Dringliche Ratsdebatte «Bitte, Herr Bundesrat, wischen Sie diese Bedenken nicht einfach weg»

Von Anna Kappeler

18.12.2019

Raubüberfälle auf Geldtransporter, Einbruchserien, Angriffe auf Frauen – all das wird laut SVP in Schweizer Grenzregionen zum Problem. Eine flächendeckende Grenzkontrolle sei schlicht illusorisch, antwortet SVP-Bundesrat Maurer im Nationalrat.

Das Wichtigste in Kürze

Am Mittwochvormittag fand im Nationalrat eine dringliche Debatte statt. Auslöser dafür waren Vorfälle wie der Überfall auf einen Geldtransporter Anfang Dezember im Waadtländer Dörfchen Daillens Anfang Monat. Die SVP-Fraktion forderte deshalb mit Unterstützung einiger FDP-, CVP- und BDP-Politikern eine Diskussion zu Massnahmen gegen die grenzüberschreitende Kriminalität.

In den Voten wurde von den Befürwortern des Vorstosses gesagt, dass sich in Grenzregionen gewalttätige Straftaten häuften. Und so wurde etwa eine Aufstockung des Grenzwachtkorps gefordert. 



Die Gegner – insbesondere auch SVPler Ueli Maurer, der den Bundesrat vertrat – wollten von mehr Massnahmen jedoch nichts wissen. Die Landesregierung nehme diese Bedenken sehr ernst. Und doch fand Maurer deutliche Worte: «Es ist einfach nicht möglich, eine flächendeckende Kontrolle der Schweizer Grenze durchzuführen.» Das wäre illusorisch. 

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10:35 Uhr: Das war es auch von uns, vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

10:30 Uhr: Damit, dass der anwesende Bundesrat Ueli Maurer mit kritischen Fragen aus dem Plenum gelöchert wird, endet diese dringliche Debatte. Maurer ordnet seine Siebensachen, und nimmt wieder Platz.

Nationalratspräsidentin Isabelle Moret erklärt das Geschäft für beendet und erledigt – nicht ohne Hinweis allerdings, dass man bereits eine halbe Stunde im Verzug sei mit dem heutigen Programm.

«Wischen Sie diese Bedenken nicht einfach weg»

10:25 Uhr: Und noch eine Frage aus dem Saal, oder besser gesagt ein verbaler Angriff. Viele Grenzwächter seien doch überhaupt nicht zufrieden mit ihrer Arbeit bei der Grenzwache. «Bitte, Herr Bundesrat, wischen Sie diese Bedenken nicht einfach weg.»

Maurer antwortet, man nehme das Befinden der Grenzwächter durchaus ernst. «Ich führe auch immer wieder Einzelgespräche.»

Weitere Frage an Maurer: Er antwortet mit einer Einladung: «Kommen Sie einmal vorbei, und machen Sie sich vor Ort ein Bild, wie die Grenzwache arbeitet.» Pause. «Sie werden sich sehr wohlfühlen dort.» Gelächter im Saal.

10:21 Uhr: Die Kriminalität sei international und kenne keine Grenzen, so die Antwort Maurers. Man arbeite mit dem Kosovo zusammen, aber ja, das Problem sei nicht gelöst.

Bundesrat Maurer wird mit Fragen gelöchert

10:20 Uhr: Eine Frage aus dem Plenum der SVP an den eigenen Bundesrat: Was macht der Bundesrat im Kosovo, um den Drogen- und Waffenhandel bei der Wurzel zu bekämpfen?

10:17 Uhr: «Es ist einfach nicht möglich, eine flächendeckende Kontrolle der Schweizer Grenze durchzuführen», schliesst Bundesrat Maurer. Das wäre – schlicht eine Illusion.

10:16 Uhr: Der Bundesrat mache nicht nichts, verteidigt sich Ueli Maurer. Man habe reagiert. «Aber es gibt Grenzen. Wir könnten ein Gesichtserkennungssystem einbauen – aber wir müssen auch aufpassen, dass wir es nicht übertreiben.» Man müsse riskiobasiert agieren, aber auch diejenigen Bürger ernst nehmen, die nicht überwacht werden wollten. Es sei eine Abwägung.

10:15 Uhr: Man müsse die bescheidenen Kräfte, die man habe, richtig einsetzen, sagt Bundesrat Maurer weiter. Man arbeite zudem gut mit den ausländischen Sicherheitskräften zusammen. «Das funktioniert.»

Ein Problem aber gebe es in Genf: «Wenn wir jemanden festhalten wollen, dürfen wir ihn nicht über die Grenze und weiter nach Frankreich verfolgen.» Das sei unschön, gibt Maurer zu, aber man arbeite mit Frankreich an einer Lösung.

