Medizin Zürcher Wissenschaftler halten Organ in künstlichem Körper am Leben

SDA

14.1.2020 - 00:00

Ein Chirurg schliesst eine Leber an die neue Perfusionsmaschine an, die sie eine Woche am Leben erhalten kann.
Ein Chirurg schliesst eine Leber an die neue Perfusionsmaschine an, die sie eine Woche am Leben erhalten kann.
Source: Universitätsspital Zürich

Forschende von ETH und Universität Zürich haben eine Maschine gebaut, die eine Spenderleber eine Woche lang am Leben erhalten kann. So lassen sich möglicherweise auch mangelhafte Organe retten und doch noch verpflanzen.

Eine Pumpe ersetzt das Herz, ein Oxygenator die Lunge, eine Dialyseeinheit die Nieren. Hormon- und Nährstoffinfusionen übernehmen das, was normalerweise Darm und Bauchspeicheldrüse zur Verfügung stellen würden. Und rhythmische Bewegungen imitieren das Auf und Ab des Zwerchfells beim Atmen. Es ist fast ein rudimentärer, künstlicher Körper, den ein Team vom Universitätsspital, der Universität und der ETH Zürich unter dem Dach von «Wyss Zurich» entwickelt haben, um eine Leber ausserhalb des menschlichen Körpers am Leben zu erhalten.

Als das Projekt «Liver4Life» 2015 begann, konnte man eine Spenderleber nur maximal 24 Stunden in einem solchen Perfusionsapparat aufbewahren, der sie mit Blut, Sauerstoff und Wärme versorgte. Nun konnte das Team um Pierre-Alain Clavien vom Unispital und Philipp Rudolf von Rohr von der ETH Zürich mit ihrer neu entwickelten Perfusionsmaschine Spenderlebern ganze sieben Tage am Leben erhalten, wie die Forschenden im Fachblatt «Nature Biotechnology» berichten.

Behandlungen vor Transplantation möglich

Diese Überlebensdauer eröffnet neue Möglichkeiten, die Leber vor der Transplantation zu behandeln, beispielsweise sie zu regenerieren, schreiben die beteiligten Forschungsinstitutionen in einer gemeinsamen Mitteilung vom Montag. Es werde so möglich, mangelhafte Spenderlebern zu retten und zu transplantieren.

Die Forschenden entwickelten ihre Perfusionsmaschine zunächst mithilfe von Schweinelebern und optimierten die Bedingungen. Dann testeten sie den Apparat mit zehn menschlichen Spenderlebern, die alle nicht die Qualitätskriterien für eine Transplantation erfüllten und von den europäischen Transplantationszentren abgewiesen worden waren. Sechs davon zeigten nach der Perfusion in der Maschine jedoch wieder eine hervorragende Funktionsfähigkeit.

«Pro Jahr sterben in der Schweiz etwa zwanzig bis dreissig Personen, während sie auf eine Spenderleber warten», sagte Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Unispital Zürich, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Wenn man dank der neuen Maschine einige zunächst für die Transplantation ungeeigneten Spenderlebern regenerieren und doch transplantieren könnte, könnte man womöglich pro Jahr zwanzig zusätzliche Organe transplantieren, schätzt der Mediziner.

Erste Transplantation schon dieses Jahr

Bereits dieses Jahr soll laut der Mitteilung eine mit dem neuen Verfahren behandelte Leber eingesetzt werden. «Wir sind bereit», sagte Clavien zu Keystone-SDA. Auch das internationale Interesse an der Perfusionsmaschine dürfte gross sein, ist er überzeugt.

Eine weitere Vision, die sich mit dem Apparat verwirklichen liesse, wäre die Behandlung von Patienten mit Lebertumoren, wie der Mediziner erklärte. «Die Idee wäre, einen Teil einer erkrankten Leber zu entnehmen, ausserhalb des Körpers zu behandeln und dann wieder einzusetzen.» Es gebe viele Patienten mit schwer zu behandelndem Leberkrebs, die von einer solchen Autotransplantation profitieren könnten.

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