetzen. Um der Bevölkerung und den Unternehmen Planungssicherheit zu geben und die Bewegungsfreiheit zurückzuerhalten, sei es unumgänglich, dass dieser Termin eingehalten werde. «Beim Impfen darf nicht nachgelassen werden», schreibt Parteichefin Petra Gössi auf Twitter.

SP fordert «Impfgerechtigkeit»

Die SP zeigte sich erleichtert darüber, dass die epidemiologische Lage weitere Öffnungsschritte zulässt. Allerdings fordert die Partei «Impfgerechtigkeit». Es dürfe nicht sein, dass gerade jene Personen, die ohne Computerzugang in exponierten Branchen arbeiten, bei den Terminbuchungen leer ausgingen und somit später geimpft würden, teilt Co-Präsidentin Mattea Meyer in einem Communiqué mit.

Sich impfen zu lassen, sei ein Akt der Solidarität. Darum sei auch Flexibilität seitens der Arbeitgeber gefordert: Arbeitnehmende sollten ihre Impftermine nicht nur ausserhalb der Arbeitszeiten wahrnehmen müssen.

Auch auf globaler Ebene forderte die SP «Impfgerechtigkeit» und ein grösseres Engagement der Schweiz in der internationalen Pandemie-Bekämpfung. «Wir müssen dafür sorgen, dass die Patente auf Impfstoffe freigegeben werden», so Meyer weiter. Und: «Wenn wir aus dieser Pandemie rauskommen wollen, müssen wir mit der Nabelschau aufhören und dafür sorgen, dass sich der Rest der Welt möglichst rasch impfen kann. Wir sind erst sicher, wenn alle sicher sind.»

Mitte-Partei: Vorsichtig bleiben

Die Mitte-Partei gibt sich wortkarg: «Die nächsten Öffnungsschritte sind bekannt. Bleiben wir trotzdem vorsichtig. Solidarisch bleiben. Verantwortung übernehmen. Die Schweiz zusammenhalten», heisst es auf Twitter. Plakatartig ist eingeblendet: «Häsch din Impftermin scho reserviert?»

Grünen-Präsident Balthasar Glättlich schreibt auf Twitter, weitere vorsichtige Corona-Öffnungsschritte seien verständlich. Abstand, Masken, Tests, Impfungen und Vorsicht blieben aber zentral: Sonst würden die Lockerungen zum Bumerang. Allerdings sei das Infektions- und Erkrankungsrisiko für jüngere Personen so hoch wie im letzten Herbst. «Mit vor- und rücksichtigem Verhalten sollten wir auch darum alle mithelfen, die Fallzahlen zu senken», so Glättli.

Gastrosuisse ist erleichtert

Der Gastgewerbeverband Gastrosuisse begrüsst den bundesrätlichen Vorschlag, die Innenräume von Restaurants bald zu öffnen. «Wir sind erleichtert», sagte Verbandspräsident Casimir Platzer am Mittwoch vor den Medien. «Es geht in die richtige Richtung.» Das Gastgewerbe werde alles daran setzen, die Schutzkonzepte einzuhalten und Betreiber und Gäste für die Datenerfassung zu sensibilisieren.

Ein Wermutstropfen sei jedoch der angekündigte Zeitplan, sagte Platzer. Denn wenn der Bundesrat am 19. Mai einen Entscheid fälle, dann wäre eine Öffnung auf Pfingsten oder eine Woche später möglich gewesen. Doch «geniessen wir für einmal den Tag».

Das Schutzkonzept sei der Schlüssel für die Öffnung, sagte auch Gastrosuisse-Direktor Daniel Borner. Dieses werde nach dem Entscheid des Bundesrates noch leicht angepasst. Dass die Konsumation im Restaurant auch in den Innenräumen sicher sei, habe sich bereits im letzten Herbst und während der Wintersaison in der Hotellerie und in den Büezerbeizen gezeigt.

Entscheidend werde nun sein, dass die Gastgeber und die Gäste das Konzept konsequent umsetzten und sich an die Regeln hielten, sagte Borner. Er bitte deshalb alle Gäste, sich an die Hygiene- und Tracing-Regeln zu halten. 

Gewerbeverband will Öffnung per 17. Mai

Der Schweizerische Gewerbeverband begrüsste den Entscheid des Bundesrates, den Gastrobetrieben die Öffnung auch in Innenräumen zu erlauben. Insgesamt beurteilt der Verband den Öffnungsschritt als zu zögerlich, zu langsam und zu wenig weitgehend. In der Logik des gezielten Schutzes mit Schutzkonzepten sei eine vollständige Öffnung per 17. Mai möglich, heisst es in einer Twitter-Nachricht.

Der nach eigenen Angaben grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft forderte ausserdem die Aufhebung der besonderen Lage und die Auflösung der wissenschaftlichen Taskforce.

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Gesundheitsdirektoren sind erfreut

Positiv äusserte sich auch die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK). Sie begrüsst in einer Stellungnahme die Verabschiedung des Drei-Phasen-Modells durch den Bundesrat. Die schrittweise Öffnung sollte angesichts der fortschreitenden Impfung und mit Blick auf die epidemiologische Lage fortgeführt werden können.

Der Vorstand der GDK unterstütze mit Blick auf die epidemiologische Entwicklung auch weitere Erleichterungen. Er appelliere jedoch an den Bundesrat, die Anpassungen nicht zu rasch aufeinander folgen zu lassen.

Veranstalter, Schulen, Gastronomiebetriebe, Kultureinrichtungen, Sportvereine, aber auch Gäste und Teilnehmende könnten sich nicht alle zwei oder drei Wochen auf stets wechselnde Gruppengrössen, Quadratmeterzahlen, Kapazitätsbeschränkungen oder Schutzvorkehrungen ausrichten.