Streit um LehrmittelKlassenkampf auf dem Pausenplatz – oder doch bloss Medienpropaganda?
Philipp Dahm
18.9.2018
Der Ost-West-Konflikt ist lange vorbei, doch im Kopf so manches Journalisten geht das Gespenst des Klassenkampfes noch immer um und macht scheinbar sogar Schule.
Wer die «NZZ» liest, bekommt den Eindruck, dass der Jugend in der Schule der Kopf verdreht statt mit Wissen gefüllt wird. «Manche Schullehrmittel sind mit politischen Parolen und Lobhudeleien durchsetzt», belehrt uns der Verfasser, der «proletarischen Pathos» ausgemacht haben will und kritisiert, dass «unverhohlen für politische Akteure und deren Anliegen» geworben werde: «Das antikapitalistische, klassenkämpferische Geraune zieht sich durch.»
Doch am Ende des Tages, pardon, des Artikels, geht es bloss um ein einziges Lehrmittel, das, so die Lesart der «NZZ», zum Klassenkampf in der Schule aufruft: Was den Autoren so auf die Palme bringt, ist «das neue Stufenlehrmittel für Geschichte und Politik auf der Sekundarstufe I» – es heisst «Gesellschaften im Wandel» (GIW).
Von Experten konzipiert
Wenn das Unterrichtsmaterial tatsächlich «gewöhnliche politische Akteure» idealsiert, obwohl diese bloss «die Bevölkerung mit den üblichen Methoden zu beeinflussen versuchen», fragt sich der erschrockene Leser, wer das Machwerk verfasst haben könnte: Schleicht sich der schwarze Block über den Hinterhof in unsere Schulen?
Das klingt bei der «NZZ» so, doch GIW ist vom Zürcher Lehrmittelverlag in Zusammenarbeit mit Pädagogen der Fachhochschule Nordwestschweiz und der PH Zürich sowie der PH Basel konzipiert worden. Die Lektorin Béatrice Ziegler gibt sich auf «NZZ»-Nachfrage ahnungslos.
Die Professorin für Geschichte und Geschichtsdidaktik denkt, im Schulbuch und auf der dazugehörige Online-Plattform würden strittige Punkte «ausgewogen dargestellt und im Rahmen des Machbaren relativiert».
Wo ist das Problem?
Aber was steht nun im GIW, das gewisse «politische Akteure» hochjubelt, obwohl diese «die Bevölkerung mit den üblichen Methoden zu beeinflussen versuchen»? In GIW werden Lehrer doch angehalten, ein «Spektrum an Meinungen und Argumenten sichtbar, nachvollziehbar und kritisierbar» werden zu lassen – worüber sich also der «NZZ»-Autor derart echauffiert, dass er am liebsten den eisernen Vorhang der Geschichte darüber werfen will?
Die Bildergallerie «Leben hinter dem Eisernen Vorhang»:
Die Russin Masha Ivashintsova im Alter von 34 Jahren (Selbstporträt von 1976, Leningrad, UdSSR). Die Künstlerin dokumentierte ihr Privatleben und den Alltag in der Sowjetunion in zahllosen Bildern.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Masha Ivashintsovas einziges Kind Asya mit ihrem Vater Melvar Melkumyan, einem in Armenien geborenen Sprachwissenschaftler, im Jahr 1976 in Leningrad.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Eine zerstörte Stalin-Statue in Leningrad, 1978.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Umzug mit Musikanten auf dem Nevski-Prospekt in Leningrad, 1975.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Innenansicht eines Gebäudes in Moskau, 1987.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Marta, der Hund der Familie (links), mit einem Artgenossen in Leningrad, 1978.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Spielplatz in Leningrad mit Spielzeug im Kosmonauten-Stil (undatiert).
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Strassenszene in Leningrad (Undatiert).
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Passanten können sich 1988 in Moskau von Künstlern malen lassen.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Parkszene in Leningrad, 1975.
Bild: Masha Ivanshintsova/Dukas/Caters
Tochter Asya Ivashintsova-Melkumyan mit Hund Marta und Katze Pusya. Leningrad, 1978.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Das Ufer der Neva Leningrad, 1979.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Spielendes Kind in Leningrad, 1976.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Selbstporträt von Masha Ivashintsova, Leningrad, UdSSR, 1977.
Bild: Masha Ivashintsova/Dukas/Caters
Voilà, diese Aussagen sind offenbar ein Problem:
• «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!» • Frauen verdienen «20 Prozent weniger als ihre Arbeitskollegen». • «Wer ohnehin schon viel hat, profitiert von der Globalisierung, wer dagegen nur wenig hat, gerät noch mehr unter wirtschaftlichen Druck.» • Frauen «nehmen weniger Führungspositionen ein». • NGOs «wollen eine Wirtschaft, in der nicht nur der Gewinn im Zentrum steht, sondern auch Mensch und Umwelt». • Die Unia-Gewerkschaft «setzt sich für gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen ein».
