Eine Alternative ist deutlich schneller In diesen Städten ist der ÖV am langsamsten

smi

15.8.2024

Wer ist wohl am schnellsten am Ziel – die Menschen im Trolleybus, die Fussgänger*innen oder der Velofahrer? 
Wer ist wohl am schnellsten am Ziel – die Menschen im Trolleybus, die Fussgänger*innen oder der Velofahrer? 
Bild: KEYSTONE

In St. Gallen fahren die Busse am schnellsten, in Genf ist der ÖV am langsamsten. Durchschnittlich fahren Bahn und Bus in der Schweiz nur unwesentlich schneller als in Deutschland. Der Grund überrascht.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der Stadt St. Gallen fahren die Busse am schnellsten, in Genf sind Menschen im ÖV am langsamsten unterwegs. 
  • In der Schweiz fahren Innerorts-Busse und Trams durchschnittlich 0,5 km/h schneller als jene in deutschen und österreichischen Städten.
  • Weitere Erkenntnisse der Studie von Avenir Suisse: Der ÖV fährt nicht einmal doppelt so schnell, wie Menschen zu Fuss unterwegs sind (8,3 km/h). Mit 16 km/h am zügigsten geht es mit dem Velo in Städten voran.

Zuerst eine Schätzfrage: Wie schnell bist du in der Schweiz durchschnittlich mit dem ÖV unterwegs? Die Antwort gibt's etwas weiter unten.

Die Schweiz ist stolz auf ihren ÖV und benutzt ihn rege. Welch ein Unterschied zu den Nachbarländern, denken viele. Eine Studie zeigt nun: So viel schneller als der öffentliche Nahverkehr in Deutschland sind die Schweizer Busse und Stadtbahnen gar nicht. 

Der wirtschaftsliberale Thinktank Avenir Suisse hat ermittelt, wie schnell sich Busse, Trams und Stadtbahnen in Städten der Schweiz, Deutschlands und Österreichs fortbewegen. Gemessen haben die Studien-Autor*innen nicht selber. Sie haben laut eigener Angabe 100'000 Strecken bei Google ausgewertet. Massgebend war die Zeit von Tür zu Tür, die nötigen Fusswege, Wartezeiten und Umsteige-Vorgänge mitgerechnet.

St. Gallen an der Spitze, Genf ist Schlusslicht

Den schnellsten ÖV hat die Stadt St. Gallen. 9,3 km/h fahren die Busse der Ostschweizer Stadt im Schnitt. Am längsten dauert es in Genf, um mit Bus oder Tram ans Ziel zu kommen: mit 7,2 km/h sind sie im Mittel unterwegs. Dazwischen liegen auch die in der Studie berücksichtigten Städte in Deutschland und Österreich. 

Mit dem innerstädtischen ÖV bist du in St. Gallen am schnellsten am Ziel. Berlin folgt auf Platz 4, Wien als erste österreichische Stadt auf Platz 9. Schlusslicht ist Genf.
Mit dem innerstädtischen ÖV bist du in St. Gallen am schnellsten am Ziel. Berlin folgt auf Platz 4, Wien als erste österreichische Stadt auf Platz 9. Schlusslicht ist Genf.
Bild: Avenir Suisse

Durchschnittlich fahren Innerorts-Busse und -Bahnen in der Schweiz mit 8,3 km/h und damit nur 0,5 km/h schneller als jene in deutschen und österreichischen Städten. Zu Fuss legen Erwachsene laut Avenir Suisse in der Stadt 4,8 Kilometer in der Stunde zurück. Der ÖV ist also nicht mal doppelt so schnell.

So gross ist der Unterschied nicht: ÖV-Geschwindigkeit im Vergleich Schweiz – Deutschland – Österreich.
So gross ist der Unterschied nicht: ÖV-Geschwindigkeit im Vergleich Schweiz – Deutschland – Österreich.
Bild: Avenir Suisse

Das liegt einerseits am Verkehr in den Städten. Eine grosse Rolle spielt aber auch, wie nah die Haltestellen beieinander liegen. Je öfter ein Bus oder ein Tram hält, um Passagiere aus- und einsteigen zu lassen, desto tiefer wird die durchschnittliche Geschwindigkeit. 

Je dichter das Netz, desto langsamer der Bus

Damit zeigt sich: Ein dichtes Haltestellennetz ist komfortabel, weil die Menschen nur noch einen kleinen Teil ihres Weges zu Fuss zurücklegen müssen. Insgesamt wird der ÖV dadurch aber langsamer. Ein dichtes Netz bedeutet laut Avenir Suisse zudem, dass die ÖV-Nutzer*innen häufiger umsteigen, was die Reisezeit ebenfalls verlängert.

Eine Rolle spielt laut der Studie zudem, ob Busse und Trams eigene Fahrspuren besitzen, was nur in grösseren Städten der Fall ist. Wo das der Fall ist, ist der ÖV weniger von Verkehrsstaus betroffen und kommt schneller voran.

So viele Meter müssen ÖV-Nutzende von Tür zu Tür zu Fuss gehen, wenn sie den ÖV nutzen – ein Hinweis auf die Dichte des Netzes. 
So viele Meter müssen ÖV-Nutzende von Tür zu Tür zu Fuss gehen, wenn sie den ÖV nutzen – ein Hinweis auf die Dichte des Netzes. 
Bild: Avenir Suisse

Eine tiefe Durchschnittsgeschwindigkeit bedeute nicht, dass ein städtischer Verkehrsbetrieb nicht effizient sei, betont Studienautor Lukas Rühli. Als Beispiel vergleicht er das Schlusslicht Genf mit Freiburg im Breisgau (D) und Linz (A). Die drei Städte haben ungefähr gleich viele Einwohner, Genf ist aber viel dichter besiedelt und verbindet deshalb deutlich mehr Menschen als die Verkehrsbetriebe in der süddeutschen und der oberösterreichischen Stadt. 

Das Velo schlägt alle

Die engmaschigen ÖV-Netze in Schweizer Städten bewirken zudem, dass die Menschen dort auf kurzen Distanzen häufiger den Bus oder das Tram nehmen, als jene in Deutschland und Österreich. Am schnellsten steigen Lausanner*innen in den ÖV: Kein Wunder, die Stadt liegt an einem steilen Hang, der Bus oder die Metro machen das Überwinden der Höhendifferenz sehr viel bequemer. 

Anteil der Menschen, die bei Strecken von 500 bis 1000 Metern, beziehungsweise 1 bis 2 Kilometern den ÖV benutzen. Augsburg marschiert deutlich weiter als Lausanne. 
Anteil der Menschen, die bei Strecken von 500 bis 1000 Metern, beziehungsweise 1 bis 2 Kilometern den ÖV benutzen. Augsburg marschiert deutlich weiter als Lausanne. 
Bild: Avenir Suisse

Am schnellsten sind Menschen in Städten mit dem Velo am Ziel. 16 km/h beträgt die durchschnittliche Geschwindigkeit mit diesem Verkehrsmittel. E-Bikes sind nicht mitgerechnet. Diese dürften besonders auf längeren Strecken noch schneller unterwegs sein.

Das Auto streift die Studie nur. Dieses erreicht im besten Fall mit 30 km/h mit Abstand die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit. In der Stosszeit kommen Autofahrende in vielen Städten aber nur noch im Schritttempo voran. Gänzlich unkalkulierbar ist die Zeit, bis ein Parkplatz gefunden ist. Bei der Wahl des Autos in der Stadt spielten denn auch andere Faktoren die Hauptrolle, etwa dass das Auto seine Insassen vor dem Wetter und vor Einflüssen anderer Personen schützt.