Schweizer Rüstungsfirmen möchten auch in Länder Waffen exportieren, in denen ein "interner bewaffneter Konflikt" herrscht, wie sie in einem Brief an die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SIK-S) schreiben. Diese will die Branche zumindest anhören.
Für den kommenden Freitag hat die Kommission Vertreter der Branche zu einer Anhörung vorgeladen, wie Kommissionspräsident Isidor Baumann (CVP) einen Bericht der Zeitungen "Tages-Anzeiger" und "Der Bund" vom Samstag bestätigte.
Im Brief an die SIK-S fordern "namhafte Firmen, die in der Rüstungsindustrie tätig sind und auch die Schweizer Armee beliefern" gleich lange Spiesse im Export wie die europäische Konkurrenz. Die Namen der Firmen wolle er als Kommissionspräsident nicht nennen, sagte Baumann.
Gemäss "Tages-Anzeiger" und "Der Bund" sind es 13 Rüstungsbetriebe oder Zulieferbetriebe für die Rüstungsindustrie, darunter die bundeseigene Ruag, die Mowag, Rheinmetall, Thales und Systems Assembling SA aus Boudry NE.
Argument Arbeitsplätze
Die Rüstungsindustrie argumentiert, die Wirtschaftslage der Branche sei prekär. Die Existenz der Schweizer Wehrtechnikindustrie mit tausenden Arbeitsplätzen sei akut gefährdet.
Die Rüstungsexporte seien nach einem Höchststand im Jahr 2011 eingebrochen. Ein Grund für den Einbruch sei die Bewilligungspraxis des Bundesrats, wird laut Baumann argumentiert.
Diese sei viel restriktiver als jene in der EU. Dort dürften die Rüstungsfirmen auch in Länder exportieren, in denen ein "interner bewaffneter Konflikt" herrsche. Länder würden im Brief laut Baumann nicht genannt. Die Zeitungen nennen Katar, Jordanien und Pakistan.
Armee bestellt weniger
Weiter beklagt die Branche, die kleiner gewordene Schweizer Armee kaufe weniger Ausrüstung. Baumann sagte dazu, immerhin betrage das Armeebudget weiter 5 Milliarden Franken. Die Frage sei, wer bei den Beschaffungen zum Zug komme und warum: Schweizer oder ausländische Firmen.
Die Kommission habe bei ihrer letzten Sitzung am 18. und 19. Oktober den Grundsatzentscheid getroffen, sagte Baumann. "Wir hören die Gesuchsteller einmal an, dann schaut die Kommission weiter."
GSoA: Waffen an Terroristen
Die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) warnte vor einer Lockerung der Exportrestriktionen: Waffen auch in Bürgerkriegsländer zu liefern, berge das Risiko, dass Schweizer Waffen in die Hände von Terrorgruppen gelangten, "Mowag-Panzer bei Boko Haram, Ruag-Handgranaten bei einem IS-Attentäter, Schweizer Munition im syrischen Bürgerkrieg", gibt die GSoA am Samstag in einer Mitteilung Beispiele.
Ein Waffenexport in Bürgerkriegsländer widerspreche ausserdem dem "Versuch der schweizerischen Diplomatie, Konflikte gewaltfrei zu lösen" zutiefst, denn "Waffenlieferungen bringen einen Krieg nicht zu einem Ende, sondern heizen die Situation weiter an", so die GSoA.
Waffenexporte nach Saudi-Arabien
2008 waren die Regeln für Kriegsmaterialexporte verschärft worden. Im Abstimmungskampf zur GSoA-Initiative für ein Kriegsmaterialexportverbot hatte der Bundesrat versichert, an der restriktiven Praxis festhalten zu wollen. Ende 2009 scheiterte die Initiative dann an der Urne.
2014 lockerte der Bundesrat im Auftrag des Parlaments die Regeln wieder. Seither dürfen Schweizer Rüstungsfirmen Kriegsmaterial in Länder exportieren, in denen die Menschenrechte verletzt werden.
Waffenexporte in jene Länder sind nun nur noch verboten, wenn "ein hohes Risiko" besteht, dass das Material für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird. Vorher war ein Export in Länder wie Saudi-Arabien strikt untersagt.
Die Initiative für diese Lockerung war von der SIK des Ständerats via eine Kommissionsmotion ausgegangen. Stände- wie Nationalrat stimmten der Lockerung zu. Die Befürworter hatten bereits damals argumentiert, man wolle gleich lange Spiesse haben, wie die EU-Konkurrenz, und Arbeitsplätze seien gefährdet.
Zurück zur Startseite