Eine Grenzwächterin kontrolliert mit einem Drogenhund einen Lastwagen an der Grenze in Vallorbe.
Eine Grenzwächterin kontrolliert mit einem Drogenhund einen Lastwagen an der Grenze in Vallorbe.
Bild: Keystone

Bundesrat Maurer lobt Grenzwache

10:10 Uhr: Nun spricht Bundesrat Ueli Maurer (SVP): «Die Zahl der Delikte nimmt ab. Aber die Gewaltbereitschaft ist höher.» Jeden Tag würden 2,1 Millionen Menschen die Grenze überqueren. «Es ist eine Illusion zu glauben, dass wir jede einzelne Person und jedes einzelne Fahrzeug kontrollieren könnten.»

Aber dennoch, lobt Maurer die Arbeit der Grenzwache: «76 Personen können wir täglich festhalten, die etwas auf dem Kerbholz haben. 106 Lastwagen werden täglich an der Weiterfahrt gehindert. Und 12 Kilo Drogen werden jeden Tag sichergestellt.»

10:05 Uhr: Die SP hat jetzt das Wort. Zuerst spricht Valérie Piller Carrard, gefolgt von Pierre Alain Fridez aus dem Jura. «Ich rufe Sie auf, nachzudenken. In meiner Region funktioniert die Zusammenarbeit mit den Polizeien.» Der traditionelle Krieg sei nicht unser Problem, das Problem liege anderswo.

10:00 Uhr: Gewaltverbrechen hätten in den letzten Jahren abgenommen, obwohl die Bevölkerungszahl gestiegen sei, sagt Glättli weiter. Die Schweiz sei sicherer geworden. «Sündenbock-Politik ist nicht angebracht.»

9:55 Uhr: Nun spricht Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli: «Wenn solche Ereignisse wie die Überfälle auf Geldtransporter stattfinden, wird die Frage laut, ob die Schutzmassnahmen ausreichend sind.» Glättli stört sich daran, dass diese Interpellation die Illusion erwecken wolle, man müsse nur die Grenzen schliessen, und solche Vorfällen verschwänden. «Das ist nicht so.»

9:50 Uhr: «Es ist halt schon so: Die Realität ist komplex», sagt jetzt Nicolas Walder für die Grünen. Auf Walder folgt Greta Gysin, eine Grüne aus dem Tessin. Der Lärmpegel steigt ein wenig – ob es daran liegt, dass Gysin auf Italienisch spricht?

«Die Schweiz braucht mehr internationale Zusammenarbeit»

9:45 Uhr: Beat Flach (GLP/AG) spricht jetzt: «Die Kriminalität in der Schweiz geht zurück. Dies, obwohl wir heute mehr Menschen sind. Wo ist es denn gefährlich in der Schweiz? In den eigenen vier Wänden!» Dort sei es statistisch gesehen am gefährlichsten in der Schweiz, sagt Flach.

«Aber zugegeben, an der Grenze ist es gefährlicher als anderswo in der Schweiz.» Das Land brauche vermehrte, internationale Zusammenarbeit! Sicherheit sei eines der obersten Gebote. Der Bundesrat habe das erkannt. «Die Grenzen zu sperren, wäre völlig unsinnig.» 

Es sei völlig unmöglich, auf diese Art und Weise irgendwelche Kriminalität einzuschränken. Es brauche mehr Zusammenarbeit und mehr Sisyphusarbeit der Kriminalisten.

9:35 Uhr: Noch immer hat die CVP das Wort, nun mit Nationalrat Vincent  Maitre. Auch er fordert den Bundesrat zum Handeln auf.
Auffällig: Je weiter links im Saal man schaut, desto leerer wird es. Doch auch die SVP, welche die dringliche Debatte forderte, ist nicht vollständig anwesend.

«Bern ist zuständig»

9:30 Uhr: Auch die Mitte will sich jetzt äussern. Aktuell gerade mit Marco Romano von der CVP. «Ständig das Schengen-Dublin-Abkommen negativ zu erwähnen, ist nur parteipolitische Rhetorik.» Romano teilt also aus gegen seine Vorredner. «Bern ist zuständig für die Kontrolle der Grenze.»

Die Grenzpolizei müsse Grenzpolizei bleiben, sie dürfe nicht in Administrativem versinken. «Nötig seien Ressourcen und Investitionen.» In den Grenzregionen wolle man konkrete Massnahmen sehen. Es gehe schliesslich um unser aller Sicherheit.

