Kurzarbeit Viele Firmen zahlen keinen vollen Lohn mehr – Migros lenkt nach Kritik ein

tmxh/SDA

19.1.2021

Viele Schweizer Unternehmen zahlen ihren Angestellten in Kurzarbeit keinen Lohnausgleich mehr. Die Migros stand dafür erst in der Kritik – lenkte dann aber ein (Symbolbild).
Viele Schweizer Unternehmen zahlen ihren Angestellten in Kurzarbeit keinen Lohnausgleich mehr. Die Migros stand dafür erst in der Kritik – lenkte dann aber ein (Symbolbild).
KEYSTONE/GEORGIOS KEFALAS

Auch der zweite Lockdown zwingt viele Schweizer Unternehmen, ihre Angestellten in Kurzarbeit zu schicken. Anders als im vergangenen Frühjahr zahlen viele Betriebe diesmal aber keinen vollen Lohnausgleich. Doch es gibt Ausnahmen.

Zweite Pandemiewelle, zweiter Lockdown – und zum zweiten Mal haben viele Unternehmen in der Schweiz kaum eine andere Wahl, als ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Doch eines ist im Vergleich zum Frühjahr anders: Zahlreiche hiesige Firmen gleichen die damit einhergehende Lohneinbusse nicht mehr aus.

Was im vergangenen Jahr noch weitgehend funktionierte – der Staat garantiert 80 Prozent, der Arbeitgeber übernimmt die restlichen 20 –, ändert sich jetzt. Der Zwang, zu sparen, ist vielerorts gross, wie unter anderem der «SonntagsBlick» und die «CH Media»-Zeitungen berichten.

Der grösste Arbeitgeber der Schweiz

Die Kritik am Vorgehen der Firmen ist allerdings ebenfalls gross. Besonders im Visier stand etwa der grösste hiesige Arbeitgeber: Die Migros plante anders als im ersten Lockdown keinen Lohnausgleich mehr für Kurzarbeiter, wie Sprecher Marcel Schlatter gegenüber «CH Media» bestätigte. Demnach sollten dadurch Kündigungen vermieden werden. Nach starker Kritik änderte das Unternehmen sein Vorgehen nun aber.

Es folgte das Einlenken: Die Migros wird ihren von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeitenden weiterhin den vollen Lohn bezahlen. Die grösste Arbeitgeberin der Schweiz nimmt Abstand von der Idee, die Differenz zwischen dem ursprünglichen Lohn und der Kurzarbeitsentschädigung nicht mehr zu berappen.

Angesichts der «positiven Entwicklung im Genossenschaftlichen Detailhandel» habe die Migros entschieden, den betroffenen Mitarbeitenden weiterhin die Differenz von 20 Prozent zur gesetzlich vorgegebenen Kurzarbeitsentschädigung von 80 Prozent auszugleichen, erklärte das Unternehmen.

Die Migros hat 2020 einen Rekord-Umsatz erzielt

«Migros lässt Mitarbeitende im Stich», hatte zuvor die Unia kritisiert. Vor dem Einlenken hatte die Gewerkschaft zum Vorgehen der Migros zudem verlautet: «Das ist unverantwortlich und unanständig von einem Unternehmen, das von der Krise profitiert».

In der Kritik stand das Vorgehen der Migros, weil das Unternehmen trotz der Pandemie im vergangenen Jahr gewachsen ist: Der Umsatz stieg um 4 Prozent auf 29,8 Milliarden Franken, wie der Detailhändler bekannt gab.

Betroffen gewesen wären unter anderem die Mitarbeiter*innen von 330 Freizeit- und Fitnessanlagen und etwa 1'600 Angestellte der Migros Klubschule. Auf 20 Prozent des Lohns müssen nun «nur» die rund 2000 Hotelplan-Mitarbeitenden verzichten. Die Angestellten des Reiseunternehmens erhalten bereits seit Juli nur noch die gesetzlich vorgeschriebene Abdeckung für Kurzarbeit.

Coop zahlt «aus Wertschätzung»

Bei der direkten Konkurrenz sah es hingegen schon zuvor ganz anders aus: Wie eine Coop-Sprecherin gegenüber «CH Media» mitteilte, habe man sich «aus Wertschätzung gegenüber unseren Mitarbeitenden» erneut «dazu entschlossen, bei Kurzarbeit 100 Prozent des Lohns zu bezahlen».

Das Grosshandelsunternehmen gehört allerdings zu den Ausnahmen. Zu den weiteren Firmen, die auch im zweiten Lockdown 100 Prozent des Lohns zahlen, zählen unter anderem auch die Post und die SBB.

Die Swiss hingegen minimierte im Vergleich zum Frühjahr den Lohnausgleich – für Angestellte mit einem Gehalt von über 4000 Franken strich sie ihn sogar komplett. Mitarbeitern, die unter dieser Marke verdienen, hilft die Fluggesellschaft weiter mit einem – wenn auch gekürzten – Ausgleich: Sie erhalten insgesamt immerhin noch 95 Prozent des Gehalts.

Zu Beginn sei «die Tragweite der Krise schlecht abschätzbar» gewesen, erklärte ein Swiss-Sprecher gegenüber «CH Media». Ein grosser Teil des Personals befindet sich noch immer in Kurzarbeit. 

Andere Firmen gleichen gar nicht aus

Derweil gleichen andere Schweizer Unternehmen die Lohndifferenz gar nicht aus: Anders als im ersten Lockdown erhalten Angestellte von H&M Schweiz nun nur noch 80 Prozent ihres Lohns. Warenhausketten wie Manor und Globus verzichteten bereits im Frühjahr darauf, den Lohn aus der Firmenkasse aufzustocken.

«Wenn kein Umsatz reinkommt, kommt auch kein Geld rein. Die Mieten müssen zu weiten Teilen jedoch bezahlt werden. Die Ware auch», teilte Globus laut «CH Media» mit. 

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