RaumplanungLeuthard warnt vor Zersiedelungsinitiative
SDA
26.11.2018 - 11:24
Die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen, die am 10. Februar 2019 zur Abstimmung kommt, will die Grösse der Bauzonen einfrieren. Bundesrätin Doris Leuthard hält eine so starre Regelung für ungerecht und kontraproduktiv.
Inzwischen sei allen bewusst, dass Boden eine nicht erneuerbare Ressource sei, sagte die Raumplanungs- und Umweltministerin am Montag bei ihrem letzten Auftritt im Medienzentrum des Bundeshauses. Es sei daher richtig und wichtig, die vorhandenen Siedlungsflächen besser zu nutzen und Bauzonen massvoll festzulegen.
Die Initiative "Zersiedelung stoppen - für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung" (Zersiedelungsinitiative) hält Leuthard aber für den falschen Ansatz. Diese sei zu starr, weil sie den regionalen Unterschieden nicht Rechnung trage. Sie sei ungerecht, weil sie jene Kantone und Gemeinden bestrafe, die bisher sorgsam mit dem Boden umgegangen seien.
Zudem bestehe die Gefahr, dass die Verknappung des Bodens zu höheren Mieten und Bodenpreisen führe. Kontraproduktiv ist die Initiative laut Leuthard darum, weil sie die Bautätigkeit dorthin verlagert, wo es noch Bauland gibt - auch wenn dieses ungünstig liegt und schlecht erschlossen ist.
Radikale Lösung
Die Bevölkerung erwarte vom Bundesrat ganzheitliches Denken, sagte Leuthard. Dazu gehöre nicht nur der Schutz des Bodens und der Umwelt. Mit einem starren Bauzonen-Stopp würde es schwieriger, die Schweiz als Wohn- und Arbeitsort attraktiv zu halten. Eine so radikale Lösung lasse die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft ausser Acht und verhindere eine sinnvolle Entwicklung.
Die Initiative verkenne auch, dass Bund, Kantone und Gemeinden längst Massnahmen umsetzten, um die Grösse der Bauzonen einzuschränken und das Kulturland zu schützen. Die Bundesrätin erinnerte zum Beispiel an die 2014 in Kraft gesetzte Revision des Raumplanungsgesetzes.
Diese schränkt die Grösse der Bauzonen in einem Kanton auf den Bedarf der nächsten 15 Jahre ein. Zu grosse Bauzonen müssen ausgezont werden. "Die Kantone arbeiten mit Hochdruck daran, diese strengen Regeln umzusetzen", sagte Leuthard. Dafür haben sie noch bis Ende April 2019 Zeit. Auch das Gesetz zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, das seit 2016 gilt, schränkt die Bautätigkeit ein, vor allem im Berggebiet.
Mehr Spielraum für Kantone
Leuthard erinnerte weiter daran, dass der Bundesrat dem Parlament erst vor wenigen Wochen die zweite Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes vorgelegt hatte. Diese will das Bauen ausserhalb von Bauzonen neu regeln. Die Kantone sollen mehr Spielraum bekommen, sofern gleichzeitig die Gesamtsituation in einem bestimmten Gebiet verbessert wird.
Die Zersiedelungsinitiative hingegen will das Bauen ausserhalb von Bauzonen gegenüber heute stark einschränken. Grundsätzlich dürften nur noch Bauten für die bodenabhängige Landwirtschaft oder standortgebundene Bauten von öffentlichem Interesse wie Strassen oder Stromleitungen bewilligt werden.
Vorhaben in Tourismusregionen würden dadurch erschwert, sofern sie nicht im öffentlichen Interesse sind. Auch für die Landwirtschaft gäbe es neue Einschränkungen. Gewächshäuser oder Geflügelhallen dürften grösstenteils nicht mehr auf Landwirtschaftsland erstellt werden.
Siedlungsfläche wächst weiter
Die Zersiedelungsinitiative verbietet neue Einzonungen, sofern nicht eine andere unversiegelte Fläche von mindestens gleicher Grösse und vergleichbarem potenziellem landwirtschaftlichem Ertragswert ausgezont wird. Neben den Einschränkungen für Bauten ausserhalb von Bauzonen verlangt sie die Siedlungsentwicklung nach innen und günstige Rahmenbedingungen für nachhaltige Formen des Wohnens und Arbeitens.
Die Jungen Grünen haben die Initiative im Oktober 2016 mit 135'000 Unterschriften eingereicht. Grüne, JUSO, Alpeninitiative, umverkehR und weitere Jungparteien und Organisationen unterstützen das Volksbegehren. Das Parlament empfiehlt die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.
Gemäss einer Erhebung des Bundesamts für Statistik ist das Siedlungsgebiet in der West-, Zentral- und Nordschweiz zwischen 1982 und 2015 um fast einen Drittel gewachsen. Laut Leuthard geht auch der Platzbedarf pro Einwohner zurück. "Das heisst, dass die Rezepte zu wirken beginnen", sagte sie.
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