Angezählt nach Washington? «Keller-Sutter wird für diesen Kraftakt Lob einheimsen»

Von Gil Bieler und Monique Misteli

13.4.2023

Bundesrätin Karin Keller-Sutter (r.) bespricht sich an der ausserordentlichen Session mit Daniela Stoffel, Staatssekretärin für internationale Finanzfragen.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter (r.) bespricht sich an der ausserordentlichen Session mit Daniela Stoffel, Staatssekretärin für internationale Finanzfragen.
Bild: Keystone

Kaum war die Session zur CS vorbei, reist Finanzministerin Karin Keller-Sutter an ein IWF-Treffen in Washington. Bringt die Niederlage im Parlament sie dort in Erklärungsnot? Ein Politik-Analyst ordnet ein.

Von Gil Bieler und Monique Misteli

13.4.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Finanzministerin Karin Keller-Sutter warb an der zweitägigen Session im Bundeshaus für Unterstützung zum Bundesrats-Deal, mit dem die Credit Suisse gerettet wurde.
  • Am Ende sagte aber der Nationalrat Nein zu den Bundesgarantien über 109 Milliarden Franken. Eine Allianz aus SVP, Grünen und SP setzte dies durch.
  • Das Votum hat nur symbolischen Charakter, stellt aber dennoch eine Rüge an den Bundesrat dar.
  • Gereicht dies Keller-Sutter an einem IWF-Treffen in Washington zum Nachteil? Politik-Analyst Mark Balsiger glaubt das nicht.

Sie wäre bestimmt lieber mit anderen Schlagzeilen nach Washington aufgebrochen. Dort nimmt Bundesrätin Karin Keller-Sutter ab Donnerstag an der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe (WBG) teil. 

Doch nun muss die Finanzministerin ihren Kolleg*innen aus aller Welt erklären, wieso das Parlament sich gegen Finanzhilfen für die Fusion von UBS und Credit Suisse wehrt. Und das ausgerechnet zu einer Zeit, in der der Schweizer Finanzplatz mit Argusaugen beobachtet wird.

Entsprechende Sorgen ums Renommee der Schweiz wurden an der zweitägigen Session im Bundeshaus gleich mehrfach geäussert.

Sorge vor einem Reputationsschaden

Eine Ablehnung der Rettungskredite durch das Parlament wäre ein «Reputationsschaden» für das Land, warnte etwa Nationalrat Hans-Peter Portmann (FDP/ZH). Auch FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger (BL) appellierte: «Je rascher wir das Vertrauen wieder aufbauen, das die Schweiz und der Bankenplatz in der Krise verloren haben, desto besser.»

So eifrig Keller-Sutters Partei – die FDP – sowie Mitte und GLP auch für ein Ja warben, am Ende verweigerten SVP, Grüne und SP die Zustimmung. Das Parlament stellt sich damit quer. 

Das sei halb so wild, sagt der Politik-Analyst Mark Balsiger zu blue News. «Natürlich wird das Nein des Schweizer Parlaments auf der internationalen Bühne wahrgenommen. Mehr als eine Randnotiz wird es allerdings nicht sein, weil allen klar ist, dass es keine Auswirkungen hat.»

Faktisch ändert sich durch den Parlamentsentscheid in der Tat nichts, die Milliardengarantien des Bundes sind gültig und das Geld fliesst im Ernstfall. Das Votum hat lediglich symbolischen Charakter. 

«Entscheidend ist aus internationaler Perspektive, dass die offizielle Schweiz, die Credit Suisse nicht untergehen liess. Die Finanzministerin wird für diesen Kraftakt Lob einheimsen», glaubt Balsiger. 

Niemanden «auch nur im Subtext» kritisiert

Karin Keller-Sutter habe während der ausserordentlichen Session einen guten Job gemacht, attestiert ihr der Politologe. «Sie hatte – wie immer – einen klaren Plan. Das beeindruckte Freund und Feind.»

Die Finanzministerin habe auch darauf geachtet, niemanden «auch nur im Subtext zu kritisieren». Stattdessen habe sie unverdrossen für den Weg geworben, den der Bundesrat mit Notrecht eingeschlagen habe.

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Nach dem Nein zu den 109-Milliarden-Franken-Krediten im Zusammenhang mit der Fusion von CS und UBS am Dienstagabend hat der Nationalrat am Mittwoch seinen Entscheid bestätigt. Damit fehlt dem Bankendeal der parlamentarische Segen. Direkten Einfluss hat das aber nicht.

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Bemerkenswert findet Balsiger, «dass mit der SVP und der SP die beiden grössten Parteien im Parlament ihre vier Bundesräte im Stich liessen». Es stelle sich die Frage, «weshalb diese vier Bundesratsmitglieder nicht auf ihre Fraktionen einwirkten, um doch noch ein Ja zu diesem Geschäft hinzubringen?»

«Massnahmen zur Wahrung der Finanzstabilität» erklären

Nach Washington wollte Keller-Sutter am Donnerstagmorgen abreisen. Zur Mittagszeit (Ortszeit) hat sie einen Auftritt vor den Finanzminister*innen der G20-Länder, wie das Eidgenössische Finanzdepartement auf Anfrage von blue News bestätigte. 

«Die Schweiz legt ihre jüngsten Massnahmen zur Wahrung der Finanzstabilität dar», heisst es in einer Medienmitteilung von Anfang April zum Programm in Washington. Keller-Sutter leisten dabei Bundesrat und Aussenminister Ignazio Cassis sowie Nationalbankpräsident Thomas Jordan Verstärkung.

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