Ein Schelm, wer Böses dabei fragt
Arbeitgeber kämen nicht zu Wort, klagt die «NZZ», während Organisationen wie Amnesty International und andere Vertreter der «Hilfswerk- und Menschenrechtslobby» ihre Thesen unter das scheinbar so unbedarfte Schulvolk bringen könnten. Das dürfte doch auch ein Aufreger bei der SVP sein, haben die Kollegen von «20 Minuten» wohl gedacht: «Propaganda am Schulen?», lautet leutselig die Frage in der Überschrift.
Und weil die eigene Nachfrage die SVP wie auch die FDP auf den Plan gerufen hat, lässt sich weiter titeln: «Lehrmittel sorgt für Streit». Indirekt werde zum «Klassenkampf» aufgerufen, ätzt die Zürcher SVP. «Ein politisch neutraler Unterricht ist so praktisch nicht möglich.» Der FDP-Nationalrat Beat Walti attestiert GIW «einen manipulativen Charakter».
Öffentlichkeitswirksam haben beide Parteien nun im Kantonsrat neutrale Lehrmittel gefordert – ein Ansinnen, dem vom Verlag bis hin zum politischen Gegner aber wohl auch niemand widersprechen würde.
Wenig überraschend meint dann auch Beat Schaller, das hier offene Türen eingerannt werden: «Neben Globalisierungskritikern kommen auch Globalisierungsbefürworter und neben Arbeitnehmer- auch Arbeitgeberverbände zu Wort», versichert der Leiter des Lehrmittelverlags Zürich.
Kein Fleisch am Fisch, äh, am Knochen
Gewerkschaften setzen sich nun mal für bessere Arbeitsbedingungen ein – ob gut oder nicht sei dahingestellt. Es ist unbestritten, dass Frauen weniger als Männern gezahlt wird – und über die Gründe dafür kann man auch trefflich streiten. Und wenn selbst das deutsche «Handelsblatt», das nicht gerade im Verdacht steht, die fünfte Kolonne Moskaus zu sein, schreibt, dass die Arm-Reich-Schere unverhältnismässig weit aufgegangen sei, ist alles gesagt, oder?
Vielleicht ist es weniger das Trommeln für das Comeback des Kommunismus, sondern politisches Poltern mit Pauken und Trompeten, das hier viel Lärm um nichts verursacht. Vielleicht verdienen Frauen unerklärlich nur 2,9 Prozent weniger, wie die «NZZ» behauptet – und vielleicht ist das Klima gar nicht so kaputt, wie dauernd kolportiert wird. Vielleicht gehört GIW wirklich auf den Scheiterhaufen der Geschichte, wie die SVP behauptet.
Und wenn sich der Rauch gelegt hat, ist Fisch vielleicht wieder Fisch, Fleisch womöglich auch wieder Fleisch, und niemand muss mehr vor dem Offensichtlichen die Augen verschliessen. Das wär doch auch mal was.
Eine Frau betrachtet bei Märjela die Eismassen des Aletschgletschers aus der Nähe. Der mächtigste Gletscher der Alpen ist Unesco-Weltkultuerbe – womöglich aber nicht mehr allzu lange. Wissenschaftler der ETH Zürich haben kürzlich simuliert, dass aufgrund der Klimaerwärmung zu Ende des Jahrhunderts wohl nur noch ein paar kleine Eisfelder von dem derzeit über 80 Quadratkilometer grossen Gletscher übrig sind.
Bild: Keystone
Im Kiental wurden rund 150 Alpaka-Tiere beim «Alpabzug» zurück ins Tal getrieben. Touristen in einem Bus fühlten sie wie in den südamerikanischen Anden.
Bild: Keystone
Ein Kalb hat auf der traditionellen Viehschau in Schwellbrunn wenig Lust auf aktive Teilnahme.
Bild: Keystone
Ob diese Rinder auf der Schwyzer Viehausstellung ganz besonders gut dastehen, erschliesst sich aus dieser Perspektive wohl nur dem Profi.
Bild: Keystone
Am Wochenende hat im freiburgischen Charmey das traditionelle Heuwagenrennen für Stimmung gesorgt. Der Anlass in dem Greyerzer Dorf findet seit 1972 jährlich zum Chilbi-Fest statt. Dazu werden alte Heukarren geschmückt und von verschiedenen Teams so schnell wie möglich durch das Dorf gezogen.
Bild: Keystone
Die BMX-Bande ist zurück und will an den Europameisterschaften in Cadenazzo TI hoch hinaus.
