Auswahl der Richter Manipulations-Vorwürfe gegen Schweizer Verwaltungsgericht

gbi

18.5.2022

Geht hier alles rechtens zu? Das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen.
Geht hier alles rechtens zu? Das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen.
Bild: Keystone

Die Richterbank am Bundesverwaltungsgericht sollten eigentlich nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzt werden. Weil aber häufig von Hand nachgebessert wird, steht ein schwerwiegender Verdacht im Raum. 

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Es sind happige Vorwürfe, die Gabriel Püntener gegen das Bundesverwaltungsgericht erhebt: Die Zusammensetzung der Richterbank werde bewusst manipuliert, sagt der Rechtsanwalt. Entscheidend sei dabei das Parteibuch der Richter*innen, vermutet der Rechtsanwalt in der «Rundschau» von SRF. Er hat Strafanzeige eingereicht.

Dazu muss man wissen: Immer drei Richter*innen bilden den sogenannten Spruchkörper. Seine Zusammensetzung wird von einem Computer nach dem Zufallsprinzip entschieden. Doch in 45 Prozent der Fälle würden Mitarbeitende des Gerichts die Zusammensetzung des Spruchkörpers nachträglich von Hand geändert – das habe Ende 2021 eine Untersuchung von knapp 50'000 Gerichtsentscheiden durch die Universitäten Zürich und Bern gezeigt.

Oft gibt es dafür laut SRF legitime Gründen, wie die Sprachkenntnisse oder Ferienabwesenheiten. Rechtsanwalt Püntener dagegen fiel auf, dass in jedem dritten seiner Gerichtsfälle die Richterbank aus zwei oder sogar drei SVP-Richter*innen bestand. Das machte ihn skeptisch.

Gerichtspräsident: «Wir sind unabhängig»

Recherchen der «Rundschau» zeigen, dass die Auswahl der Richter*innen in Fällen des Anwalts offenbar extra wegen seiner Person abgeändert wurde. In mindestens drei Fällen sei dazu das Stichwort «Püntener» festgehalten worden.

Das Bundesverwaltungsgericht hält dagegen, dass das Parteibuch der Richter*innen keine Rolle spiele. «Wir sind unabhängig – auch von den Parteien», hält Gerichtspräsident Vito Valenti fest. Den Namensvermerk erklärt das Gericht damit, dass dessen Eingaben häufig sehr umfangreich gewesen seien, und daher «auf verschiedene Instruktionsrichterinnen und -richter» hätten verteilt werden müssen.

Ein Verwaltungsrechtspezialist der Universität Basel, Markus Schefer, findet das Vorgehen des Gerichts heikel: «Regelungen, die nur auf eine Person, einen Anwalt bezogen sind, das ist vor Gericht sicher nicht zulässig.»

Kommt es nun zu Revisionsgesuchen?

Und auch der «Tagesanzeiger» kommt aufgrund eigener Recherchen zum Schluss, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der Auswahl der Richter*innen manipuliert und mutmasslich Vorschriften verletzt habe. So hätten etwa Unbefugte die Änderungen vorgenommen. Gemäss der Zeitung könnten Betroffene nun eine Neubeurteilung ihres Falles verlangen, in Form von Revisionsgesuchen.