Psychiatrie Neue Tarifstruktur macht Psychiatrie teurer

SDA

3.7.2020 - 10:44

710 Franken kostet ein Pflegetag in der psychiatrischen Klinik, in Spitälern etwas mehr. Seit der Einführung des Tarifsystems Tarpsy vor zwei Jahren steigen die Kosten allgemein leicht an. Unter anderem, weil das System viel Abrechnungsaufwand erfordert. (Archivbild)
710 Franken kostet ein Pflegetag in der psychiatrischen Klinik, in Spitälern etwas mehr. Seit der Einführung des Tarifsystems Tarpsy vor zwei Jahren steigen die Kosten allgemein leicht an. Unter anderem, weil das System viel Abrechnungsaufwand erfordert. (Archivbild)
Source: Keystone/STEFFEN SCHMIDT

Anfang 2018 ist die neue Tarifstruktur für stationäre Psychiatrie (Tarpsy) in Kraft getreten. Statt Tagespauschalen werden nun leistungsbezogene Pauschalen abgerechnet. Das erhöht die Kosten, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) ausgerechnet hat.

In den letzten Jahren vor Einführung von Tarpsy betrugen die Tagespauschalen im Schnitt 653 Franken (2016) respektive 660 Franken (2017), mit Tarpsy 681 Franken (2018), also 3,2 Prozent mehr als 2017.

Die Kosten variieren erheblich je nach Spitaltyp. 24'032 Franken kostet ein Psychiatrie-Fall durchschnittlich in einer psychiatrischen Klinik. In einem allgemeinen Spital sind es dagegen nur 14'625 Franken. Dies, obwohl die Tagespauschalen in psychiatrischen Kliniken tiefer liegen.

Dort kostet ein Pflegetag im Schnitt 710 Franken, in einem Spital mit Zentrumsversorgung sind es dagegen 734 Franken. Dass die Behandlung im Spital dennoch günstiger kommt, liegt an der geringeren Aufenthaltsdauer.

Jugendliche brauchen länger für Erholung

Die Länge des Aufenthalts in einer psychiatrischen Klinik ist unter anderem eine Altersfrage: Zu Behandelnde unter 18 Jahren verzeichnen die längsten Präsenzen, nämlich 47,1 Tage im Fall von körperlichen, Intelligenz- und Entwicklungsstörungen und 43,4 Tage bei Schizophrenie und akut psychotischen Störungen.

Am schnellsten die stationäre Behandlung in der psychiatrischen Klinik abschliessen können Leute mit Verhaltungsstörungen infolge von Alkoholkonsum, nämlich 21 Tage im Schnitt. Am zweitschnellsten auf die Beine kommen Erwachsene mit neurotischen, somatoformen oder Belastungsstörungen, nämlich im Schnitt nach 21,1 Tagen.

Depressive Störungen am häufigsten

Die Diagnose, welche die meisten Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken generiert, ist Depression, knapp 25'000 Fälle hat das BFS gezählt; jeder dritte Pflegetag wird über den dazugehörigen Tarif abgerechnet.

An zweiter Stelle folgen Schizophrenie oder akut psychotische Störungen (etwa 17'500 Fälle), dahinter Alkoholmissbrauch (12'000), neurotische, somatoforme und Belastungsstörungen (11'000), sowie Demenz, Alzheimer und andere Störungen des Zentralnervensystems (6000).

Im Alter um die 50 ist die Wahrscheinlichkeit, stationär psychiatrisch behandelt zu werden, am höchsten. Der Modalwert liegt bei 53 Jahren bei Frauen und 50 Jahren bei Männern. Im Durchschnitt sind Frauen in der Psychiatrie 47,3, Männer 44,9 Jahre alt. Frauen stellen 51,6 Prozent der Patienten. Das heisst nicht, dass sie öfter «spinnen» als die Männer – sie sind in der Bevölkerung genauso stark übervertreten.

Viel Bürokram: Fast 20 Mal so viele Codes

Tarpsy verlangt der Ärzteschaft und dem Pflegepersonal einiges an Administration ab. Im neuen System sind die vom Pflegepersonal während des Aufenthalts erfassten Informationen nämlich massgebend für deren Vergütung. Deshalb werden sie auch ausgiebig aufgeführt.

Das schlägt sich in der höheren Anzahl der pro Fall erfassten Diagnosecodes nieder. Sie sind von 2,88 im Jahr 2016 auf 4,14 im Jahr 2018 gestiegen. Die Anzahl der Prozedurencodes hat sich im gleichen Zeitraum sogar von 0,94 auf 18,92 erhöht.

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