#KeinFoodImZugReisende fordern ein Essverbot im öffentlichen Verkehr
Von Uz Rieger
20.12.2021
Mit der hochansteckenden Omikron-Variante wird nicht nur leidenschaftlich um Booster-Impfungen und FFP2-Masken diskutiert. Auch die Forderung nach einem Essverbot in den Zügen nimmt wieder Fahrt auf.
Von Uz Rieger
20.12.2021, 17:57
Von Uz Rieger
Die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus in öffentlichen Verkehrsmitteln ist so alt wie die Pandemie selbst. Schliesslich befindet man sich gerade hier für längere Zeit mit komplett Fremden auf geringstem Raum. Und deshalb kann man sich auch fast nirgendwo mehr über andere aufregen, wenn sie keine Schutzmaske tragen.
Mit der Omikron-Variante, die derzeit Europa im Sturm erobert, ist das Risiko im ÖV sicher nicht kleiner geworden. Wissenschaftler befürchten, dass die Mutante um ein Vielfaches ansteckender ist als vorherige Varianten, und bezeichnen sie nach einem Ausbruch bei einer Feier in Oslo als «hochgradig übertragbar» unter selbst vollständig geimpften Erwachsenen.
Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Forderung nach einem Essverbot im öffentlichen Verkehr wieder aufflammt. So sagte SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen dem «Blick», sie würde ein befristetes Konsumationsverbot im ÖV begrüssen. Zu oft sehe sie Personen, die auf der Fahrt von Zürich nach Bern «ihr Sandwich so langsam ... essen, dass sie keine Maske aufsetzen müssen».
Auch auf Twitter fordern derzeit viele User unter dem Hashtag #KeinFoodImZug entsprechende Massnahmen und machen sich Luft über Mitreisende, die die Erlaubnis zum Verzehr gleich als weitgehende Befreiung von der Maskentragpflicht interpretieren.
Verschiedene User beschreiben dabei Beobachtungen, die wohl viele Pendler machen:
Jedes mal, wenn ich Zug fahre, sehe ich Mitreisende, die während der ganzen Fahrt ständig an einer Trinkflasche nippen, um so die Maskenpflicht zu umgehen. Spätestens jetzt mit #Omikron eine gefährliche Angewohnheit.
Lockdown in NL und in CH erlaubtes Daueressen (Erdnüsse knabbern von Zürich nach Weinfelden) und Ewigtrinken der Maskenverweigerer im Zug trotz Einführung der 2G-Regeln heute!#keinFoodimZug
Andere machen deutlich, dass sie erst wieder öffentliche Verkehrsmittel nutzen wollen, wenn hier eine ganz konsequente Maskenpflicht herrscht – also auch keine Ausnahmen fürs Essen mehr bestehen.
Ein wiederkehrendes Argument für ein Essverbot ist dabei, dass in der Schweiz – mit doch recht kurzen Strecken und möglichen Gelegenheiten beim Umstieg – eigentlich niemand hungrig Zug fahren muss.
@RailService In der Schweiz verhungert oder verdurstet niemand, weil die Maske die ganze Fahrt über korrekt getragen werden muss. Spoileralert: so gross ist die Schweiz nicht.#KeinFoodimZug
Andere sind der Meinung, dass es keine neuen Vorschriften braucht, sondern lediglich eine konsequente Durchsetzung der bestehenden Regeln.
Hallo #keinFoodimZug Postulanten, ich Steuerzahler fordere keine neuen Gesetze & Verordnungen, wegen ein paar Querulanten. Es liegt an der Zivilgesellschaft, auf Regeln des Zusammenlebens zu verweisen & den "isch nöd verbotte" Exponenten ihre Attitüde unbequem zu machen.
Das ernste Aufreger-Thema wird von manchen immerhin mit einem Schmunzeln betrachtet.
An Hunger leidende Menschen sind ein trauriger Anblick. Man trifft sie oft in Zügen in der Schweiz. Als Serviette dient ihnen eine einfache Hygienemaske, sie kleckern auf ihre Kleider und teilen die Essensgerüche grosszügig mit den Mitreisenden. #keinFoodimZugpic.twitter.com/BpQ9Dhyv6a
Ein User versucht, die Problematik mit konkreten Empfehlungen zu entschärfen.
#KeinFoodImZug Ich habe einen etwas labilen Blutzuckerspiegel und löse das so: 1. Luft anhalten, 2. Maske halb seitlich weghalten, 3. Zuckerquelle in den Mund, 4. Maske wieder auf, 5. Weiteratmen, kauen und schlucken. Geht prima, ohne andere oder sich zu gefährden.
In einem Beitrag wird hinter der Forderung nach einem Essverbot im Zug unterdessen ein grösser angelegter Plan der Beschneidung freiheitlicher Rechte durch den Staat gewittert.
Die Rufe nach #keinFoodimZug beweisen einmal mehr dass es nie um Gesundheit ging und die Krise erst zu Ende sein wird, wenn selbst unser Nasensekret Staatsbesitz ist und wir alle Rechte verloren haben, oder wenn wir den Hyzis ihren Kollateralschaden endlich unter Rechnung stellen
Gerade Bund und SBB haben sich hinsichtlich der Verschärfung der Maskenregeln im ÖV bislang allerdings zurückgehalten. Denn bereits vor rund einem Jahr kochte die Diskussion um ein Essverbot hoch, wie etwa SRF damals berichtete. Der Fall von Zugpassagieren, die damals etwa eine Stunde lang die Masken abgelegt und sich angeregt unterhalten und dabei gegessen hatten, sorgte für Empörung. Jugendliche im Grossraum Zürich gingen damals noch einen Schritt weiter und verlegten den Ausgang aufgrund geschlossener Clubs mit reichlich Alkohol sogleich in die S-Bahn und fuhren die Strecke mehrmals hin und her.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) präzisierte damals gegenüber SRF: «Fälle, in denen diese Ausnahme offensichtlich für längere Mahlzeiten oder Trinkgelage missbraucht wird, müssten vom Bahnpersonal analog der Maskenpflicht behandelt werden. Also ansprechen und wenn nötig büssen.» Ein Essensverbot wollten aber weder SBB noch Bund.
Maske darf nur für Dauer des Verzehrs abgenommen werden
Auf Nachfrage von blue News, ob die SBB derzeit etwas in der Sache planen, erklärt Mediensprecher Reto Schärli, die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr sei in einer Verordnung des Bundes geregelt und sehe «eine Ausnahme fürs Essen und Trinken vor». Entsprechende Änderungen müssten hier vom Bund beschlossen werden.
Schärli stellte jedoch noch einmal klar: «Die Maske darf zum Essen und Trinken abgenommen werden. Jedoch nur für die Dauer des Verzehrs. Wird die Ausnahme über die Massen strapaziert, macht unser Personal diese Reisenden darauf aufmerksam.» Zudem sei bereits im letzten Winter eine entsprechende Sensibilisierungskampagne zum rücksichtsvollen Essen und Trinken gemeinsam mit dem BAG abgestimmt worden, so Schärli.
Gerade an die nötige Sensibilisierung der Mitreisenden und an den Effekt der derzeitigen Kontrollen glauben einige Twitter-User, die nun unter dem Hashtag #KeinFoodImZug posten, offenbar aber nicht mehr:
Was ich mich schon lange frage:
Warum funktioniert bei der @sbbnews die Ticketkontrolle sehr wohl mit allen Konsequenzen inkl. Busse falls kein gültiges vorhanden.
ABER die Einhaltung der #Maskenpflicht ist nicht durchzusetzen??