Zinsanstieg Mietwohnungen werden knapp, doch bauen will niemand

lpe

11.8.2022

Anreize, um den Wohnungsbau anzukurbeln, fehlen. (Archivbild)
Anreize, um den Wohnungsbau anzukurbeln, fehlen. (Archivbild)
Keystone/ENNIO LEANZA

Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist hoch, das Angebot tief – doch gebaut wird nicht mehr. Eine Raiffeisen-Studie rechnet darum mit stark steigenden Preisen. Unbeeindruckt von den steigenden Zinsen zeigt sich hingegen der Eigenheim-Markt.

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11.8.2022

Wer momentan eine Wohnung zur Miete sucht, muss sich mit wenig Angebot zufriedengeben: Weniger als 1 Prozent des gesamten Wohnungsbestands war am 1. Juni auf Onlineportalen zur Vermietung oder zum Verkauf ausgeschrieben gewesen, wie die Bank Raiffeisen in einer aktuellen Studie schreibt. Letztmals so tief war die Quote vor zehn Jahren.

Bereits seit Ende 2021 sei ein starker Rückgang auf den Internetportalen festzustellen. Im Juni 2022 seien 40 Prozent weniger Inserate auf den Immobilienportalen online als noch vor sechs Monaten.

«Nach Jahren des Überangebots stehen im Mietwohnungsmarkt alle Zeichen auf Knappheit», so das Fazit.

Angeheizt werde die steigende Nachfrage durch die zunehmende Individualisierung, die Zuwanderung und die demografische Alterung, gleichzeitig würden immer weniger neue Wohnungen gebaut. Ein deutlicher Anstieg der Mieten sei darum nur eine Frage der Zeit, «das Thema wird auf der politischen Agenda nach oben rücken», wird Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff in einer Medienmitteilung zitiert.

Eigenheimmarkt zeigt sich unbeeindruckt

Währenddessen zeigt sich der Eigenheimmarkt laut Raiffeisen vom jüngsten Zinsanstieg «völlig unbeeindruckt und in weiterhin sehr guter Verfassung». Da das Angebot immer noch gering sei, sollen die Preise nach der Zinserhöhung bei den längerfristigen Hypotheken weiter steigen.

Laut der Studie haben sich Einfamilienhäuser gegenüber dem Vorquartal um 1,3 Prozent verteuert. Für Stockwerkeigentum muss man sogar fast 3,5 Prozent mehr hinblättern. Das Tempo, mit dem sich der seit 20 Jahren anhaltende Preisboom fortsetze, bewege sich nahe an Rekordwerten. Die Preise stiegen in sämtlichen Regionen der Schweiz an, «sowohl in der Stadt, der Agglo, als auch auf dem Land und in den Tourismusregionen».

Hypotheken mit schwankenden Zinsen statt fixen

Für Veränderung haben die steigenden Zinsen bei den bevorzugten Zahlungsoptionen gesorgt: Anstatt zu Festhypotheken greifen die Kund*innen lieber zu den sogenannten Geldmarkt-Hypotheken. Im Juni und Juli wurden laut Raiffeisen erstmals mehr Geldmarkthypotheken als Festhypotheken abgeschlossen.

Die Geldmarkthypotheken richten sich nach dem Saron, einem Schweizer Referenzzinsatz, der sich eng am offiziellen Leitzins der Schweizerischen Nationalbank orientiert und täglich angepasst wird. Anders als bei einer Festhypothek muss der Kunde oder die Kundin mit schwankenden Zinsen umgehen.

Doch warum dieser Wandel? «Festhypotheken haben sich markant verteuert, während Geldmarkthypotheken unverändert günstig zu haben sind», schreiben die Autoren der Studie. Auch langfristig zahle sich die Saron-Hypothek aus. «Langfristig war die Geldmarkthypothek in der Vergangenheit die günstigste Finanzierung. Gegenüber zehnjährigen Festhypotheken betrug die Einsparung seit 1988 rund ein Drittel», erklärt Chefökonom Neff.

Erst wenn der Leitzins in den positiven Bereich drehe, werde auch die Saron-Hypothek teurer. Die Beliebtheit der Hypothek zeige, dass die Kundschaft darauf vertraue, «dass die Nationalbank die Inflation hierzulande einigermassen im Griff behält».