Fachkräftemangel bei Ordnungshütern Polizei sucht verzweifelt Nachwuchs – doch die meisten scheitern an den Prüfungen

Philipp Fischer

25.5.2024

Wer diese Uniform tragen will, muss schwierige Aufnahmeprüfungen bestehen.
Wer diese Uniform tragen will, muss schwierige Aufnahmeprüfungen bestehen.
Symbolbild: sda

Viele Schweizer Polizeikorps werben händeringend um qualifizierte Berufseinsteiger. Aspiranten gibt es eigentlich genug – doch die meisten Prüflinge scheitern an der körperlichen Fitness oder Deutschkenntnissen.

Philipp Fischer

25.5.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Schweizweit klagen Polizeikorps über mangelndes Personal.
  • Bis zu 90 Prozent der Bewerber*innen scheitern an dem mehrstufigen Auswahlverfahren.
  • Die Steigerung der Attraktivität des Polizeiberufs könnte Abhilfe schaffen.

Eine Stelle im Polizeidienst gilt in der Schweiz immer noch als angesehene Berufswahl. Der Topf mit Bewerbungen für den Staatsdienst ist in den einzelnen Kantonen – mit regionalen Unterschieden – grundsätzlich auch gut gefüllt. Letztendlich erweisen sich die meisten Bewerbenden jedoch als untauglich. Sie scheitern entweder an den formalen Anforderungen – oder schaffen die Eignungsprüfung nicht. Zwischen 70 und 90 Prozent schaffen die schwierigen Aufnahme- und Eignungsprüfungen nicht.

Besonders die städtischen Kantone kämpfen seit Jahren in ihren Dienststellen mit einer Unterbesetzung. Am stärksten ist der Kanton Basel-Stadt betroffen. Dort sind rund 100 Stellen unbesetzt, berichtet SRF. 

Die lange Liste des Scheiterns

Wer den Einstellungstest bei der Polizei bestehen will, muss einige formale Kriterien erfüllen und ein umfangreiches Auswahlverfahren bestehen. In der zweijährigen Ausbildung werden die persönliche, fachliche, körperliche und psychische Eignung für die Tätigkeit als Polizistin oder Polizist getestet. 

Viele Teilnehmende scheitern an den sozialen Anforderungen wie der Teamfähigkeit und der Kommunikation. So richtig trennt sich die Spreu vom Weizen aber bei den sportlichen Leistungstests. Zwar sind diese in den einzelnen Kantonen unterschiedlich, sie stellen landesweit aber die grösste Hürde für die Übernahme in den Polizeidienst dar.

In Basel-Stadt gilt es für Prüflinge einen Hindernisparcours zu überwinden, dazu stehen Schwimmen und Liegestützen auf dem Testprogramm. Männer müssen eine Strecke von 2,6 Kilometern in zwölf Minuten laufen, Frauen in derselben Zeit 2,4 Kilometer. Schon hier bleiben die meisten Bewerbenden auf der Strecke. Ist der körperliche Leistungstest vielleicht zu hoch angesetzt? Andreas Sonntag, Leiter Ressort Physis bei der Kantonspolizei Basel-Stadt, verneint: «Als Polizistin oder Polizist kann es gut sein, dass man mal jemandem hinterherrennen muss. Da sind auch Hindernisse im Weg und dann sind Koordination und Stehvermögen gefragt», so Sonntag gegenüber SRF.

Die körperliche Fitness muss bei Bewerbenden für den Polizeidienst ebenfalls stimmen. Doch die Durchfallquote ist hoch.
Die körperliche Fitness muss bei Bewerbenden für den Polizeidienst ebenfalls stimmen. Doch die Durchfallquote ist hoch.
Archivbild: Keystone

Auch die Sprachkenntnisse werden immer häufiger zur Stolperfalle bei der Übernahme in den Polizeidienst. Praktisch alle Deutschschweizer Kantonspolizeien nennen laut SRF als Grund für die hohe Durchfallquote mangelnde Deutschkenntnisse. Kim Feldmann, Ressortleiterin Recruiting & Marketing bei der Kantonspolizei Basel-Stadt, erklärt: «Wir und auch viele Kantone haben festgestellt, dass die jungen Menschen heutzutage die deutsche Sprache nicht mehr so gut beherrschen wie noch vor zehn bis 15 Jahren.» Feldmann empfiehlt in diesen Fällen dringend einen Vorbereitungskurs, um Schwächen im Fach Deutsch abzustellen.

Attraktivität des Polizeiberufs steigern

Vertreter des Verbandes Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB) führen die Personalnot auf den Polizeidienststellen weniger auf die strengen Aufnahmebedingungen zurück. Vielmehr sehen sie den allgemeinen Fachkräftemangel und die demografische Entwicklung als Hemmschuh für eine höhere Personalrate.

Der Verband wünscht sich deshalb eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, um die Attraktivität des Polizeiberufs zu steigern. Ähnliche Forderungen stellt auch die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten der Schweiz (KKPKS). Es sei weniger der Rekrutierungsprozess, der zu stagnierenden Anstellungszahlen führen würde, vielmehr müsste bei den Arbeitsbedingungen angesetzt werden. Schichtdienste sollten entschlackt, Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten gefördert und Arbeitsformen wie Teilzeit oder Homeoffice ausgebaut werden. Auch eine aktivere Frauenförderung könnte noch mehr Kandidatinnen zur Berufswahl bei der Polizei animieren.