Aufruhr in Obersiggenthal AGWill Gemeinde Mann für Bauprojekt aus Haus drängen?
dmu
24.9.2024
Die Gemeinde will ein 200 Jahre altes Haus für eine Überbauung abreissen. Der Besitzer wehrt sich. Und auch der Kanton schaltet sich in den Streit ein.
dmu
24.09.2024, 16:04
Dominik Müller
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Für eine geplante Überbauung in Obersiggenthal AG müsste das Haus von Christian Mühldorfer weichen.
Dieser will jedoch seine Liegenschaft nicht verkaufen.
Daraus entsteht ein jahrelanges juristisches Hin und Her.
Der Kanton Aargau rügt die Gemeinde wegen Verfahrensfehlern.
Die Gemeinde Obersiggenthal AG will auf dem Sternenplatz eine neue Überbauung realisieren. Das Problem: Auf der Fläche, die für die Überbauung infrage käme, steht auch das Haus von Christian Mühldorfer.
Aber der 59-Jährige will sein 200 Jahre altes Anwesen, das im Erdgeschoss die Bar «3-Sternen» und in den oberen Stockwerken über vermietete Studios verfügt, nicht verkaufen. Damit er trotzdem einlenkt, bedienen sich die Behörden gemäss Mühldorfer juristischer Schikanen und Hausfriedensbruchs, wie «Blick» berichtet. «Weil ich nicht verkaufen will, macht man mich jetzt fertig», wird Mühldorfer zitiert.
2019 hat die Gemeinde eine Studie zum Bau der Überbauung in Auftrag gegeben. Das Resultat sind vier mögliche Varianten, in zwei davon muss das Haus von Christian Mühldorfer weg. Ein Kaufversuch scheitert, weil Mühldorfer mangels Verkaufsabsicht einen deutlich überhöhten Preis für die Liegenschaft nennt.
Erfundene Umbauten?
Danach habe das juristische Geplänkel begonnen. Mühldorfer habe noch im Jahr 2019 eine nachträgliche Baueingabe einreichen müssen – für Umbauten, die lange vor seiner Zeit passiert sind. Drei Jahre später seien ihm schliesslich unerlaubte Umbauten vorgeworfen worden, die nie stattgefunden hätten.
Wiederum zwei Monate danach verpasst Mühldorfer einen Termin mit der Gemeinde zur Brandschutzkontrolle. Die Vertreter der Behörden verschaffen sich trotzdem Zugang zum Haus, indem sie die Tür aufhalten, nachdem eine Mieterin aufschloss. Die Szene wird von einer Überwachungskamera festgehalten. Mühldorfer habe mittlerweile Anzeige erstattet.
Kanton rügt Gemeinde
Im März 2024 erhält Mühldorfer die nächste unerfreuliche Nachricht: «Aufgrund der Begehung, die ohne mich stattfand, wollte mir die Gemeinde per vorsorglichen Massnahmen die Neuvermietung meiner Zimmer verbieten», sagt er zu «Blick».
Zudem sei ihm die aufschiebende Wirkung entzogen worden, er habe sich entsprechend bis zum Abschluss des Verfahrens nicht beschweren dürfen. «Das kommt einer Enteignung auf Raten gleich», so der 59-Jährige. Er habe 45 Tage Zeit erhalten, um eine Baubewilligung nachzuliefern. «Hätte ich dies nicht geschafft, wäre ich jetzt wohl konkurs.»
Mühldorfer reicht eine schriftliche Beschwerde beim Kanton Aargau ein. Dieser rügt daraufhin die Gemeinde wegen unterlassener Protokolle, missbräuchlich verwendeten vorsorglichen Massnahmen und Falschinformationen.
Gemeinde wehrt sich
Die Gemeinde Obersiggenthal wehrt sich auf Anfrage von «Blick» gegen die Vorwürfe. Die Besichtigungen seien informell gewesen. Die vorsorglichen Massnahmen seien zudem nur getroffen worden, um die Situation abzuklären. Die weiteren Vorwürfe könne die Gemeinde aufgrund des laufenden Verfahrens nicht kommentieren.
Vor rund zwei Wochen habe sich die Gemeinde zum bisher letzten Mal bei Mühldorfer gemeldet: Man verzichte auf Rechtsmittel gegen den Entscheid des Kantons. Zeitnah soll aber eine Begehung der Liegenschaft organisiert werden. Affaire à suivre.