Hochseeschifffahrt Kritik an Verwaltung wegen Hochseeschiffen

SDA

26.6.2018 - 16:41

Die Bürgschaften für Schweizer Hochseeschiffe kommen den Bund teuer zu stehen. Die Geschäftsprüfungskommissionen kritisieren nun das Departement von Bundesrat Johann Schneider-Ammann. (Symbolbild)
Die Bürgschaften für Schweizer Hochseeschiffe kommen den Bund teuer zu stehen. Die Geschäftsprüfungskommissionen kritisieren nun das Departement von Bundesrat Johann Schneider-Ammann. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

Das Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Johann Schneider-Ammann war lange zu passiv im Dossier "Hochseeschiffe". Zu diesem Schluss kommen die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) der eidgenössischen Räte.

Die Bürgschaften für Schiffe unter Schweizer Flagge haben den Bund viel Geld gekostet - und könnten ihn noch mehr kosten. Der Bund gewährte sie, um in einem Krisenfall die Versorgung des Landes sicherstellen zu können. Zuletzt wurden die Bürgschaften 2008 erneuert. Damals schätzte der Bundesrat das Risiko noch als gering ein. Doch dann geriet die Hochseeschifffahrt weltweit in eine Krise.

Das führte dazu, dass bei 13 Schweizer Schiffen die Bürgschaften gezogen und die Schiffe verkauft werden mussten. Damit der Bund seinen Verpflichtungen nachkommen konnte, musste das Parlament vor einem Jahr einen Nachtragskredit in der Höhe von 215 Millionen Franken bewilligen. Derzeit bestehen noch Bürgschaften für 29 Schiffe über 529 Millionen Franken.

Kritische Entwicklung nicht bemerkt

Die GPK als parlamentarische Oberaufsicht haben untersucht, warum der Bund nicht früher reagierte. Sie kritisieren sowohl das Wirtschaftsdepartement (WBF) als auch das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL).

Das Departement habe sich gegenüber dem Amt lange zu passiv verhalten, sagte Nationalrätin Yvonne Feri (SP/AG), Präsidentin der GPK-Arbeitsgruppe, am Dienstag vor den Medien. Das Bundesamt wiederum habe das Departement nicht hinreichend informiert. Es habe seine "Bringschuld" nicht erfüllt.

Dies führte dazu, dass die kritische Entwicklung nicht bemerkt wurde. Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat gemäss dem Bericht gegenüber den GPK eingeräumt, dass die Führung und Aufsicht unter ihm als Departementsvorsteher ungenügend war.

Infonotizen nicht berücksichtigt

Bis zur Eskalation der Krise im Juni 2015 wurden die Bürgschaften nie an Führungsgesprächen thematisiert. Ausserdem waren die Bürgschaften nicht Teil des Risikoreportings, und Hinweise in Informationsnotizen wurden mangelhaft berücksichtigt. Die GPK erachten die Unterlassungen als "schwerwiegend".

Zwischen 2011 und 2015 liess das BWL dem WBF neun Informationsnotizen zukommen. Darin orientierte das Amt zwar über finanzielle Probleme von Reedereien, gab aber gleichzeitig zu verstehen, dass eine Lösung der Probleme in Sicht sei.

Einmal nachgefragt

Einmal - im Jahr 2013 - erkundigte sich das Departement, ob eine Unterstützung erforderlich sei, was das BWL verneinte. Weitere Reaktionen des WBF auf die Informationsnotizen gab es offenbar nicht.

Zu den Problemen beigetragen haben dürfte laut GPK, dass die Departementsspitze und die Amtsleitung die Kompetenzen und Zuständigkeiten unterschiedlich beurteilten. Die GPK äussern in diesem Zusammenhang Zweifel an der Milizstruktur des BWL, für dessen Leitung 40 Stellenprozente vorgesehen sind.

Lehren fürs Risikomanagement

Nach Ausbruch der Krise im Juni 2015 habe das WBF das Problem aber erkannt, Massnahmen ergriffen und die Aufsicht über das BWL verbessert, schreiben die GPK. Auch habe das WBF ab diesem Zeitpunkt den Gesamtbundesrat angemessen über die Problematik informiert.

Die GPK begrüssen ferner, dass der Bund aus dem Fall Lehren gezogen hat. Ende 2016 beschloss der Bundesrat, den Rahmenkredit für Bürgschaften dem Parlament nicht zur Erneuerung vorzulegen. Zudem ergriff der Bund Massnahmen zur besseren Berücksichtigung der Risiken von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen.

Mangelnde Unabhängigkeit

Zu den Vorfällen um die Hochseeschiffe wurde auch eine Administrativuntersuchung durchgeführt. Das WBF betraute die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) damit. Das WBF hätte das nicht tun sollen, und die EFK hätte den Auftrag nicht annehmen sollen, finden die GPK.

Als Gründe nennt der Bericht die fehlende Unabhängigkeit der EFK und eine unklare Rechtslage. Hinzu kommt, dass die EFK die Untersuchung aus Sicht der GPK "mangelhaft" durchführte. Die wichtigsten Akteure - der ehemalige Stabschef des BWL und die ehemalige Delegierte für Landesversorgung - wurden nicht angemessen einbezogen.

Acht Empfehlungen

Die GPK haben auf Basis der Untersuchung acht Empfehlungen zuhanden des Bundesrates formuliert und ihn sowie die EFK um eine Stellungnahme bis Anfang Oktober ersucht. Unter anderem empfehlen sie, dass Führungsgespräche protokolliert und archiviert werden und dass die Organisationsstruktur des BWL überprüft wird.

Weitere Empfehlungen betreffen Administrativuntersuchungen. Der Bundesrat soll klären, ob es zulässig und zweckmässig ist, die EFK damit zu betrauen. Und er soll die Vorgaben betreffend Unabhängigkeit präzisieren. Schliesslich soll der Bundesrat einheitliche Vorgaben für den Vollzug von Bürgschaften prüfen.

Nicht untersucht haben die GPK die Vorgänge rund um den Verkauf der Schiffe. Damit befasst sich die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte. Die Bundesanwaltschaft wiederum führt eine Strafuntersuchung gegen den früheren Stabschef des BWL durch. Das Ergebnis der Administrativuntersuchung wurde bisher nicht veröffentlicht, weil sich Betroffene wehren. Dazu ist ein Verfahren hängig.

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