Bild: Keystone
Berufswunsch Nationalrätin? Ein Mädchen führt im Bundeshaus zumindest schonmal eine Sitzprobe durch. Am Samstag veranstaltete das Bundeshaus einen Tag der offenen Tür.
Bild: Keystone/Peter Schneider
Hoch hinauf geht es bei der Einweihung der neuen Kletterrouten am Sambuco-Staudamm bei Fusio am Ende des Val Lavizzara. Nun stehen Sportklettern insgesamt vier Routen zur Verfügung.
Bild: Keystone
Ein Lamborghini Veneno Roadster as dem Jahr 2014 war die grösste Attraktion bei der Versteigerung von zwei Dutzend Luxusautos, die von Genfer Behörden 2016 beschlagnahmt worden ewaren: Sie hatten dem Diktatorensohn Teodorín Obiang aus Äquatorialguinea gehört, dem Geldwäsche und Missmanagement öffentlicher Vermögen vorgeworfen worden war.
Bild: Keystone
Eine junge Frau geleitet mit einer Herde von Kühen während der 50. Ausgabe der Desalpe de Charmey im Kanton Freiburg ins Tal. Tausende Zuschauer wohnten dem Spektakel bei.
Bild: Keystone
Wahlplakate stehen in der Bundesgasse, am Donnerstag, 26. September 2019, in Bern. Am 20. Oktober 2019 finden die Parlamentswahlen statt.
Bild: Keystone
Klimastreik in Zürich am Freitag, 27. September 2019.
Bild: Keystone
In Saint-Maurice VS haben Archäologen im Zuge von Bauarbeiten einen Friedhof aus dem Hochmittelalter freigelegt, in dem bis zu 250 Menschen bestattet wurden.
Bild: Keystone
Auf der Kantonsstrasse T 332 bei Hemishofen ist der Anhängerzug eines Schaustellers ausser Kontrolle geraten. Ein mitgeführter Latrinenwagen kollidierte dabei mit einem Signalisationsmasten. Der Aufbau wurde bei der Kollision auseinandergerissen und zerschellte auf der Fahrbahn. Verletzt wurde niemand.
Bild: Handout Schaffhauser Polizei
Rund 100 Umweltaktivisten haben einen Trauermarsch zum geschmolzenen Pizol-Gletscher im Kanton St. Gallen gemacht. Mit der Aktion wollten sie auf die Bedrohung des Klimawandels aufmerksam machen.
Bild: Keystone
Bei der Kunstinstallation «Mirage Gstaad» werden die Besucher schon seit Längerem mit surreal anmutenden Bildern konfrontiert. Der Grund: Der US-Künstler Doug Aitken hat eine spiegelnde Gebäudeskulptur errichtet. Auch im Spätsommer ist das Werk ein visuell aussergewöhnliches Erlebnis.
Bild: KEYSTONE/Anthony Anex
In Lugano ist die «wopart – Work on Paper Fair» gestartet. Eine Kunstausstellung, die sich mit der Arbeit auf Papier beschäftigt.
Bild: KEYSTONE/Ti-Press/Pablo Gianinazzi
Jäger Peter Marugg (links) und Sohn Men beobachten Gamswild vor der Kulisse des «Chessler», aufgenommen in der zweiten Woche der Bündner Hochjagd.
Bild: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller
Mit Humor auf der Suche nach Spendern: Vor Bechern am Bahnhofplatz in Bern zeigen Schilder, was sich eine kanadische Bettlerin wünscht: «New Socks», «Ferrari» und «Food».
Bild: Keystone/dpa
Auf der Autobahn A7 bei Frauenfeld ist eine 26-Jährige mit ihrem Fahrzeug mit einem Signalisationsanhänger kollidiert. Die verletzte Frau musste mit dem Rettungswagen ins Sputal gebracht werden. Die Kantonspolizei Thurgau sucht Zeugen.
Bild: Kapo TG
Detailaufnahme vom Füdli des Asiatischen Elefantenbullen «Maxi» im Zürcher. Das Tier feiert irgendwann diese Tage – ganz genau kennt man das Datum nicht – seinen 50. Geburtstag und ist damit ältester «Mitarbeiter» des Zoos.
Bild: Keystone
Wollgras in der herbstlichen Abendsonne in Vals.
Bild: Keystone
Ein Mann liegt auf einem riesigen Landartgemälde des französisch-schweizerischen Künstlers Saype im «Parc de la Grange» in Genf. Die 165 Meter lange und 30 Meter breite, biologisch abbaubare Malerei aus Pigmenten von Holzkohle, Kreide, Wasser und Milcheiweiss entstand auf einer Gesamtfläche von 5'000 Quadratmetern. Die Kunstinstallation ist Bestand des «Beyond Walls Project» und soll menschliche Werte wie Zusammengehörigkeit, Freundlichkeit und Weltoffenheit fördern.
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