Steigende Gesundheitskosten Haben SP und Mitte das Allheilmittel gefunden? Der Bundesrat ist skeptisch

Von Lia Pescatore

30.5.2022

Stopp den steigenden Kosten: Eine Kostenbremse soll den Anstieg der Gesundheitskosten und der Krankenkassenprämien hemmen: Das fordert die Mitte-Partei mit ihrer Initiative, eingereicht im März 2020.
Stopp den steigenden Kosten: Eine Kostenbremse soll den Anstieg der Gesundheitskosten und der Krankenkassenprämien hemmen: Das fordert die Mitte-Partei mit ihrer Initiative, eingereicht im März 2020.
Keystone/Anthony Anex

Die Gesundheitskosten steigen und steigen und damit auch die Prämien – ein Gegenmittel fehlt. Zwei Initiativen von Mitte und SP wollen diese Lücke füllen. Ab morgen sind sie Thema an der Sommersession. 

Von Lia Pescatore

Der Kampf gegen die steigenden Gesundheitskosten erscheint wie ein Kampf gegen Windmühlen. Die Kosten sind laut der Auflistung des Bundesamts für Statistik seit 1960 konstant angestiegen, von zwei Milliarden Franken auf über 80 Milliarden seit dem Jahr 2018.

Über zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts fressen die Gesundheitskosten heute und werden so zu einer immer grösseren finanziellen Belastung für die Bevölkerung.

Ausgangslage: Kosten und Prämien steigen

Zwar sind 2022 die Krankenkassenprämien erstmals seit 2008 gesunken, doch für nächstes Jahr warnt der Krankenkassen-Dachverband Santésuisse bereits vor einem «Prämienschock», einer Erhöhung von bis zu zehn Prozent.

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Grund dafür sind eben die Gesundheitskosten, die nach der Pandemie besonders markant angestiegen sind und noch immer ansteigen. Eine Trendwende ist auf die Schnelle nicht in Sicht. Die Massnahmen des Bundes zeigen bisher kaum Wirkung oder stecken noch in der Debatte im Parlament fest.

Mit der Mitte und der SP wollen gleich zwei Parteien das Thema mithilfe einer Initiative anpacken. Das klare Ziel beider: Die Prämien sollen bezahlbar bleiben. Sie wählen jedoch verschiedene Ansätze. 

Mitte: Gesundheitskosten bremsen

Die Initiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen», die ab morgen im Nationalrat behandelt wird, stammt von der Mitte-Partei. Sie will eine Kostenbremse einführen, die garantiert, dass die Kosten im Gesundheitswesen nicht stärker steigen als die Entwicklung des Durchschnittslohns. Ist dies binnen zwei Jahren nicht der Fall, müssen der Bundesrat und die Kantone Gegensteuer geben. 

Gegenvorschlag: Kostenziele 

Der Bundesrat unterstützt zwar das Anliegen, die Kosten zu dämpfen. An der Initiative der Mitte kritisiert der Bundesrat aber, dass die Kostenbremse «zu starr» sei. Die Koppelung der Gesundheitskosten an die Gesamtwirtschaft und an die Löhne greife zu kurz, da teilweise ein erhöhtes Wachstum gerechtfertigt sei.

Statt einer fixen generellen Kostenbremse sollen Bund und Kantone jährlich Kostenziele festsetzen, für die Gesundheitskosten insgesamt, aber auch für einzelne Blöcke der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, zum Beispiel der ambulanten Behandlung im Spital, oder die Arzneimittel. 

Werden die Kosten in einem Block überschritten, liege es je nach Zuständigkeit an der Kantonsregierung oder dem Bundesrat, Massnahmen zu ergreifen, wo notwendig.

Der Bundesrat hat den Vorschlag nicht neu ausgearbeitet, sondern aus einem seiner Massnahmenpakete extrahiert.

SP: Prämien bremsen

Die Initiative der SP mit dem Titel «Maximal zehn Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien» setzt gleich bei den Krankenkassenprämien an: Sie will festschreiben, dass keine versicherte Person mehr als zehn Prozent ihres Einkommens für die Krankenkassenprämie ausgeben muss. Bund und Kantone sollen dabei für die Lücken aufkommen: Der Bund soll mindestens zwei Drittel der Kosten tragen, die Kantone den Rest. Behandelt wird die Initiative erst in der dritten Sessionswoche. 

Gegenvorschlag: Kantonale Geldspritze

Auch diese Initiative lehnt der Bundesrat ab. Die SP-Initiative setze keine Anreize, wie die Gesundheitskosten eingedämmt werden könnten. Doch genau hier liege ja der Hund begraben. 

In seinem indirekten Gegenvorschlag nimmt der Bundesrat darum vor allem die Kantone in die Pflicht: Einerseits sollen sie einen gewissen Prozentsatz der kantonalen Gesundheitskosten an die Prämienverbilligung beisteuern. Andererseits soll eben diese Koppelung des Betrags an die Kosten die Kantone motivieren, die Gesundheitskosten weiter zu senken. 

Die Erfolgschancen: Klein

Dass etwas gegen die steigenden Gesundheitskosten unternommen werden muss, darüber ist man sich im Parlament einig. Jedoch haben die beiden Initiativen nur wenig Rückhalt, auch die Gegenvorschläge des Bundesrates sind umstritten – ein Allheilmittel im Kampf gegen die scheinbaren Windmühlen liefern sie darum kaum.