Teufelsaustreibungen Bistum Chur schafft Exorzisten-Posten ab

Monique Misteli

26.11.2022

Bischof Bonnemain lässt  im Bistum Chur keine grossen Exorzismen durchführen
Bischof Bonnemain lässt  im Bistum Chur keine grossen Exorzismen durchführen
Keystone

Bischof Bonnemain lässt im Bistum Chur keine grossen Exorzismen mehr durchführen. Er sieht andere Mittel als geeigneter.

Monique Misteli

Mit Hilfe eines Kruzifixes, Weihwasser und einem Gebetbuch hat Christoph Casetti jahrelang vermeintlich besessene Personen von bösen Geistern, Dämonen oder gar dem Teufel befreit.  Im Februar 2020 verstarb er im Alter von 76 Jahren.

Seit Freitag ist klar: Christoph Casetti bleibt vorläufig der letzte Exorzist der im Bistum Chur tätig war. Denn der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain will die durch den Tod Casettis freigewordene Exorzisten-Stelle nicht mehr neu besetzen – obwohl der Bischof aus religiösen Gründen nicht ausschliessen kann, dass Dämonen oder der Teufel auch in Graubünden ihr Unwesen treiben.

Exorzismus

Die katholische Kirche unterscheidet zwischen dem kleinen und dem grossen Exorzismus.

Beim kleinen Exorzismus beten Betroffene das «Vaterunser» – und dort insbesondere die Worte «und erlöse uns von dem Bösen».

Beim grossen Exorzismus werden die bösen Geister direkt angesprochen. Wichtigste Utensilien im Kampf gegen das Böse sind dann das Kruzifix, ein Gebetbuch und Weihwasser. Der Exorzist muss allerdings erst abklären, ob die betroffene Person ein psychisches Problem hat – auch mit Hilfe von medizinischen Experten. Auch der Bischof muss einen grossen Exorzismus in jedem Fall absegnen.

«Es gibt auch normale Lösungen»

Für Bonnemann ist klar: Der Umgang mit angeblich besessenen Personen muss isch ändern. «Für die meisten Probleme müssen wir keine aussergewöhnlichen Ursachen suchen», sagt der Theologe und Arzt dem SRF. Wir alle seien Menschen mit Stärken und Schwächen, die es im Leben ab und an schwer hätten, so Bonnemain. «Wer mit schwierigen sozialen, beruflichen oder gesundheitlichen Situationen konfrontiert ist, für den gibt es normale Lösungen.» Für den 74-Jährigen bedeutet das: medizinische, psychologische oder psychotherapeutische Hilfe.

«Eldorado vom Exorzismus»

Das ist eine neue Sichtweise für das Bistum Chur. Noch vor fünf Jahren galt das Bistum Chur als «Exorzismus-Mekka» für den Religionsexperten Georg Schmid. Im SRF-Informationsmagazin «Rundschau» sagt er, dass Menschen aus Deutschland, denen in ihren eigenen Bistümern Exorzismus verwehrt würde, dafür nach Chur reisen würden. Schmid sagte damals: «Man könnte sagen, das Bistum Chur ist das Eldorado vom Exorzismus im deutschen Sprachraum».

Heute ist vieles anders am bischöflichen Hof in Chur. Papst Franziskus erteilte dem neuen Bischof Joseph Maria Bonnemain den Auftrag, das Bistum vom jahrzehntelangen Richtungsstreit zwischen erzkonservativen und moderaten Katholiken zu erlösen. Der Verzich auf künftige Exorzismen sei dabei ein Schritt auf dem Weg hin zur Normalisierung, sagt Bonnemain im Interview mit SRF.

Nach wie vor Hilfe für Personen in seelischer Not

Damit soll das Bistum Chur nicht mehr attraktiv sein für Personen, die einen Exorzismus suchen. Aber: Gläubige in seelischer Not sollen sich auch weiterhin an Priester im Bistum Chur wenden können. Diese würden Trost spenden und die Betroffenen an medizinisches Fachpersonal verweisen  – sofern nötig.