Offene Restaurant-Terrassen «So schön, dass wir uns wieder so treffen können»

Von Lukas Meyer und Gil Bieler

19.4.2021

Endlich wieder mal ein Kaffee oder ein Zmittag auswärts! Die wiedereröffneten Restaurant-Terrassen haben viele Gäste angelockt. Ein Stimmungsbericht aus Zürich und Winterthur.

Von Lukas Meyer und Gil Bieler

19.4.2021

Corona-Trott as usual: Noch im Halbschlaf führen die Schritte den Journalisten morgens zum Wasserkocher in der Küche. Aber Moment einmal: Heute liegt ja ein richtiges Gebräu in einem Café drin! Flugs wird der Instant-Kaffee wieder im Schrank verstaut, und ab geht es nach draussen. Die Wetterprognosen sind nicht gerade berauschend: ein bisschen Sonne, um die 12 Grad, möglicherweise Regen. Doch schon am frühen Morgen drückt die Sonne durch und lässt auf einen schönen Tag hoffen.

Gegen 10 Uhr liegt vieles an der Zürcher Bahnhofstrasse noch im kühlen Schatten. Vereinzelt sitzen die Gäste dick eingepackt bei Kaffee und Zigaretten vor den Lokalen. Anders sieht es auf dem Münsterhof aus, der voll an der Sonne liegt. Die Cafés haben ihre Tische mit grossem Abstand zwischen die öffentlichen Sitzgelegenheiten gestellt – beides wird rege genutzt. Vor dem hippen Vicafé hat sich bereits die übliche Schlange gebildet.

In den anderen Cafés wird man bedient, Kaffee und Laugengipfel stehen schnell auf dem Tisch und schmecken in dieser Kulisse gleich doppelt so gut. Diese Kombi ist auch anderen Tischen beliebt, teils bestellen die Gäste einen Brunch-Teller mit Lachs. Im Inneren des Cafés stehen die Tische, als wären sie schon bereit für Gäste, die Zeitungen stecken wie gewohnt im Halter. Immerhin darf man drinnen aufs WC.

Ansonsten ist in der Zürcher Innenstadt an diesem Morgen nicht allzu viel los. Einige Restaurants machen erst für den Mittag auf und bereiten ihre Terrassen vor, andere warten ein paar Tage länger. Das Wetter soll ja noch besser werden.

«Hallo, ich bin gerade beim Kaffee. Auf der Terrasse!»

In der Winterthurer Altstadt herrscht morgens schon reger Betrieb. Viele Lokale nutzen die Möglichkeit, ihre Terrassen wieder in Betrieb zu nehmen. Und das Bedürfnis bei Flaneur*innen, mal wieder einzukehren, ist gross: Ein leerer Tisch bleibt vor dem Café Alltag nicht lange verwaist. Das sonnige Wetter lädt ja auch zum Kaffeetrinken ein. Die für Gfrörli bereitgelegten Decken bleiben unberührt.

Zweierlei fällt auf. Erstens: Wie diszipliniert die Leute ihre Maske aufbehalten, wenn sie nicht gerade an ihrem Getränk nippen oder einen Zug von der Zigi nehmen. So sehen es die Corona-Regeln vor. Und zweitens: die grosse Freude über dieses wiedererlangte Stück Lebensqualität. «Hallo, ich bin gerade beim Kaffee», flötet die Tischnachbarin ins Handy, als sie einen Anruf annimmt, und betont dann extra: «Auf der Terrasse!» Von einem anderen Tisch schallt es: «So schön, dass wir uns wieder so treffen können!»

Und ja, der richtige Kaffee aus einer richtigen Tasse schmeckt dann doch etwas besser als die Instant-Pulver-Produktion daheim oder der Coffee-to-go aus dem Kartonbecher, und er ist erst noch appetitlicher dekoriert. Entsprechend rasch ist die Tasse leer und wird bezahlt. Die Bedienung hat viel zu tun an diesem Vormittag, ist aber dennoch gut drauf. Weiss sie nach all den Wochen die Preise noch auswendig? «Da muss ich schon noch etwas mehr nachdenken als sonst», gesteht sie mit einem Lächeln.

Jetzt heisst es aber aufbrechen: Zum Zmittag haben sich die beiden Journalisten in Zürich verabredet.


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Zmittag an der Sonne

11 Grad ist die Temperatur an der Europaallee gemäss der Anzeige vor dem Kino Kosmos, an der Sonne ist es langsam angenehm. Die Tische in den Aussenbereichen füllen sich gegen 12 Uhr bereits, die Lust auf einen Zmittag in der Beiz ist in Zürich wie überall in der Schweiz gross. Die Journalisten steuern ein Restaurant am Ende der Reihe an, schon fast an der Langstrasse. Wir steuern den letzten freien Tisch an der Sonne an.

Noch bevor wir uns setzen können, klärt uns die Bedienung über die Spielregeln auf: «Bei uns herrscht Maskenpflicht, ausser während der Konsumation.» Erst fühlen wir uns bei einem Fauxpas ertappt, doch schnell zeigt sich: Das Erinnern an die geltenden Corona-Bestimmungen zählt an diesem Montag zum normalen Prozedere.

Als zwei Herren am Nachbartisch einmal längere Zeit schutzmaskenlos diskutieren, ist die Bedienung gleich zur Stelle. «Das ist aber nicht gut für meine Lunge», meint einer der beiden im Scherz, da er so nicht genug zum Rauchen komme. Ebenfalls wichtig: Die Tische müssen jeweils desinfiziert werden, bevor sich neue Gäste hinsetzen dürfen. Daher müssen zwei junge Damen kurzum wieder aufstehen und warten.

Der Service ist routiniert und hat die Sache im Griff, das Essen kommt bald und in hoher Qualität. Kein Wunder: Das Restaurant gehört zu einem Hotel, dessen Gäste auch drinnen essen dürfen, was an diesem Mittag aber fast niemand macht. Um den Journalisten noch ein paar Fragen zu beantworten, hat leider niemand Zeit: Es herrscht halt Mittagsbetrieb, und zwar nicht zu knapp. Das sei den Gastwirten nach der langen Zwangspause mehr als gegönnt.