Nachwuchs als Klickobjekt Gefährlicher Trend: Kesb bestraft Eltern wegen Kinderfotos im Netz

tafi

12.5.2019

Ein gefährliches Zeitgeist-Phänomen: Immer mehr Eltern posten Fotos ihrer Kinder bei Facebook und Co. – ohne Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte und ohne die Folgen zu bedenken.
Ein gefährliches Zeitgeist-Phänomen: Immer mehr Eltern posten Fotos ihrer Kinder bei Facebook und Co. – ohne Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte und ohne die Folgen zu bedenken.
Keystone

Das sogenannte «Sharenting» ruft die Behörden auf den Plan: Weil immer mehr Eltern Fotos ihrer Kinder in Sozialen Netzwerken posten, müssen die Behörden zu drastischen Massnahmen greifen.

Für eine Handvoll Klicks machen Menschen so ziemlich alles. Insbesondere Eltern, die mit den Bildern ihrer Kindern Likes einsammeln wollen. Süsse Babyfotos gehen immer, egal, wie es dem Nachwuchs dabei geht. Der kann sich gegen unvorteilhaften Kinderfotos nicht wehren, die auf Facebook oder Instagram geteilt werden. Kinder, die schlafend, schreiend, sabbernd, Breichen essend oder halbnackt herumtollend zu sehen sind: Das Netz vergisst nicht, auch nicht, wenn die Kinder längst erwachsen sind.

«Sharenting» heisst das Phänomen, ein Kofferwort aus den englischen Begriffen «sharing» (teilen) und «parenting» (Erziehung). Es ist ein Phänomen, mit dem Eltern und Grosseltern Likes und Kommentare in Sozialen Netzwerken generieren wollen: auf Kosten ihrer Kinder und Enkel. Und genau das ruft mittlerweile die Behörden auf den Plan. Der «Tages-Anzeiger» berichtet von einem Fall, in dem die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) im Kanton Bern zu drastischen Massnahmen greifen musste.

Wie die Zeitung schreibt, musste die Kesb erst eine Strafandrohung aussprechen, ehe eine Grossmutter aufhörte, Fotos von ihrer siebenjährigen Enkelin ins Netz zu stellen. Zuvor hatte die störrische Grosi eifrig Bilder und Videos gepostet: Obwohl ihr dies von der Mutter des Mädchens untersagt wurde.

Kinderfotos in Sozialen Medien seien ein «bekannten Phänomen» sagt Charlotte Christener, Präsidentin der Kesb Bern, im «Tages-Anzeiger». Die Behörden müssten immer öfter einschreiten, um die Verantwortlichen zur Löschung zu zwingen – vor allem, wenn die Eltern zerstritten sind.
Schon 2010 kam laut «Tages-Anzeiger» eine Studie des Internet-Sicherheitsunternehmens AVG zum Schluss, dass mittlerweile über 80 Prozent aller ­Kinder unter zwei Jahren digitale Spuren hinterlassen haben.

ass die teilweise blosstellenden und von den Eltern mit spöttisch-diffamierenden Kommentaren versehenden Bilder für die Kinder nicht folgenlos bleiben, davor warnt eine Analyse in der Zeitschrift «Jusletter». «Das System der Likes begünstigt ein immer tieferes Eindringen und Verletzen der Privatsphäre von Kindern» schreiben die Autorinnen darin und fordern, dass Eltern generell auf die Veröffentlichung von identifizierbaren Kinderbildern im Netz verzichten sollten.

Wie problematisch das Verbreiten von Kinderbildern ist, hat auch der Unicef-Bericht «Kinder in der digitalen Welt» aufgezeigt. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen warnt davor, dass dadurch «der Kreditwürdigkeit der Kinder in der Wirtschaft geschadet» werde, dass Baby- und Kinderfotos im späteren Berufsleben hinderlich seien udn vora llem, dass es immer wieder Berichte gibt, nach denen Pädophile frei zugängliche Kinderfotos missbrauchen.

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