Gegenwind für Keller-Sutter Hat doch das Parlament das letzte Wort zum CS-Deal?

gbi

15.4.2023

Bundesrätin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat vom Nationalrat keine Zustimmung erhalten zum Vorgehen für die Rettung der Grossbank CS.
Bundesrätin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat vom Nationalrat keine Zustimmung erhalten zum Vorgehen für die Rettung der Grossbank CS.
Bild: Keystone

Für Finanzministerin Karin Keller-Sutter ist klar: Die 109 Milliarden Franken schweren Garantien des Bundesrats für die CS-Rettung sind gültig, obwohl das Parlament Nein gesagt hat. Rechtsexperten sind sich dagegen uneins.

gbi

15.4.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das Nein des Parlaments zu den Notkrediten für die CS-Rettung habe keine rechtlichen Folgen, sagt der Bundesrat.
  • Rechtsexperte Andreas Kley widerspricht dem: Das Parlament müsse zwingend zustimmen.
  • Andere Rechtsgelehrte widersprechen, orten aber offene Fragen.
  • Auch SVP, Grüne und SP, die im Parlament gegen die Kredite gestimmt haben, lassen nicht locker: Sie fordern Klarheit.

Die Rettungsaktion für die Credit Suisse hat der Bundesrat in aller Eile per Notrecht beschlossen. Das gilt auch für die zugesicherten Notkredite: 100 Milliarden Franken sagte die Regierung der Nationalbank zu, weitere 9 Milliarden Franken der UBS für allfällige Verluste durch die Übernahme der CS. 

Das Parlament sollte diese Kredite an der ausserordentlichen Session diese Woche nachträglich absegnen, stellte sich aber quer: Eine Allianz aus SVP, Grünen und SP schickte das Geschäft im Nationalrat bachab.

Halb so wild, wiederholt zu diesem Szenario seit jeher Bundesrätin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Auch nach dem Parlamentsentscheid bleibt sie dabei: «Das wird keine Konsequenzen haben, weil nach der gültigen Rechtsauslegung ist es so, dass diese Kredite verpflichtend sind», sagte sie am Rande des IWF-Frühjahrstreffens in Washington am Freitag ins Mikrofon von SRF. 

Doch unter Rechtsgelehrten gibt es Zweifel an dieser Darstellung. Und auch SVP, Grüne und SP wollen sich noch nicht geschlagen geben.

Alles zurückbuchstabieren?

Den Stein ins Rollen gebracht hat Andreas Kley, Professor für öffentliches Recht an der Universität Zürich. Er sagte am Freitag zu «20 Minuten», der Bundesrat brauche zwingend die Zustimmung des Parlaments, weil dieses «rechtsverbindlich» das letzte Wort habe. Dass die sechsköpfige Finanzdelegation des Parlaments (FinDel) am Tag der dramatischen Rettungsaktion, dem 19. März, dem Deal zugestimmt hatte, reiche nicht. 

Kley hält fest: «Der Bundesrat darf den Vertrag mit der UBS über die neun Milliarden nicht unterschreiben. Und vom bereits unterzeichneten Vertrag über die 100 Milliarden an Garantien, welche die Nationalbank der UBS gewährt, müsste der Bundesrat eigentlich zurücktreten.»

Anders sieht die Sache Andreas Glaser, Professor für Staatsrecht an der Universität Zürich. Zu «20 Minuten» sagt er, eine vollständige Rückabwicklung wäre wohl unnötig.

Entscheidend sei, zu welchem Grad die Verpflichtungen des Bundes bereits vertraglich geregelt seien. «Vermutlich dürften den Garantien Verträge mit der UBS zugrunde liegen, möglicherweise auch nur mündlich oder in Form einer gegenseitigen Zusicherung. Nur dass die Details noch nicht ausverhandelt wurden, spricht nicht gegen eine wirksame Verpflichtung des Bundes.» Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) könnte solche Fragen klären, so sie denn eingesetzt wird. 

An derselben Stelle setzt auch Peter Hettich von der Universität St. Gallen an – die Ausgangslage sei zumindest diffus, sagt er zur NZZ. Weil die Verträge zwischen Bundesrat und UBS nicht öffentlich einsehbar seien, bleibe unklar, wie verbindlich die Zusagen des Bundes seien, so der Professor für öffentliches Wirtschaftsrecht und Direktor.

Gregor Rutz: «Es muss jetzt geklärt werden, was gilt»

Jene Parteien, die an der ausserordentlichen Session des Parlaments gegen die Notkredite gestimmt haben, fühlen sich bekräftigt: Der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz kündigt im «TagesAnzeiger» bereits an, dass er kommende Woche in der Staatspolitischen Kommission einen Antrag stellen wolle, diese rechtlichen Fragen zu klären – wenn nötig unter Einbezug von Expert*innen. «Es muss jetzt geklärt werden, was gilt.»

Grünen-Nationalrätin Natalie Imboden sowie SP-Nationalrätin Céline Widmer, die beide ebenfalls der Kommission angehören, wollen diese Stossrichtung unterstützen. «Wir beantragen die Thematisierung, ob die parlamentarischen Rechte im aktuellen Notrechtsregime gewahrt wurden oder ob Anpassungen nötig sind», sagt Imboden.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi fordert in der NZZ einen generellen Marschhalt: «Bevor der Bundesrat mit der UBS den Vertrag über die 9-Milliarden-Garantie abschliesst, muss er diesen zwingend für einen erneuten Genehmigungsversuch dem Parlament unterbreiten», meint der Zuger Nationalrat.

Das zeigt: All der Staub, der durch die Rettungsaktion für die Credit Suisse aufgewirbelt wurde, dürfte sich also nicht allzu schnell wieder legen. 

Nationalrat lehnt CS-Notkredite auch im zweiten Anlauf ab

Nationalrat lehnt CS-Notkredite auch im zweiten Anlauf ab

Nach dem Nein zu den 109-Milliarden-Franken-Krediten im Zusammenhang mit der Fusion von CS und UBS am Dienstagabend hat der Nationalrat am Mittwoch seinen Entscheid bestätigt. Damit fehlt dem Bankendeal der parlamentarische Segen. Direkten Einfluss hat das aber nicht.

12.04.2023

Deine Meinung interessiert uns

Was denkst du zum Hickhack um die Milliardenhilfen für die CS-Rettung? Schreib einen Kommentar zum Thema.