9:25 Uhr: Der Tessiner Freisinnige Rocco Cattaneo spricht nun. «Das Parlament hat im letzten Jahr zwar die Zahl des Grenzwachtkorps aufgestockt.» Aber das reiche nicht, um die Probleme mit der Kriminalität in den Griff zu bekommen. Die Risiken an der Grenze blieben bestehen – man müsse den Druck deshalb aufrechterhalten.

9:19 Uhr: Es geht für einmal wie der Blitz hier im Nationalratssaal. Bereits spricht jetzt Olivier Feller, ebenfalls von der FDP. Die Romands haben bei dieser Debatte klar den Lead. Schengen funktioniere einfach nicht ausreichend, antwortet Feller auf eine Frage eines Ratsgspänlis. Und der Bundesrat mache nichts dagegen, enerviert er sich.

Zwei Grenzwächter bei der Arbeit am Berninapass in Graubünden. 
Zwei Grenzwächter bei der Arbeit am Berninapass in Graubünden. 
Bild: Keystone

9:18 Uhr: Jetzt ist die FDP an der Reihe, für die Partei spricht Christian Lüscher. 

9:15 Uhr: Nun spricht Manuel Struppler von der SVP: «Der grenzüberschreitende Drogenhandel beschäftigt mich.» Gerade in der Ostschweiz sei das ein grosses Problem, doch der Polizei seien die Hände gebunden. Es ist unsere Aufgabe, unsere Jugend vor diesem Gift besser zu schützen.» Deshalb brauche die Schweiz bessere Grenzkontrolle  auch –wegen den Flüchtlingen. Markige Worte.

9:12 Uhr:  Fabio Regazzi von der CVP stellt nun eine Frage.

9:10 Uhr: Nun ergreift Piero Marchesi (SVP/TI) das Wort. Er spricht auf Italienisch für seine Grenzregion: das Tessin. 

9:08 Uhr: Amaudruz ist hörbar aufgebracht. In Genf könnten die Frauen nicht mehr ohne Angst ausgehen.

9:07 Uhr: Anwesend im Nationalratssaal ist Bundesrat Ueli Maurer von der SVP. Ansonsten ist im Saal über die Hälfte der Sitze verwaist.

9:05 Uhr: Die Sicherheit sei eine nationale Aufgabe, sagt Amaudruz anklagend an die Adresse des Bundesrates. Die kantonalen Polizeien müssten besser geschützt werden.

9:00 Uhr: Das Wort hat Céline Amaudruz (SVP/GE). Sie ist die Sprecherin der dringlichen Interpellation. Sie spricht auf Französisch. Auch sie spricht vom kürzlichen Überfall auf einen Geldtransporter Anfang Monat. Und sie zählt mehrere Vorfälle auf, bei denen junge Frauen angegriffen wurden.

8:55 Uhr: Es geht los. Herzlich willkommen zum Ticker, liebe Leserinnen und Leser.

Die Ausgangslage

Ausgangspunkt ist ein Vorstoss der SVP-Fraktion: In Grenzregionen würden sich gewalttätige Straftaten häufen, schreibt die SVP darin. Neustes Beispiel ist der Überfall auf einen Geldtransporter Anfang Dezember  im Waadtländer Dörfchen Daillens.

Die Bevölkerung sei verunsichert und fordere, dass der Staat seine Kernaufgabe wahrnehme, für Recht und Ordnung zu sorgen.

Das Ratsbüro hatte diese Interpellation in der ersten Sessionswoche für dringlich erklärt, weswegen heute der Nationalrat darüber diskutiert. Unterschrieben haben den Vorstoss der SVP auch Parlamentarier der CVP, der BDP und der FDP. 


Galerie: Spektakulärer Überfall auf Geldtransporter

Der Bundesrat sieht keinen zusätzlichen Handlungsbedarf, wie er in einer Stellungnahme zum Vorstoss schreibt. Er nehme die Bedenken der lokalen Behörden und der Bevölkerung zwar sehr ernst. Eine allgemeine Verschlechterung der Sicherheitslage in den Grenzregionen könne jedoch nicht bestätigt werden, heisst es weiter.

Weiter wirft die SVP die Frage auf, ob das Grenzwachkorps mit dem derzeitigen Bestand in der Lage wäre, temporäre Grenzkontrollen oder andere zusätzliche Massnahmen durchzuführen. Und ob die Militärpolizei das Grenzwachkorps punktuell unterstützen könnte.

Der Bundesrat will von einer vorübergehenden Wiedereinführung systematischer Grenzkontrollen aber nichts wissen. Es gebe dafür keinen Anlass.

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