VBS prüft Massnahmen Offizier soll im Zug über Amherd gelästert und Geheimnisse verraten haben

uri

5.5.2022

Im Zug von Bern nach Zürich hat ein Mitarbeiter des Armeestabs lautstark am Telefon Interna ausgeplaudert. (Symbolbild)
Im Zug von Bern nach Zürich hat ein Mitarbeiter des Armeestabs lautstark am Telefon Interna ausgeplaudert. (Symbolbild)
Bild: Keystone

In einem vollen Zug zwischen Bern und Zürich spricht ein Mitarbeiter des Armeestabs lautstark am Telefon über Einschätzungen der Armee zur Lage in der Ukraine und zieht über die Bundesräte Amherd und Cassis her. 

uri

5.5.2022

In einen voll besetzten Pendlerzug zwischen Bern und Zürich steigt auch ein hochrangiger Mitarbeiter des Armeestabs zu – und platziert sich nichtsahnend neben einem Journalisten. Zunächst arbeitet der Mann geräuschlos am Laptop, bis er einen Anruf annimmt und so laut spricht, dass er «auch in den Abteilen davor, dahinter und auf der anderen Gangseite zu verstehen ist», wie die Zeitungen von CH Media berichten.

Der Offizier unterhält sich demnach mit einem Bekannten und schildert hier «aus unserer Sicht», dass Putin nicht irrational handle. So sei der Kreml-Chef mit der erfolglosen Köpfungsstrategie zur Entfernung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein abschätzbares Risiko eingegangen. Man gehe davon aus, dass Putin auf Berater höre und die Strategie veränderten Bedingungen anpassen könne.

Amherd und Cassis als «schwache Figuren» bezeichnet

Danach lästert der Schweizer Offizier offenbar über Verteidigungsministerin Viola Amherd und Aussenminister Ignazio Cassis, die er als «schwache Figuren» bezeichnet, die sich in der Krise «in eine Schneekugel verkriechen würden». Die Bundesräte hätten ein «Küchenkabinett» um sich geschart und würden nur auf dessen Mitglieder hören.

Weiter geht es im Gespräch um eine Offerte, die der Anrufer dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) machen will. Der Offizier gibt hier Hinweise, wie diese aufgebaut sein soll und schärft seinem Gesprächspartner ein: «Du musst kurz und präzise sagen, weshalb es genau euch braucht.» Auch erklärt er, dass die Ansprechperson beim NDB «mit Arbeit eingedeckt» sei.

Auch sprechen die Männer über den NDB-Kontakt und dessen E-Mail-Adresse und ob sich der Anrufer hier auf den Offizier berufen dürfe. Dieser verneint, da es ihm unangenehm sei. Obwohl im Gespräch Name und andere Informationen der Person beim NDB ausgelassen werden, kann der CH-Media-Journalist aus den gemachten Angaben rekonstruieren, dass es sich wahrscheinlich um Christian Dussey handeln muss, der seit Anfang April neuer Direktor des Nachrichtendienstes ist.

Verwarnung bis fristlose Kündigung möglich

Nachdem das Telefonat beendet ist, klingelt es kurz darauf erneut beim Offizier, wie es im Bericht heisst. Dieses Mal plaudert der Mann demnach freimütig über eine Unterhaltung mit Christian Lanz, dem Schweizer Verteidigungsattaché in Stockholm. Er schildert, wie er sich bei Lanz über die laufenden Diskussionen in Finnland und Schweden über einen Nato-Beitritt kundig gemacht habe und erklärt, er werde mit den Informationen einen Bericht für Pälvi Pulli, die oberste Sicherheitsberaterin des Bundes, erstellen.

Der Vorgang könnte schwerwiegende Konsequenzen für den gesprächigen Offizier nach sich ziehen. «Sollte das geschilderte Verhalten zutreffen, so lägen diverse Regelverstösse vor, die intolerabel sind», sagte Armeesprecher Daniel Reist zu CH Media. Ebenfalls seien negative Äusserungen über Vorgesetzte in der Öffentlichkeit seitens Mitarbeitenden nicht zu akzeptieren, so Reist.

Gegen den Mann sei bereits eine formelle Befragung eingeleitet worden. Im Anschluss würden entweder eine Disziplinaruntersuchung beauftragt oder personalrechtliche Massnahmen ergriffen. Diese könnten von einer Verwarnung bis zur fristlosen Kündigung reichen. Laut Reist gelte bis zum Abschluss der Untersuchung aber die Unschuldsvermutung. Zudem sei noch nicht geklärt, ob der Offizier im Armeestab geheime Informationen preisgegeben habe.