Legislaturauftakt Isabelle Moret ist höchste Schweizerin

SDA

2.12.2019 - 17:31

Alterspräsidentin Maya Graf (Grüne/BL, rechts) gratuliert der mit einem Rekordresultat gewählten neuen Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD).
Alterspräsidentin Maya Graf (Grüne/BL, rechts) gratuliert der mit einem Rekordresultat gewählten neuen Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD).
Source: Keystone-SDA

Der Startschuss zur neuen Legislatur ist gefallen. Nach der Vereidigung wählten National- und Ständerat am Montag die Ratspräsidien. Im Nationalrat erzielte die Waadtländer FDP-Nationalrätin Isabelle Moret ein Rekordergebnis.

Moret wurde mit 193 von 198 gültigen Stimmen zur höchsten Schweizerin gewählt. Bisher am meisten Stimmen erhalten hatte 2011 der Thurgauer SVP-Nationalrat Hansjörg Walter, nämlich 185. Die Vorgängerin Morets, die neue Tessiner Ständerätin Marina Carobbio Guscetti (SP), war vor einem Jahr mit 154 Stimmen gewählt worden, dem Durchschnittswert in der Wahlhistorie.

Moret ist seit 13 Jahren Mitglied des Nationalrats. Sie war Ende 2006 für den zurückgetretenen Yves Christen in den Nationalrat nachgerückt und seither viermal wiedergewählt worden. Die bald 49-Jährige ist nach mehr als zwanzig Jahren politischen Engagements die erste Waadtländer Frau, die den Nationalratsvorsitz übernimmt.

Bewegung in Gang bringen

Die neue höchste Schweizerin zeigte sich erfreut über den Frauen- und Jugendrutsch bei den eidgenössischen Wahlen. Die Gleichstellung sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zwei ihrer Kernthemen, würden so auf der politischen Agenda bleiben. Sie hoffe, eine Bewegung in Gang bringen zu können, die über ihr Präsidialjahr hinaus anhalte.

Zum Vizepräsidenten wählte der Nationalrat den Berner Andreas Aebi (SVP/BE) mit 187 von 191 gültigen Stimmen. Als zweite Vizepräsidentin schaffte Irène Kälin (Grüne/AG) die Wahl. Sie holte 112 von 169 gültigen Stimmen.

«Historische Legislatur»

Vor den Wahlen der neuen Präsidentin hatte die Alterspräsidentin Maya Graf (Grüne/BL) die Wintersession und damit die 51. Legislatur seit der Gründung des modernen Bundesstaates eröffnet. Graf ist zwar in den Ständerat gewählt worden. Weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, ist sie aber bis am Mittwoch noch Mitglied des Nationalrats.

In ihrer Eröffnungsrede sprach Graf von einer «historischen Legislatur». Noch nie sei ein Parlament so weiblich, so ökologisch und so jung gewesen. Es sei ein hoffnungsvoller Aufbruch in eine neue Zeit. Doch erst die Geschichte werde zeigen, was das Parlament zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern daraus gemacht habe. Graf rief dazu auf, keine Angst vor Veränderungen zu haben. Es sei die Aufgabe des Parlaments, mutige Schritte zu machen.

«Demografische Verschiebung»

Auf die Alterspräsidentin folgte das jüngste neu gewählte Ratsmitglied, der Zürcher FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt. Er dankte den gestandenen Ratsmitgliedern für ihre Arbeit im Rat. Diese hätten viel dazu beigetragen, dass die Schweiz eine Erfolgsgeschichte sei und bleibe.

Es sei aber erfreulich, dass sich mit den Wahlen die Zahl der unter 30-Jährigen verdoppelt habe. Diese demografische Verschiebung im Nationalrat werde nicht ohne Wirkung bleiben, sagte Silberschmidt.

Eid oder Gelübde

Nach den beiden Ansprachen und der Feststellung der Konstituierung legten die Gewählten den Eid oder das Gelübde ab. Ein Drittel der Sitze ist mit neu Gewählten besetzt.

Umrahmt wurde die Eröffnungszeremonie von Darbietungen des Kinderchors «Choeur des enfants de la Fête de Vignerons», der unter anderem die Nationalhymne intonierte. Später folgte ein musikalischer Vortrag der Truppen «Cent-Suisses» und «Cent pour Cent» der Fête des Vignerons. Als Vorbote der Olympischen Jugendwinterspiele, die im Januar 2020 in der Westschweiz stattfinden, wurde die olympische Flamme durch den Ratssaal getragen.

Stöckli präsidiert das Stöckli

Im Ständerat legten 19 der 22 im Herbst neu gewählten Mitglieder den Amtseid ab. Noch nicht vereidigt sind neben Maya Graf (Grüne/BL) Matthias Michel (FDP/ZG) und Othmar Reichmuth (CVP/SZ). Ihre Vereidigung wird am Dienstag und Mittwoch vorgenommen.

Zu ihrem Präsidenten wählte die kleine Kammer den Berner SP-Vertreter Hans Stöckli, mit 39 von 41 gültigen Stimmen. Er hoffe, dass er jene, die ihm die Stimme nicht gegeben hätten, mit seiner Arbeit überzeugen könne, sagte Stöckli. Einst – im Jahr 1971 – habe er in einem Aufsatz die Abschaffung des Ständerates verlangt, gestand der neue Ratspräsident.

Jünger, weiblicher, grüner

Der Ständerat habe damals als altbacken und bedeutungslos gegolten. Völlig unangefochten sei er zwar auch heute nicht. Man störe sich an der Übermacht der ländlichen Kantone. Aber niemand denke mehr ernsthaft daran, den Ständerat abzuschaffen.

Er freue sich auf den jüngeren, weiblicheren und grüneren Ständerat, sagte Stöckli. Die Erneuerung werde der kleinen Kammer gut tun. «Wir wollen aber die ‹chambre de réflexion› bleiben.»

Lange Politkarriere

Stöckli ist der 15. Ständeratspräsident aus dem Kanton Bern. Für den 67-jährigen Bieler ist die Wahl die Krönung einer langen Politkarriere. Stöckli, der als leidenschaftlicher, aber pragmatischer Politiker gilt, wird die kleine Kammer nun ein Jahr lang leiten.

Sein voraussichtlicher Nachfolger wird Alex Kuprecht (SVP/SZ) sein, der mit 42 Stimmen zum ersten Vizepräsidenten gewählt wurde. Mit ebenfalls 42 Stimmen wurde Thomas Hefti (FDP/GL) zum zweiten Vizepräsidenten gewählt.

Auch im Ständerat erklang der Schweizer Psalm. Die Ratsmitglieder konnten dabei auf eine Vorsängerin zählen. Einen Auftritt hatte ausserdem die Bieler Indie-Pop-Band Pegasus.

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