Abgekürzte VerfahrenKommission drückt beim Ausbau der Windenergie aufs Tempo
gg, sda
24.1.2023 - 13:33
Die Schweiz soll beim Ausbau der Windenergie-Anlagen Gas geben: Die zuständige Nationalratskommission will die juristischen Verfahren beschleunigen – ganz verfassungskonform, wie sie beteuert.
Keystone-SDA, gg, sda
24.01.2023, 13:33
24.01.2023, 14:55
SDA
Um die drohende Energielücke zu schliessen, sollen neben der Wasser- und Solarenergie auch Windparks rasch ausgebaut werden. Die zuständige Nationalratskommission setzt auf beschleunigte Bewilligungsverfahren, ohne verfassungsmässige Grundsätze zu ritzen, wie sie selber schreibt.
Die Kommission für Umwelt, Energie und Raumplanung des Nationalrats (Urek-N) will rasch eine zusätzliche Jahresproduktion von einer Terawattstunde erneuerbarer Elektrizität ermöglichen. Der entsprechende Gesetzesentwurf wurde mit 18 zu 7 Stimmen verabschiedet. Die Vorlage soll bereits in der Frühjahrssession 2023 vom Parlament behandelt werden, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Zuvor kann der Bundesrat Stellung beziehen.
Das dringliche Gesetz zur Beschleunigung von fortgeschrittenen Windparkprojekten war im vergangenen September von der Urek-N angestossen worden. Die Schwesterkommission im Ständerat stimmte den Plänen im Grundsatz zu. Es herrsche Konsens darüber, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen gesteigert werden müsse, hiess es. Windenergieanlagen leisteten «einen wichtigen Beitrag zur Deckung der Winterstromlücke».
«Klar verfassungskonform»
Konkret sollen die Baubewilligungen für weit fortgeschrittene Windenergieprojekte vom Kanton erteilt und die damit zusammenhängenden juristischen Verfahren abgekürzt werden. Für Windenergieanlagen von nationalem Interesse sollen rechtskräftige Nutzungspläne als Baubewilligungen gelten, wenn im Rahmen der Nutzungsplanung eine umfassende Interessenabwägung stattgefunden hat.
Gegen diese Bewilligung soll nur vor einer kantonalen Instanz Beschwerde erhoben werden können. Der Weiterzug dieses Urteils an das Bundesgericht soll nur zulässig sein, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Das beschleunigte Bewilligungsverfahren soll befristet zur Anwendung kommen, nämlich bis in der Schweiz eine zusätzliche Jahresproduktion von einer Terawattstunde Elektrizität aus Windkraft realisiert ist. Eine Kommissionsminderheit will bereits bei 0,6 Terawattstunden zu den regulären Verfahren zurückkehren.
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Die Nationalratskommission betont, dass bei der Ausarbeitung des Erlassentwurfs die Vereinbarkeit der neuen gesetzlichen Bestimmungen mit der Schweizer Rechtsordnung sorgfältig geprüft worden sei. Der verabschiedete Gesetzesentwurf sei «klar verfassungskonform». Der vorgesehene Eingriff in die kantonale Verfahrens- und Organisationsautonomie sei gestützt auf die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes in Sachen Energie und Raumplanung gerechtfertigt.
Keine Frist für Gerichte
Umstritten ist die Rolle der Gemeinden im Bewilligungsprozess. Die Mehrheit der Urek-N betont, dass diese bereits weitgehende Möglichkeiten hätten, sich in die Nutzungsplanung für Windenergieprojekte einzubringen. Da die Vorlage nur Projekte mit rechtskräftiger Nutzungsplanung betrifft, sieht die Mehrheit keinen Mehrwert in einer zusätzlichen Mitwirkungsmöglichkeit für die Gemeinden.
Eine Minderheit beantragt dem Nationalrat hingegen, die Vorlage an die Kommission zurückzuweisen. Sie soll so überarbeitet werden, dass für Windenergieanlagen im beschleunigten Verfahren auch zur Baubewilligung nochmals ein Volksentscheid auf Gemeindeebene ermöglicht wird.
Nach verschiedenen Anhörungen hat die Urek-N darauf verzichtet, den Gerichten bei Einsprachen eine verbindliche Entscheidungsfrist von neunzig Tagen zu setzen. Damit bleibe die Unabhängigkeit der Justiz gewahrt, hiess es in der Mitteilung. Die Gerichte seien jedoch aufgerufen, die Verfahren möglichst schnell abzuwickeln.
Zwei Projekte im Fokus
Die Vorlage zielt insbesondere auf zwei Windparks. Einer davon ist eine Anlage mit acht Windturbinen in der Gemeinde Cugy VD oberhalb von Lausanne. Das Bundesgericht wies die Beschwerden der Gemeinde und von elf Privatpersonen gegen den Teilnutzungsplan im vergangenen März ab. Damit machte es den Weg frei für die Baubewilligung, die nach geltendem Recht angefochten werden kann.
Der zweite Windpark ist auf dem Grenchenberg SO vorgesehen. Dort musste die Bauherrschaft auf Geheiss des Bundesgerichts vom November 2021 zwei der ursprünglich geplanten sechs Windturbinen opfern. Auch hier ist nach dem höchstinstanzlichen Entscheid der Weg frei für die anfechtbare Baubewilligung.
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