Sind wir selber Schuld? Kaum Lohnsteigerung: Sind die Schweizer selbst schuld?

tsch

18.9.2018

Für die kommenden Jahre sagt Credit Suisse steigende Löhne voraus. Freudenkäufe sollten sich Arbeitnehmer aber lieber verkneifen.

Eigentlich ist es ein Grund zur Freude: Nachdem die Nominallöhne in der Schweiz seit der Finanzkrise kaum gestiegen sind, sagt die Credit Suisse in ihrer neuen Konjunktur-Prognose für 2019 eine Steigerung von einem Prozent voraus. Zum Vergleich: 2017 waren es nur 0,4 Prozent.

Die schlechte Nachricht liefern die Ökonomen des Unternehmens jedoch gleich mit: Viel wird sich der Arbeitnehmer von dieser Lohnerhöhung nicht leisten können. Die Experten rechnen damit, dass sich das Preisniveau im kommenden Jahr ebenfalls erhöht – um 0,7 Prozent. Unterm Strich wächst der Reallohn also nur um 0,3 Prozent.

Zu einem ähnlichen Schluss kam am Vortag bereits der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB): Um die anziehende Teuerung auszugleichen, sei es «nun höchste Zeit für eine reale Lohnrunde», erklärte SGB-Präsident Paul Rechsteiner an der Medienkonferenz zur Lohnrunde 2018/2019. Die Gewerkschafter fordern deshalb eine Lohnerhöhung um 2 bis 2,5 Prozent.

Arbeitnehmer setzen sich nicht durch

Verkaufen sich Schweizer Arbeitnehmer zu billig?
Verkaufen sich Schweizer Arbeitnehmer zu billig?
Keystone

Auch die Credit Suisse sieht in einer Erhöhung des Nominallohns die einzige Chance auf höhere Reallöhne. Doch obwohl durch den demografischen Wandel schon heute in vielen Branchen Fachkräfte fehlen, gelinge es Arbeitnehmern nicht, Lohnerhöhungen durchzusetzen, beobachten die Ökonomen. «Ihre Verhandlungsmacht ist geschrumpft.»

Sind Arbeitnehmer also selbst schuld daran, dass für sie trotz wirtschaftlichen Aufschwungs kaum mehr Lohn abfällt? Die Analyse der Credit Suisse legt es nahe: «In der Schweiz gibt es eine tief verankerte Lohnzurückhaltung. Der lohnpolitische Verteilungsspielraum bleibt systematisch ungenutzt», lautet die Hypothese der Experten. «Die Schweizer Beschäftigten scheinen generell bereit zu sein, kurzfristig auf maximale Lohnerhöhungen zu verzichten, um das Risiko einer Erwerbslosigkeit zu reduzieren und so langfristig den Wohlstand zu sichern.»

Wenn sich in den kommenden Jahren aber die Babyboomer zur Ruhe setzten, könnten sich die Reallöhne aber allmählich erhöhen, schätzt die Grossbank vorsichtig – vorausgesetzt, der Wirtschaftsaufschwung setzt sich wie erwartet fort. «Reallohnsteigerungen von knapp über 1 Prozent scheinen realistisch».

Hier fehlen die meisten Fachkräfte
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