Wahlunterlagen zu spät Hätten Auslandschweizer die Kampfjets abgestürzt?

tafi

30.9.2020

Die neuen Kampfjets stürzten bei der Abstimmung am Sonntag nur knapp nicht ab. Allerdings: Viele Auslandschweizer konnten nicht abstimmen. (Symbolbild)
Die neuen Kampfjets stürzten bei der Abstimmung am Sonntag nur knapp nicht ab. Allerdings: Viele Auslandschweizer konnten nicht abstimmen. (Symbolbild)
KEYSTONE/URS FLUEELER

Viele Auslandschweizer konnten am Sonntag nicht abstimmen: Ihre Wahlunterlagen kamen zu spät oder gar nicht an. Vor allem beim knappen Kampfjet-Resultat hätten ihre Stimmen den Unterschied machen können.

Es ist müssig, darüber zu spekulieren, ob das Ergebnis bei der Kampfjet-Abstimmung ein anderes gewesen wäre, wenn alle der 190'000 stimmberechtigten Auslandsschweizer ihre Stimme hätten abgeben können. Möglich ist es allemal, schliesslich fiel das Ergebnis so knapp aus wie noch nie bei einer nationalen Vorlage. Am Ende erreichten die Kampfjets dank 8'670 Stimmen Vorsprung knapp den Fliegerhorst.

Dass in einer Demokratie jede einzelne Stimme zählt, war selten so deutlich wie am Sonntag. Allerdings: Viele Auslandschweizer konnten nicht abstimmen. Sie erhielten die Wahlunterlagen zu spät oder gar nicht, berichtet watson.ch und spekuliert, dass das Resultat ein anderes hätte sein können. In den Kantonen, die die Stimmen der Auslandschweizer separat ausweisen, stimmten 51,1 Prozent der Expats gegen neue Kampfjets.



Dass Wahlunterlagen das Stimmvolk im Ausland nicht rechtzeitig erreichen, «kommt immer wieder vor», sagt Jézael Fritsche von der Auslandschweizer-Organisation (ASO) bei watson.ch. Weil Wahlunterlagen teilweise zu spät bei den im Ausland lebenden Tessinern eingetroffen seien, hatte zuletzt der Tessiner Anwalt und CVP-Politiker Gianluca Padlina Rekurs gegen den zweiten Wahlgang der Ständeratswahl im Südkanton eingelegt und die Annullierung sowie eine Wiederholung des zweiten Wahlgangs gefordert.

Am 17. November 2019 hatte CVP-Urgestein Filippo Lombardi seinen Platz im Stöckli an die SP-Politikerin Marina Carobbio Guscetti verloren: 46 Stimmen betrug der Unterschied zwischen den beiden.

Corona verschärft das Postproblem

Das Bundesgericht hat die Beschwerde Anfang September zwar zurückgewiesen, das Zustellungsproblem ist damit aber nicht aus der Welt. Durch die Coronapandemie ist es bei den Abstimmungen am 27. September sogar besonders gravierend.

«Ich gehe davon aus, dass rund 30'000 Auslandschweizer ihre Abstimmungsunterlagen nicht oder zu spät erhalten haben», schätzt Katja Wallimann Gates, Delegierte des Auslandschweizerrats in der «Aargauer Zeitung». Die Zürcherin lebt seit 25 Jahren in Australien und war selbst betroffen.

Dabei hatte der Bundesrat den Kantonen sogar erlaubt, die Stimmcouverts eine Woche früher als üblich zu versenden. Laut Wallimann Gates seien die Unterlagen lediglich in Europa und Nordamerika rechtzeitig eingetroffen. In Australien hingegen hätten nur neun Prozent der Stimmberechtigten das Abstimmungsbüchlein früh genug erhalten. Auch in anderen Regionen habe es massive Probleme mit der Postzustellung gegeben. In einigen Ländern habe die Post wegen der Coronapandemie gar keine Sendungen angenommen.

«Wählerwillen wurde verfälscht»

«Es ist so, als ob die Einwohner einer Stadt in der Grösse von Zug oder einem kleinen Halbkanton nicht abstimmen könnten. Das ist eine Verfälschung des Wählerwillens», schimpft Wallimann Gates und hofft, dass die Auslandschweizer in Zukunft per E-Voting im Internet abstimmen können.

Wegen Sicherheitsbedenken sind entsprechende Systeme jedoch zurzeit nicht zugelassen. Eine Taskforce des Bundes arbeitet an einer Lösung, und das wird höchste Zeit, findet Katja Wallimann Gates: «Wir Auslandschweizer sind darauf angewiesen, denn auch vor Covid-19 trafen Wahl- und Abstimmungsunterlagen bei vielen immer wieder zu spät ein.»

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