Fehde um NeutralitätParlament soll über Beitritt zum «European Sky Shield» entscheiden
su, sda
14.5.2024 - 18:30
Über den Schweizer Beitritt zur «European Sky Shield Initiative» soll das Parlament entscheiden. Das will die zuständige Nationalratskommission mit einer Motion durchsetzen. Eine knappe Mehrheit der Kommission stellt sich indes hinter einen Beitritt.
su, sda
14.05.2024, 18:30
SDA
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Über den Schweizer Beitritt zur «European Sky Shield Initiative» soll das Parlament entscheiden.
In einer Konsultativabstimmung sprach sich die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SIK-N) mit 12 zu 11 Stimmen und mit 1 Enthaltung für den Beitritt aus.
Die starke Minderheit hingegen stellt sich gegen den Beitritt zur «European Sky Shield Initiative» (ESSI).
In einer Konsultativabstimmung sprach sich die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SIK-N) mit 12 zu 11 Stimmen und mit 1 Enthaltung für den Beitritt aus, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Die Mehrheit sieht den Beitritt als mit der Neutralität vereinbar an.
Der Bundesrat habe in der Zusatzerklärung und in einem Memorandum of Understanding neutralitätsrechtliche Vorbehalte angebracht, argumentiert die Mehrheit zudem. Damit könne zum Beispiel jegliche Mitwirkung der Schweiz an internationalen militärischen Konflikten ausgeschlossen werden.
Nicht vereinbar mit Neutralität
Die starke Minderheit hingegen stellt sich gegen den Beitritt zur «European Sky Shield Initiative» (ESSI). Diese gehe über die Koordination von Beschaffungsvorhaben hinaus und wolle letztlich einen europäischen Luftabwehrschild schaffen. Das wäre in ihren Augen nicht vereinbar mit der Neutralität.
Auch wenn sich die Schweiz auf die kooperative Beschaffung von bodengestützten Luftverteidigungssystemen beschränke, ist laut der Minderheit zu befürchten, dass mit der «Sky Shield»-Initiative bei künftigen Beschaffungen die Auswahl eingeschränkt würde. Dies auch darum, weil zahlreiche Staaten an der Initiative nicht teilnähmen.
Ein wichtiger Diskussionspunkt in der SIK-N war, ob der Bundesrat die Parlamentskommissionen zum Beitritt zur «Sky Shield»-Initiative konsultieren oder ob das Parlament über den Beitritt formell entscheiden muss. Mit einer Motion, die die Kommission mit 13 zu 11 Stimmen verabschiedete, soll der Bundesrat nun beauftragt werden, den Räten das Vertragswerk zur Genehmigung vorzulegen.
Schutzschirm über Europa
In den Augen der starken Minderheit hat der Bundesrat gemäss Militärgesetz die Kompetenz, den Beitritt zu beschliessen. In diesem Nein-Lager finden sich Vertreterinnen und Vertreter von SP, Mitte-Partei, FDP und GLP.
Die Teilnahme am Sky Shield hatte der Bundesrat im April beschlossen; die SIK-N wurde zum Entscheid konsultiert. Die «Sky Shield»-Initiative war im August 2022 von Deutschland lanciert worden, ein halbes Jahr nach den ersten russischen Angriffen in der Ukraine.
Die Initiative soll helfen, Lücken im Schutzschirm für Europa zu schliessen – Vorbild ist der israelische «Iron Dome». Zweck von «Sky Shield» ist es, Beschaffungsvorhaben zur Luftverteidigung besser zu koordinieren und allenfalls zu bündeln.
Das soll die Interoperabilität verbessern und es ermöglichen, bei der Beschaffung von Systemen Skaleneffekte zu nutzen. Auch sollen Kooperationen bei Ausbildung, Unterhalt und Logistik möglich werden.
Koordination und Logistisches
Für die Schweiz stehen nach Angaben des Bundesrates eine bessere Koordination bei Beschaffungsvorhaben und der Ausbildung sowie logistische Aspekte im Bereich der bodengestützten Luftverteidigung im Vordergrund.
Die Schweiz kann nach Angaben des Bundesrates weiterhin frei entscheiden, wo und in welchem Ausmass sie sich an «Sky Shield» beteiligt und welche Systeme für die bodengestützte Luftverteidigung sie beschafft. Einen Vorentscheid für ein bestimmtes System stelle die Teilnahme nicht dar, so der Bundesrat.
Die SVP und die Organisation Pro Schweiz kritisierten schon im Sommer 2023 das damalige Bekenntnis zur «Sky Shield»-Initiative scharf. Das Volk müsse dazu das letzte Wort haben. Verteidigungsministerin Viola Amherd entgegnete damals, dass die Entscheidkompetenz beim Bundesrat liege.