Abgewiesene, die nicht ausreisen können, Sans-Papiers, die sich nicht ausweisen können, Untergetauchte, die ausgebeutet werden: Die Migrationskommission hat Empfehlungen erarbeitet, welche die Situation abgewiesener Asylsuchender verbessern sollen – ohne Pull-Effekt .
Zum (heutigen) Internationalen Tag der Migrantinnen und Migranten hat die Eidgenössische Migrationskommission EKM die Situation von abgewiesenen Flüchtlingen unter die Lupe genommen, namentlich die von «regulär Illegalen». Grundlage bildet die Studie «Personen, die aus dem Asylsystem ausscheiden» der Beratungsfirma KEK.
Daraus abgeleitet wurden sieben Empfehlungen, die darauf abzielen, «den Menschen mit Ausreisepflicht Perspektiven zu bieten, damit sie aus der Prekarität eines ungesicherten Aufenthalts herauskommen können», wie das EKM in einer Mitteilung vom Mittwoch schreibt.
Das Paradox der «regulären Illegalität»
180'000 abgewiesene Asylsuchende wurden 2008 bis 2017 als «aus der Schweiz ausgereist» registriert. Bei rund der Hälfte von ihnen ist die Aufenthaltssituation nicht bekannt. Ein Teil ist untergetaucht und hält sich ohne reguläre Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz auf. Es wird geschätzt, dass bis zu 30 Prozent der in der Schweiz lebenden Sans-Papiers vorher ein Asylgesuch gestellt haben.
Aus dem Asylsystem ausgeschieden und eigentlich zur Ausreise verpflichtet, stehen viele Flüchtlinge ohne Ausweg und Perspektive unter enormem Druck. Eine laut EKM «beträchtliche Zahl» kann aufgrund von Vollzugshindernissen nicht ausreisen, selbst wenn sie wollte.
Wer sich nicht als Untergetauchter durchschlagen kann, zum Beispiel in illegalen Jobs zum Dumping-Lohn, lebt von Nothilfe, acht bis zwölf Franken pro Tag. Ende 2017 waren das 8500 abgewiesene Asylsuchende, mehr als die Hälfte schon seit über einem Jahr.
Diese leben in der paradoxen Situation der «regulären Illegalität»: Sie dürfen keine Arbeit ausüben und keine Integrationsangebote wahrnehmen. Sie leben unter dem Druck der Ausreise und der Angst vor Ausschaffung, viele werden krank, «wenn nicht physisch, dann psychisch» laut EKM.
Flexibilität gefordert
Abhilfe erfordert Flexibilität. Gut integrierte Langzeitaufenthalter sollten beispielsweise leichter eine Härtefallbewilligung erhalten. Ausserdem sollten mehr als die bisher zehn Prozent der Abgewiesenen Rückkehrhilfe bekommen, und sie sollten ihre Vorstellungen dabei auch selbst einbringen können.
Beschäftigung und Kurzausbildung sollten ermöglicht werden, selbst wenn die entsprechenden Personen zur Ausreise verpflichtet sind: Denn egal, wo sie hingehen, ob ins Ursprungs- oder ein Drittland, erworbenes Wissen und erlernte Fähigkeiten seien immer von Nutzen.
Ein Ausweis bedeutet Identität
Eine weitere Empfehlung betrifft die Möglichkeit, dass Nothilfebezüger sich ausweisen können und deshalb nicht dauernd Sanktionen von Ordnungskräften ausgesetzt sind. Entsprechende Modelle gibt es bereits: Der Kanton Waadt stellt nothilfebeziehenden Personen Bescheinigungen aus, die von der Polizei akzeptiert werden. Und das Projekt City Card Zürich und Bern sieht Ausweise vor für alle, die in der Stadt wohnen.
Die siebte und letzte Empfehlung betrifft die Kinder: «Kinder von abgewiesenen Asylsuchenden dürfen nicht für das Verhalten ihrer Eltern bestraft werden. Es ist daher sicherzustellen, dass sie in einem akzeptablen Umfeld leben, die öffentliche Schule besuchen und eine Ausbildung – Berufslehre oder eine andere Ausbildung auf Sekundarstufe – absolvieren können. Die Unterbringung in Kollektivunterkünften kann ebenso wenig akzeptiert werden wie lediglich interne Beschulung» heisst sie im Wortlaut.
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