Traditionsbeiz geht nach 250 Jahren zu«Für uns ist es sehr traurig, schliessen zu müssen»
Samuel Walder
20.10.2024
Die Geschichte des Restaurants Freihof in Schmidrüti ZH reicht lange zurück. Jetzt schliesst die Familie die Tore des Gasthauses. Ein letztes Mal laden sie zur Metzgete ein.
Samuel Walder
20.10.2024, 00:00
Samuel Walder
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Das Restaurant Freihof in Schmidrüti ZH schliesst nach 30 Jahren unter der Leitung von Jakob und Ursula Furrer.
Trotz emotionalen Abschieds hoffen die Furrers, dass ihre Enkelkinder das Gasthaus in etwa zehn Jahren wieder eröffnen.
Die Familie blickt auf ereignisreiche Zeiten in der Gastronomie zurück.
Auf halber Höhe des Sitzbergs liegt das 90-Seelen-Dorf Schmidrüti, das zum zürcherischen Turbenthal gehört. Das Restaurant Freihof liegt inmitten des Dorfes, ist aber weit über die Bezirksgrenzen bekannt. Die Familie Furrer betreibt das Restaurant seit 30 Jahren. Doch die Geschichte reicht noch viel weiter in die Vergangenheit zurück.
Seit 1711 ist der Freihof das Zuhause der Familie und wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Jakob und Ursula Furrer sind bereits die zehnte Generation, die im Freihof wirtschaftet.
Metzgete-Zeit auf dem Freihof – zum letzten Mal
Furrers stehen am Donnerstagabend in der Küche ihres Gasthauses. Sie sind voll konzentriert und posieren nur schnell und knapp für ein Bild für blue News. Das Haus ist völlig ausgebucht – und das für die nächsten Wochen. Die Metzgete-Saison hat begonnen. Es gehört zur Tradition der Familie.
«Zweimal Leberli, einmal Sauerkraut, Rösti und zwei grosse Blutwürste», ruft die Wirtin durch die Küche. Ihre Enkelinnen helfen fleissig mit und sind mittlerweile schon fast Teil des Personals. Die Gäste sind hungrig und freuen sich auf ein letztes Mahl vor der Schliessung.
Für Furrers ist es eine emotionale Angelegenheit. «Für uns ist es sehr traurig, nach dreissig Jahren das Restaurant schliessen zu müssen», sagt Ursula Furrer. «Mein Mann und ich sind nun beide 70 Jahre alt und wir haben beschlossen, dass wir nun aufhören müssen.»
Sie seien beide zwar immer noch sehr fit und würden noch weiter arbeiten wollen. «Man soll es aber nicht überstrapazieren und aufhören müssen, wenn es nicht mehr geht», sagt sie. Schweren Herzens werden sie ihre Tore also schliessen.
Die Familie hofft in zehn Jahren auf eine Wiedereröffnung
Furrers haben vier Kinder. Leider könne niemand das Restaurant übernehmen. «Unsere Kinder haben alle gute Jobs, haben bereits Familien und sind fest verankert in ihrem Leben», erklärt Ursula Furrer. Niemand habe das Gasthaus übernehmen können.
Hoffnung besteht dennoch: «Zwei meiner Enkelkinder machen eine Lehre zur Hotelfachfrau. In etwa 10 Jahren könnten die beiden dann das Gasthaus wieder übernehmen und weiter bewirtschaften», sagt Frau Furrer. In der Zwischenzeit vermieten Furrers das Haus einer jungen Familie. Diese werde dann immerhin noch ein «Bed and Breakfast» daraus machen.
Furrers erlebten die Entwicklung der Gastronomie mit
Das Restaurant sei immer gut gelaufen, sagt Furrer zu blue News. Und fügt an: «Wir hatten super gute Gäste und auch viele Stammgäste. Wenn ich jetzt so daran denke, dass ich sie zum letzten Mal im Restaurant sehe, kommen mir fast die Tränen.»
Sie hätten in den 30 Jahren viel erlebt. «Die Gastronomie hat sich stark verändert in dieser Zeit.» Das Rauchverbot wurde eingeführt, die Mehrwertsteuer kam in die Schweiz, Öffnungszeiten wurden reguliert. «Wir waren einer der ersten, die ein Rauchverbot im Inneren des Hauses aushingen», erinnert sich Furrer.
Die Familie hatte Glück mit den Gästen. Furrer sagt: «Wir hatten immer sehr tolerante und verständnisvolle Kundschaft.» Sie hätten nie Probleme gehabt. Als es hiess, die Öffnungszeiten in der Gastronomie würden auf 22 Uhr beschränkt, habe sich damals niemand beschwert,.
Das Leben auf dem Freihof erinnert an eine Soap
Wenn sich Jakob und Ursula Furrer zurückerinnern, beschreiben sie ihre Leben im Freihof als ein Theater. «Heutzutage gibt es ja Soaps. Wenn mal ein Kamerateam bei uns filmen würde, könnte man locker eine ganze Serie draus machen», sagt sie. Jeder Gast habe seine eigene Geschichte. Und dann die verschiedenen Lebensabschnitte der Kinder und der Familie. Es sei so viel passiert, dass Furrers ein ganzes Buch schreiben könnten.
Auf die letzten 30 Jahre schauen sie mit einem lachenden Auge zurück. Doch in die nahe Zukunft blicken sie mit einem weinenden Auge. Sie sind aber nach wie vor überzeugt, dass es die richtige Entscheidung sei.
Dennoch fällt es ihnen schwer, das Restaurant aufzugeben. «Nur mit einer richtigen Familie und wunderbarem Personal ist so ein Gasthof überlebensfähig. Denn ohne solch eine grosse Unterstützung hätten wir das nie so weit geschafft», sagt Furrer.
Mittlerweile hat sich der Saal im oberen Stock des Hauses und die Abendstube im Parterre gefüllt. Aus den oberen Sitzreihen setzt ein Jodelchor zum Ständchen an und ist bis in die Küche hörbar. Es sind Momente, an die sich die Familie noch lange erinnern wird. Vorerst müsse jetzt aber die Metzgete einwandfrei, mit vollen Mägen und zufriedenen Gästen über die Bühne gehen.
Und dann freuen sich Furrers, endlich ein bisschen reisen zu können, mit ihren Enkelkindern Zeit zu verbringen – und einfach mal das Leben zu geniessen.
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