Milizsystem Gemeinden geht der Politik-Nachwuchs aus

sda/uri

7.2.2019

Junge Schweizerinnen und Schweizer zieht es wenig in die Exekutiven der Gemeinden. (Symbolbild)
Junge Schweizerinnen und Schweizer zieht es wenig in die Exekutiven der Gemeinden. (Symbolbild)
Bild: Keystone

In vielen Gemeinden können sich junge Menschen nicht mehr für Ämter begeistern. Dabei ist das Rekrutierungspotenzial laut einer Studie viel grösser als erwartet.

Viele Gemeinden haben Mühe, Nachwuchs für Gemeindeämter zu rekrutieren. Dabei wären viele junge Menschen durchaus bereit, sich zu engagieren. Abschreckend wirken der zeitliche Aufwand, veraltete Strukturen oder langfristige Verpflichtungen.



Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur, wie der Schweizerische Gemeindeverband in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt. Junge Erwachsene sind demnach in den Gemeindeexekutiven stark untervertreten: Letztes Jahr waren weniger als sechs Prozent der Exekutivmitglieder unter 35 Jahre alt.

Überraschend motiviert

Die Untersuchung zeigt aber auch, dass das Rekrutierungspotenzial grösser ist als erwartet. Viele Junge zeigen grundsätzlich politisches Interesse und können sich gut vorstellen, in der Gemeindepolitik aktiv zu werden. Motivierend ist die Aussicht, etwas bewegen zu können. Doch der Zeitaufwand, ineffiziente Sitzungen und Prozesse und auch mangelnde Wertschätzung dämpfen die Begeisterung.

Auf Basis dieser Erkenntnisse hat die HTW Chur ein Online-Tool für Gemeindeverwaltungen und Lokalparteien entwickelt. Je nach Ausgangslage wird aus über 80 Massnahmen ein für die Gemeinde massgeschneidertes Paket zusammengestellt, um die Nachwuchsförderung zu verbessern.



Dazu gehört zum Beispiel die gezielte Ansprache junger Kandidatinnen und Kandidaten, aber auch Unterstützung bei der Wahl. Viele Gemeinden haben reformbedürftige Strukturen. So kann es angezeigt sein, den Zeitaufwand zu begrenzen, Abläufe effizienter zu machen, Gestaltungsmöglichkeiten zu erweitern oder höhere Entschädigungen auszurichten. Das Tool steht unter promo35.ch online zur Verfügung.

Pfeiler des Erfolgsmodells

Der Gemeindeverband erhofft sich davon Rückenwind für das Milizsystem. Dieses gehöre zum republikanischen Erbe der Schweiz und sei ein wichtiger Pfeiler des schweizerischen Erfolgsmodells.

Der Gemeindeverband hat das Jahr 2019 zum «Jahr der Milizarbeit» erklärt. Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs wurden 19 Vorschläge eingereicht, wie die Attraktivität des Milizsystems gesteigert werden könnte.

Dazu gehören die Steuerbefreiung von Entschädigungen, die Anrechenbarkeit an die Wehrpflicht oder die Nutzung digitaler Hilfsmittel, um zum Beispiel Sitzungen ohne physische Präsenz abhalten zu können. Auch Miliz-Influencer werden thematisiert, die potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten für ein politisches Engagement begeistern sollen. Die zehn besten Ideen werden am 26. Februar in Zürich vorgestellt und prämiert.

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