Engpässe während Corona-Krise Psychotherapeuten rechnen neu über Krankenkasse ab

jeko, sda

19.3.2021 - 12:25

Die Vergütung der Psychotherapie durch die obligatorische Krankenversicherung wird neu. Der Bundesrat will mit diesem Entscheid auch Versorgungsengpässen entgegenwirken.

Eine Psychotherapeutin therapiert einen Klienten in ihrer Praxis in Zürich. Das Bild ist gestellt.
Eine Psychotherapeutin therapiert einen Klienten in ihrer Praxis in Zürich. Das Bild ist gestellt.
Bild: KEYSTONE

Keystone-SDA, jeko, sda

Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten rechnen ihre Leistungen künftig selbständig über die obligatorische Krankenpflegeversicherung ab. Dies hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom Freitag entschieden. Die Neuregelung tritt am 1. Juli 2022 in Kraft. Voraussetzung ist eine entsprechende Qualifikation und eine Berufsausübungsbewilligung des Kantons.

Heute können Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre Leistungen nur dann der obligatorischen Krankenkasse in Rechnung stellen, wenn sie im sogenannten Delegationsmodell mit einem Arzt, meist mit einem Psychiater oder einer Psychiaterin, zusammenarbeiten. Die Therapie erfolgt unter ärztlicher Aufsicht.

Mit dem Wechsel zum Anordnungsmodell ändert sich dies nun. Bedingung für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist eine Anordnung der Therapie durch einen Arzt oder eine Ärztin. So zum Beispiel eine Überweisung durch einen Hausarzt oder eine Hausärztin.

Versorgungsengpässe in der Krise

Gerade in der Corona-Krise zeigte sich, dass es zu wenige Plätze für psychotherapeutische Behandlungen gibt, die von den Kassen übernommen werden.

«Durch die Umstellung auf das Anordnungsmodell können Versorgungsengpässe bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen in Krisen- und Notfallsituationen reduziert werden», hält der Bundesrat fest. Menschen mit psychischen Problemen sollen so einfacher und schneller Zugang zur Psychotherapie erhalten.

Zahlen des Bundes gehen davon aus, dass im Laufe eines Jahres bei bis zu einem Drittel der Schweizer Bevölkerung eine psychische Krankheit eintritt, die in den meisten Fällen behandelt werden sollte. Am häufigsten sind Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen.

170 Millionen Franken pro Jahr

Der Bundesrat schränkt das Angebot aber auch ein. Pro ärztliche Anordnung sind maximal 15 Sitzungen möglich. Nach 30 Sitzungen muss mit dem Versicherer Rücksprache genommen werden, um eine Therapie zu verlängern.

Der Bund geht davon aus, dass künftig Psychotherapien im Umfang von rund 100 Millionen Franken durch die obligatorische Krankenkasse übernommen werden, die heute privat bezahlt werden. Langfristig rechnet der Bundesrat mit jährlichen Mehrkosten von rund 170 Millionen Franken.

Die Kostenentwicklung wird mit einem Monitoring überwacht.